Gebogene Neonlichtbänder und Collagen aus Murmeln
Die neue Ausstellung der renommierten Künstler François Morellet und Gunda Förster hat vor allem ein Thema: Licht. Während der Franzose mit Neonröhren arbeitet, hat sich die Berlinerin an ein Spiel aus beleuchteten Glasperlen gewagt. Beide Künstler an einem Ort zusammenzuführen, schaffe „eine Verbindung und ein Spannungsverhältnis“, sagte Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert bei der Eröffnung am Dienstag, 15. Januar 2013. Angesichts der anstehenden Feierlichkeiten zu 50 Jahren Élysée-Vertrag sei die deutsch-französische Schau natürlich nicht zufällig entstanden.
„Geradezu überrumpelt“
„Geradezu überrumpelt“ sei er gewesen, gestand Lammert über die Wirkung von Försters Tafeln voller farbloser Murmeln, in die per Zufallsprinzip einige farbige Glaskugeln gemischt sind.
Als Kind habe er mit Murmeln gespielt, sei stolz gewesen, wenn er welche aus Glas gewonnen habe. Heute gebe es in Europa keinen Hersteller mehr, die Masse der Ware komme aus dem nichteuropäischen Ausland.
Größere Tiefe im Tunnel
Der Bundestag hat Werke beider Künstler angekauft und in seinen Räumen integriert. Gunda Förster hat einen Tunnel zwischen zwei Parlamentsgebäuden mit gelben Neonröhren gestaltet. Die Abstände der Lichter werden zur Mitte des Tunnels geringer, was eine größere Tiefe erzeugt.
François Morellet hat im Paul-Löbe-Haus, in dem die Ausschusssitzungen stattfinden, die bunten, geschwungenen Neonlichtbänder „Haute et basse tension“ geschaffen, die unter dem Hallendach angebracht sind.
Collagen aus Murmeln
In der Ausstellung „François Morellet figuratif – Gunda Förster konkret“ zeigt der Bundestag in seinem Kunstraum Morellets leuchtende Installationen aus Neonröhren. Die eckigen Werke bestehen aus mehreren, im gleichen Abstand angeordneten Stäben, die teilweise aus ihrer geraden Form ausbrechen und ein Muster bilden.
Förster hat mehrere Collagen aus Murmeln geschaffen, die von hinten beleuchtet werden. Auf einer weißen, von unten leuchten Plattform sind große Murmeln in sechs zufällig entstandenen Gruppen angeordnet. Besucher können damit spielen und neue Formen schaffen.
Mittagessen unter Neonröhren
Es sei schon bemerkenswert, „dass die meisten Kunstwerke so platziert sind, dass man Besucher und Kollegen erst darauf aufmerksam machen muss“, sagte Lammert mit Blick auf Morellets Installation. Besonders auffällig sei der Gegensatz zur Reaktion des Architekten auf das Werk des Franzosen gewesen. Denn dieser habe sich sehr an der Idee der bunten Bögen in seinem Gebäude aus Sichtbeton gestört.
Am Dienstag, 22. Januar, würden deutsche und französische Parlamentarier zur gemeinsamen Feier des Élysée-Vertrages in der Halle unter diesen Neonröhren zu einem gemeinsamen Mittagessen zusammenkommen.
Den Schalk im Nacken
„Ernsthaft etwas vorzutragen zu Morellet ist schwierig, weil ihm der Schalk im Nacken sitzt“, sagte Dr. Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Bundestages. Er sei einer der bedeutendsten französischen Künstler der Gegenwart.
In der Tat habe der Architekt sich gegen die Installation aus gebogenen Neonlichtbändern gewehrt. Er habe bei der Planung des Paul-Löbe-Hauses streng auf geometrische Formen geachtet, das Gebäude ausschließlich in grau gehalten.
Kunst, die nicht abbilden will
Das Design und die Farbigkeit der Bänder habe ihm widerstrebt. Zuletzt habe ein Mitglied des Kunstbeirates des Bundestages ihn damit überstimmt, dass ein Großteil von ihnen aus dem Rheinland komme. Da sei man solche „Girlanden“ vom Karneval gewöhnt.
Morellet schaffe eine Kunst, „die ganz bewusst nicht abbilden will“, sagte Kaernbach. Ein schwarzer Kreis sei wirklich nur als schwarzer Kreis gedacht, nicht als Symbol für eine Depression oder anderes.
Schwierige Umsetzung
Es sei seinen Kollegen und ihm wichtig gewesen, zu Morellet eine deutsche Künstlerin einzuladen, „die auch mit diesem immateriellen Mittel arbeitet, das Licht“. Sie habe bisher noch nie mit Murmeln gearbeitet. Die Umsetzung sei schwierig gewesen.
„Die Arbeiten sind erst heute Morgen, gestern Abend fertig geworden“, sagte Kaernbach. Er dankte allen Beteiligten für die harte Arbeit, die die Vorbereitung der Ausstellung zweifellos gewesen sei.
Öffnungszeiten und Zugang
Die Doppelausstellung ist von Mittwoch, 16. Januar, bis Sonntag, 5. Mai 2013, jeweils dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr im Kunst-Raum und im Mauer-Mahnmal des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses in Berlin zu sehen.
Der Zugang ist über die Freitreppe an der Spree-Uferpromenade des Schiffbauerdamms möglich, der Eintritt ist frei (Weitere Informationen unter www.kunst-im-bundestag.de; der Kunst-Raum ist während der Öffnungszeiten unter 030/227-32027 sowie per E-Mail: kunst-raum@bundetag.de zu erreichen. (ske/16.01.2013)