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Petitionen

„Bekanntheitsgrad der Petitionsausschüsse gestiegen“

Kersten Steinke (Die Linke.)

(© DBT/Zippel)

Die Möglichkeit der Online-Petition hat zur Steigerung der Bekanntheit von Petitionsausschüssen geführt. Zu diesem Fazit gelangten die Teilnehmer der Tagung der Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des Bundes und der Länder mit den parlamentarisch gewählten Bürgerbeauftragten vom 23. bis 25. September 2012 in Erfurt. Kersten Steinke (Die Linke), Vorsitzende des Petitionsausschusses des Bundestages, erläutert im Interview, welche Bedeutung der Bürgerbeauftragte hat und welche Besonderheiten es im Petitionswesen von Österreich gibt. Die Zusammenarbeit zwischen den Petitionsausschüssen der Länder und dem von ihr geleiteten Ausschuss bewertet Steinke positiv. „Ein Kompetenzgerangel kann da nicht entstehen.“ Das Interview im Wortlaut:


Frau Steinke, welche Länder haben eigentlich einen eigenen Petitionsausschuss?

Alle Länder haben einen Petitionsausschuss. In Bayern, Hamburg und im Saarland ist aber deren Namensgebung etwas anders. Hier wird er als Ausschuss für Eingaben und Beschwerden, als Eingabenausschuss sowie als Ausschuss für Eingaben bezeichnet.

In manchen Bundesländern gibt es zusätzlich noch einen Bürgerbeauftragten. Warum?

Ja, in der Tat unterstützen in einigen Ländern neben den Petitionsausschüssen der Landesparlamente auch Bürgerbeauftragte die Bürger bei der Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber der Verwaltung. In Schleswig-Holstein ist der Bürgerbeauftragte nur auf soziale Fragen spezialisiert. Das gemeinsame Ziel der Petitionsausschüsse und der Bürgerbeauftragten ist die Stärkung und wenn nötig auch die Wiederherstellung des Vertrauens der Bürger in die Politik und in die öffentliche Verwaltung. Beide Institutionen arbeiten in der Regel eng zusammen. Geht es um Fragen der Gesetzgebung, die in der Obliegenheit des Landes oder des Bundes liegt, dann werden diese entsprechenden Petitionen auch an den Petitionsausschuss des Landtages beziehungsweise des Bundes überwiesen. Die Bürger jedoch haben einen direkten Ansprechpartner vor Ort.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit des von Ihnen geleiteten Petitionsausschusses des Bundestages mit den Ausschüssen der Länder? Gibt es da Kompetenzgerangel?

Nicht immer ist jedem Bürger klar, wer für welche Bereiche konkret zuständig ist. Deshalb prüft der Petitionsausschuss eingehend, ob das Land, der Bund oder die Europäische Union bei einem Problem oder bei einem Vorschlag der richtige Ansprechpartner ist. Wenn der Bundestag nicht zuständig ist, leitet der Petitionsausschuss die Eingabe an die entsprechende Stelle weiter und informiert den Petenten. Dies war 2011 in 66 Fällen so. Ebenso funktioniert es umgekehrt. Wenn ein Landtag für die Lösung einer Beschwerde nicht zuständig ist, bekommen wir die Petition in Berlin. Ein Kompetenzgerangel kann daher nicht entstehen.

War die Tagung eher ein allgemeiner Meinungsaustausch oder haben Sie auch konkrete Fälle besprochen?

Sowohl als auch. Es wurde ein umfangreiches Programm mit teils sehr konkreten Beispielen abgearbeitet. Die Themen reichten unter anderem von der Öffentlichkeitsarbeit, dem verständlichen Formulieren von Antwortbriefen über das Bild eines „klassischen Petenten“ – ein sehr interessanter Beitrag übrigens vom Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestages (TAB) – bis hin zu Fragen der Zusammenarbeit der Petitionseinrichtungen in Deutschland und Europa. Besonders diskutiert wurden neue Technologien in der Petitionsarbeit, wie etwa Vor- und Nachteile von Online-Petitionen mit oder ohne Diskussionsforum, Zulassung von Mail-Petitionen und ähnliches.

Mit welchem Ergebnis?

Als Fazit von den bereits online-nutzenden Einrichtungen wurde eingeschätzt, dass der Bekanntheitsgrad von Petitionsausschüssen und die Beteiligungsmöglichkeiten durch die Bürger gestiegen sind.

Teilgenommen an der Tagung haben auch die Bürgerbeauftragten einiger Nachbarstaaten. Welche Besonderheiten – verglichen mit dem Petitionswesen in Deutschland – gibt es bei unseren Nachbarn?

Die Organisationsstruktur kann zwar unterschiedlich sein, aber die Aufgabenstellung ist in allen Fällen dieselbe: Beschwerden oder Eingaben und Bitten zur Gesetzgebung seitens der Bürger aufzunehmen und – wenn möglich – zu einer Lösung zu verhelfen. Die Bürgerbeauftragten, Ombudsmänner oder -frauen und Petitionsausschüsse sind in jedem Fall das Bindeglied zwischen Bürger und Politik. In Österreich gibt es beispielsweise eine Ombudsmann-Institution der Österreichischen Volksanwaltschaft, die sowohl auf Bundesebene als auch auf Länderebene berechtigt ist, Missstände in der Verwaltung aufzuklären. Aber auch hier gibt es wiederum regionale Ausnahmen in den Ländern Tirol und Vorarlberg mit eigenen, regionalen Ombudsmännern. Die Volksanwaltschaft darf auch ohne besondere Ermächtigung die Verwaltungstätigkeit der örtlichen Selbstverwaltungen untersuchen.

(hau/25.09.2012)