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Parlament

„Menschenrechtspolitik braucht Ausdauer“

Bundesminister Dr. Guido Westerwelle

(© DBT/Melde)

Der zuvor im Bundeskabinett beschlossene zehnte Menschenrechtsbericht der Bundesregierung stand im Zentrum der Regierungsbefragung am Mittwoch, 24. Oktober 2012. Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle (FDP), der den Bericht im Plenum des Bundestages vorstellte, bezeichnete den rund 300-seitigen Report als  „sehr umfangreichen Bericht, der die zentralen Entwicklungen in der deutschen und internationalen Menschenrechtspolitik von März 2010 bis Februar 2012 nachzeichnet“. Er verdeutliche auch die „zentrale Rolle, die die Frage der Menschenrechte in der Politik der Bundesregierung einnimmt“, betonte Westerwelle zu Beginn seiner fünfminütigen Erläuterung. Dass menschenrechtspolitische Anliegen von ihr nicht laut, sondern eher leise vorgetragen würden, heiße nicht, dass sie sie mit weniger Engagement verfolge, so der FDP-Politiker.

„Bericht soll einladen zum Dialog“

Menschenrechtspolitik brauche „Ausdauer und Hartnäckigkeit“. Sechs Bereiche hob er besonders hervor, zu denen im Bericht Stellung genommen werde: der Schutz der Religionsfreiheit, die Stärkung von Kinder- und Frauenrechten, die Bekämpfung des Menschenhandels, die Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderungen, die Bekämpfung von anderen Formen der Diskriminierung sowie der Schutz von Menschrechtsverteidigern.

„Wenn wir die Menschenrechte stärken wollen, dann müssen wir diejenigen schützen und unterstützen, die sich für Menschenrechte einsetzen“, erläuterte der Minister. In einem Länderkapitel würden darüber hinaus in 70 Staaten „Maßnahmen vor Ort“ vorgestellt, erklärte Westerwelle. Die Menschrechtspolitik der Bundesrepublik werde in Deutschland von vielen Institutionen, Interessengruppen und der Zivilgesellschaft wahrgenommen. „In diesem Sinn soll der Bericht einladen zum Dialog“, sagte der Minister, bevor er sich den Fragen der Abgeordnete stellte.

Situation der Sinti und Roma verbessern

Volker Beck, menschenrechtspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, nahm die Einweihung des Denkmals für die während des Nationalsozialismus in Deutschland ermordeten Sinti und Roma am Vormittag desselben Tages in Berlin zum Anlass, sich nach den Maßnahmen zu erkundigen, welche die Regierung zur Verbesserung der Situation von Sinti- und Roma-Flüchtlingen aus Serbien und Mazedonien in Deutschland plant.

Es reiche nicht aus, in einer solchen Situation nur mit „Abschieberhetorik“ zu reagieren, kritisierte Beck und hakte nach: „Es gibt Empfehlungen zur Verbesserung der Lage der Sinti und Roma – welche hat die Bundesregierung seit 2009 befolgt und welche wird sie noch in dieser Legislaturperiode umsetzen?“

„Integration ein zentrales Anliegen“

Westerwelle wies den Vorwurf des Grünen-Politikers zurück: „Die Bundesregierung reagiert nicht nur mit ‚Abschieberhetorik’ – unsere Politik ist breiter angelegt und zielt zum Beispiel auf eine Verbesserung der Bildungschancen.“ Die Integration der Sinti und Roma sei eine „zentrales Anliegen“.

Familienschicksale müssten einzelfallgeprüft werden. Dennoch gehe es nicht, dass Menschen als Asylbewerber ins Land kommen, ohne dass es auch nur geringe Aussicht auf Erfolg des Verfahrens gebe, verteidigte Westerwelle die Politik der Bundesregierung. „Wir müssen die außen- und innenpolitischen Interessen des Landes wahrnehmen.“

Vorwürfe gegen Russlandbeauftragten

Dr. Rolf Mützenich (SPD), außenpolitischer Sprecher der SPD, fragte nach der Menschenrechtssituation in Russland und wollte vom Außenminister insbesondere wissen, ob die Vorwürfe von russischer Seite gegen Dr. Andreas Schockenhoff (CDU), Koordinator für die deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt, auch Thema bei den kommenden Regierungskonsultationen sein werden. Schockenhoff war zuletzt vom russischen Außenministerium angegriffen worden, weil er sich kritisch über die Situation der Menschenrechte in Russland geäußert hatte.

Westerwelle nahm den Russlandbeauftragten in Schutz: Schockenhoff sei ein „bewährter und anerkannter Kollege“. Es gebe keinen Grund für „solch zugespitzte Vorwürfe“, wie sie von russischer Seite geäußert worden seien. „Er hat nicht nur die Rückendeckung der Regierung, sondern auch des Auswärtigen Amtes“, bekräftigte Westerwelle.

„Beunruhigende“ Lage auf der Sinai-Halbinsel

Annette Groth, menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, bat den Außenminister um Stellungnahme zu neuen Berichten über Menschenhandel auf der Sinai-Halbinsel. „Ist Ihnen diese Situation bekannt?“, wollte die Abgeordnete wissen und fragte weiter: „Was tut die Bundesregierung, um diese Menschenrechtsverletzungen zu stoppen?“

Außenminister Westerwelle betonte daraufhin, wie zentral die Bekämpfung des Menschenhandels in der deutschen Außenpolitik sei. Die Situation auf dem Sinai bezeichnete er als „beunruhigend“ und versicherte, dieses Thema bei Gesprächen mit den betroffenen Regierungen persönlich bereits angesprochen zu haben. „Mehr kann ich Ihnen dazu allerdings in der Öffentlichkeit nicht sagen. Ross und Reiter zu benennen, wäre unklug.“

Menschenhandel ressortübergreifend bekämpfen

Erika Steinbach (CDU/CSU) griff ebenfalls das Thema Menschenhandel auf. Deutschland sei nicht nur „Transit-, sondern auch Zielland“, sagte die menschenrechtspolitische Sprecherin der Union und wollte vor allem wissen, wie die Arbeit der verschiedenen Politikressorts bei der Bekämpfung des Menschenhandels verzahnt werden.

Außenminister Westerwelle lobte ausdrücklich die Zusammenarbeit mit den anderen Ressorts. „Der Menschenrechtsbericht, aber auch der Aktionsplan Menschenrechte beweisen, dass es bereits eine vernetzte Zusammenarbeit gibt.“

Folterprävention in Deutschland ernst nehmen

Angelika Graf (SPD) monierte, dass sich der aktuelle und der neunte Menschenrechtsbericht in den Aussagen zur Folterprävention kaum unterschieden.  Es sei „ernüchternd“, sagte die Abgeordnete, dass die „Nationale Stelle zur Verhütung von Folter“ noch immer unzureichend ausgestattet sei.

„Warum lassen Sie etwas überprüfen und ziehen dann keine Konsequenzen?“, fragte Graf. Im Ausland setze man sich gegen Folter ein – im Inland sei dies hingegen kein „Schwerpunkt“. Diesen Vorwurf wies der Außenminister zurück. Die Bundesregierung verhalte sich „kohärent“. Defizite könne er zudem nicht erkennen.

„Bekenntnis zur Religionsfreiheit“

Ute Granold (CDU/CSU) fragte nach dem Schutz der Religionsfreiheit , außerdem nach der Menschenrechtssituation in Syrien. Die Abgeordnete wollte insbesondere wissen, was die EU zu einer Verbesserung der Lage im Land beitragen könne.

Westerwelle antwortete, in der Politik gegenüber Syrien habe die Bundesregierung  ein „Kernanliegen“. Dieses heiße Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. „Dazu gehören auch religiöse Pluralität und der Schutz religiöser Minderheiten“, erklärte der Minister. Deshalb dränge die Bundesregierung die Opposition in Syrien auch, sich auf eine „gemeinsame Plattform zu verständigen“, so Westerwelle weiter. „Es kann nicht nur um die Ablösung Assads gehen, sondern auch um ein Bekenntnis zur Religionsfreiheit.“

Initiative für Kinderrechte in bewaffneten Konflikten

Marina Schuster, menschenrechtspolitische Sprecherin der FDP, fragte nach der Kandidatur der Bundesrepublik für einen der Sitz im UN-Menschenrechtsrat. „Ich würde hier gern wissen, was sich die Bundesregierung vorgenommen hat“, sagte die Abgeordnete. Der Außenminister wies darauf hin, dass das Ergebnis dieser Wahl am 12. November 2012 feststehe. Neben Deutschland hätten sich aber auch andere Staaten für einen Sitz in dem Gremium beworben.

„Es sind starke Mitbewerber – es wird nicht leicht“, gab Westerwelle zu bedenken. Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass Deutschland gute Chancen hat: „Unsere Initiative für Kinderrechte in bewaffneten Konflikten ist hier zwar weniger beachtet worden, doch für den UN-Sicherheitsrat war es ein Meilenstein.“ Außerdem habe sich Deutschland vorgenommen, sich für einen erweiterten Begriff der Menschenrechte einzusetzen, so der Minister: „Zugang zu Wasser ist zum Beispiel ein wichtiges Menschenrecht.“ (sas/24.10.2012)

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