+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

+++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++ Archiv +++

Umwelt

Kritik an der Klimapolitik der EU-Nationalstaaten

Die Klimaschutzziele der Europäischen Union sind zu wenig ambitioniert: Darin waren sich sechs eingeladene Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit am Mittwoch, 23. Mai 2012, einig. Die Sitzung unter Vorsitz von Eva Bulling-Schröter (Die Linke) befasste sich mit drei Oppositionsanträgen (17/9561, 17/9562, 17/9175), die die Minderung von Treibhausgasen in der EU zum Ziel haben.

Treibhausgase verringern, Ziele erhöhen

Danach habe der EU-Emissionshandel seine Lenkungswirkung wegen eines Überangebots an Kohlendioxid-Zertifikaten verloren. Die SPD fordert deshalb, dass die EU ihr Klimaziel zur Verringerung von Treibhausgasen bis 2020 gegenüber 1990 von bislang 20 Prozent auf 30 Prozent erhöht. Dafür setzt sich auch die Linksfraktion ein und möchte erreichen, dass bis 2020 sogar 40 Prozent Reduktion erreicht werden.

Bündnis 90/Die Grünen möchte gleichzeitig die Zusammenarbeit mit Polen auf dem Gebiet des Klimaschutzes intensivieren, um polnische Bedenken gegen das 30-Prozent-Ziel auszuräumen.

„China ist ambitionierter“

Christoph Bals von Germanwatch stellte der Klimapolitik der europäischen Nationalstaaten ein schlechtes Zeugnis aus: „Die rechtlich verbindlichen Ziele in China sind ambitionierter, als die der Industrieländer.“ Es sei dringend angebracht, das 30-Prozent-Ziel in den nächsten Wochen zu beschließen, wenn die EU die Klimaverhandlungen zum Erfolg führen wolle.

Er machte darauf aufmerksam, dass eine aktivere Umweltpolitik, die mit Investitionen unter anderem im Bereich der Energiewende unterfüttert würde, in der EU rund sechs Millionen Arbeitsplätze schaffen könnte.

„Ökologisch fragwürdige Projekte“

Die Analyse zeige, dass ein Zwischenziel von 30 Prozent ein sinnvoller Zwischenschritt ist, fand Dr. Felix Christian Matthes vom Öko-Institut. „Wir stehen am Beginn einer Periode, die bestimmt, wie viele Emissionen wir für die  Zukunft durch Investitionen festschreiben.“ Das langfristige Ziel muss für Matthes jedoch bei einer Minderung von 80 bis 90 Prozent liegen.

Ein mächtiges Instrument der Klimapolitik ist seiner Ansicht nach das europäische Emissionshandelssystem: „Aber es ist in einer Krise, weil zentrale Voraussetzungen nicht mehr stimmen.“ Das System sei mit einer großen Menge ökologisch fragwürdiger Projekte geflutet worden, die zur Folge hätten, dass die Preiseffekte konterkariert würden.

„Erheblicher Investitionsbedarf“

Giles Dickson vom KraftwerksausrüsterAlstom befürwortete die Forderung nach Erhöhung des Minderungsziels. „Aber was Emissionen reduziert, sind konkrete Maßnahmen, die bedeutender Investitionen bedürfen“, sagte er. Dickson schätzte den Bedarf für die nächsten Jahre auf über 600 Milliarden Euro.

Doch dafür sei ein höherer Kohlendioxid-Preis Voraussetzung, um Investitionen attraktiver werden zu lassen. Die dafür notwendige Verteuerung  von Kohlendioxid-Zertifikaten ist seiner Meinung nach auch ein Beweis der Politik, für diesen Kurs einzustehen. Das brächte den Unternehmen Sicherheit und würde Investitionen fördern. Ein höherer Preis hätte zusätzliche Vorteile hinsichtlich steigender Fiskaleinnahmen, die wiederum investiert werden könnten.

„Die Unternehmen brauchen Sicherheit“ 

Dr. Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaftbetonte den Bedarf nach einem globalen Abkommen, um erfolgreich sein zu können. Doch bisher seien die Ergebnisse ernüchternd.  Nach dem Kyoto-Protokoll vom Anfang der neunziger Jahre sei kein weiterführendes, bindendes Abkommen gefolgt, das die Klimapolitik vorangebracht hätte.

„Die Unternehmen brauchen Sicherheit im Emissionshandel“, sagte Bardt. Eine Regelbindung von Veränderungen des Emissionshandelssystem sei erforderlich, wenn die Wirtschaft auch in Zukunft in Klimaschutzmaßnahmen investieren soll.

„Die EU muss einen fairen Anteil leisten“

„Die EU hat sich klar dafür ausgesprochen, dass die Erhöhung der Klimaerwärmung auf zwei Grad-Celsius begrenzt bleiben soll“, sagte Dr. Niklas Höhne von Ecofys Germany. Um einen fairen Anteil zu leisten, müsse Europa mindestens 30 Prozent Emissionsminderung erreichen.

Ein wenig zuversichtlich schaute er in die Zukunft, indem er dazu aufrief, die bereits gesteckten Ziele zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz konsequent zu verfolgen. Auf diese Weise könnte allein dadurch das 30-Prozent-Ziel erreicht werden. Allerdings sind seiner Meinung nach die Ergebnisse im Bereich der Steigerung der Energieeffizienz bisher noch viel zu gering.

„Keine Garantie“

„Die Natur erhöht den Druck“, warnte Prof. Dr. Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Es sei keine sicherere Sache, nur weil 50 bis 80 Prozent Kohlendioxid bis 2050 reduziert würden, unter zwei Grad Erhöhung bei der Klimaerwärmung zu bleiben. Die Chance liegt dann laut Levermann bei 50 bis 70 Prozent.

Diese Zwei-Grad-Grenze sei aber keine Grenze, die Sicherheit biete, denn zum Beispiel würden Korallen bei einer weltweiten Steigerung von nur über einem halben Grad absterben. Es sind seiner Ansicht nach keine abrupten Veränderungen zu erwarten. Aber beginne zum Beispiel das grönländische Eisschild abzuschmelzen, ließe sich das nicht mehr aufhalten. (eis)  

Liste der geladenen Sachverständigen

  • Christoph Bals, Germanwatch e.V.
  • Dr. Felix Christian Matthes, Öko-Institut e.V
  • Giles Dickson,Alstom
  • Dr. Hubertus Bardt, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln
  • Dr. Niklas Höhne, Ecofys Germany
  • Prof. Dr. Anders Levermann, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung