„Deutschland ist ein verlässlicher Partner Georgiens“
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert und der Präsident des georgischen Parlaments, Dawit Bakradse, haben am Mittwoch, 9. Mai 2012, die langjährigen freundschaftlichen Beziehungen beider Länder gewürdigt. Lammert würdigte den Besuch Bakradses im Reichstagsgebäude als „Ausdruck der engen freundschaftlichen Beziehungen“ seit der Unabhängigkeit der früheren Sowjetrepublik im Südkaukasus. Deutschland habe den Weg zur politischen Öffnung und zur Festigung demokratischer Strukturen begleitet und untersützt. Er und Bakradse hätte Eindrücke ausgetauscht und Perspektiven für die weitere Zusammenarbeit beider Länder erörtert, betonte Lammert.
Freundschaftliche Beziehungen
Bakradse dankte für die freundschaftlichen Beziehungen. Deutschland sei ein verlässlicher Partner Georgiens in Europa und der Welt und immer ein guter Partner, auch im Hinblick auf die Annäherung Georgens an die Nato und die EU, gewesen.
Bereits am 7. Mai hatte Bakradse den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Rupert Polenz (CDU/CSU), zu einem Gespräch getroffen. Zur Delegation Bakradses gehörten unter anderem auch Parlamentsvizepräsident Lewan Webchwadse, der Vorsitzende der Georgisch-Deutschen Freundschaftsgruppe, Giorgi Gabaschwili, und die stellvertretende Rechtsausschuss-Vorsitzende Chiora Taktakischwili.
Ungelöste Sezessionskonflikte
So wie es im georgischen Parlament eine „Georgisch-Deutsche Freundschaftsgruppe“ gibt, so haben sich im Bundestag Abgeordnete zur Deutsch-Südkaukasischen Parlamentariergruppe unter Vorsitz des schleswig-holsteinischen CDU-Abgeordneten Wolfgang Börnsen zusammengeschlossen. Ihre 27 Mitglieder eint das Ziel, in Georgien ebenso wie in den beiden anderen Partnerländern Armenien und Aserbaidschan die Demokratisierungsprozesse voranzubringen und die Parlamente zu stärken.
Keine leichte Aufgabe. Denn der Südkaukasus ist ein politisches Pulverfass. In Georgien drohen sich die ungelösten Sezessionskonflikte mit den Provinzen Abchasien und Süd-Ossetien sowie das spannungsreiche Verhältnis zu Russland in neuen Auseinandersetzungen zu entladen, die Beziehungen zwischen Armenien und Aserbaidschan sind durch den jahrzehntelangen Streit um die Region Berg-Karabach schwer belastet.
„Gespräch mit Opposition und Zivilgesellschaft suchen“
Und in allen drei Ländern werfen Oppositionelle und Journalisten der jeweiligen Führung vor, politische Gegner zu unterdrücken und die Menschen- und Bürgerrechte zu missachten. Zugleich ist der erdölreiche Südkaukasus in energie- und geopolitischer Hinsicht von großer Bedeutung für den Westen. Klar, dass bei Besuchen von westlichen Regierungsvertretern in der Region Gespräche über die Menschenrechtssituation nicht immer ganz oben auf der Agenda stehen.
Das ist bei der Deutsch-Südkaukasischen Parlamentariergruppe des Bundestages, der Abgeordnete aus allen Fraktionen angehören, anders. „Parlamentariergruppen haben generell eine große Freiheit, auch unangenehme Themen anzusprechen, Themen, die den Gastgebern nicht immer passen“, sagt Börnsen. „Denn als Abgeordnete sind wir unabhängig von Regierungshandeln und von bestimmten außenpolitischen Interessen. Diese Freiheit nutzt unsere Parlamentariergruppe, um sich immer wieder kritisch mit dem Stand der Demokratisierung in unseren Partnerländern auseinanderzusetzen und das Gespräch mit der politischen Opposition und der Zivilgesellschaft zu suchen.“
„Wir sind bestimmt nicht pflegeleicht“
Als eine Delegation der Parlamentariergruppe im September 2011 eine Reise nach Georgien und Armenien unternahm, standen daher nicht nur Treffen mit Vertretern von Regierung und etablierten Verbänden auf dem Programm. In Georgien trafen sich die Bundestagsabgeordneten unter anderem mit Anhängern des georgischen Milliardärs und politischen Hauptkontrahenten von Staatspräsident Micheil Saakaschwili, Bidsina Iwanischwili, und auch in Armenien führten sie Gespräche mit Menschenrechtlern und Oppositionellen.
Klar, dass die Regierungen der Gastländer, denen Börnsen insgesamt Fortschritte bei der Demokratisierung bescheinigt, nicht immer glücklich sind über derlei Termine der Gäste aus Deutschland. Börnsen sieht das gelassen. „Wir sind bestimmt nicht pflegeleicht, und damit tut sich so mancher Staatspräsident schwer“, erklärt er. „Doch als Parlamentariergruppe haben wir den Vorteil, dass wir nicht an die jeweilige Regierung gebunden sind. Unsere Partner sind die Abgeordneten des Landes. Das gibt uns die Möglichkeit, unsere Interessen entschiedener durchzusetzen.“
Alle drei Botschafter an einen Tisch gebracht
Auch den teils verfahrenen Beziehungen der drei Länder untereinander versucht die Parlamentariergruppe neue Impulse zu geben. Stolz ist Börnsen darauf, dass es ihr gelungen ist, in Berlin die Botschafter Georgiens, Armeniens und Aserbaidschans an einen Tisch zu bringen.
Auch sei es der Parlamentariergruppe wichtig, die deutschen politischen Stiftungen in den drei Ländern zu unterstützen, betont der Christdemokrat. Denn diese bemühten sich im Rahmen von sogenannten Brückenbau-Programmen vor Ort intensiv darum, eine Verständigung zwischen den politischen Eliten etwa Armeniens und Aserbaidschans zu fördern.
Nächstes Ziel Aserbaidschan
Viel Wert legt Börnsen darauf, dass die Eindrücke, die die Mitglieder der Parlamentariergruppe auf ihren Delegationsreisen sammeln, nicht nur im Bundestag, sondern auch auf europäischer Ebene diskutiert werden. „Wenn wir vor Ort festgestellt haben, dass Menschen- und Bürgerrechte nicht eingehalten werden, haben wir auch unsere Kollegen im Europäischen Parlament und im Europarat darüber informiert und darauf gedrungen, dass das in den entsprechenden Gremien zur Sprache gebracht wurde“, erzählt er.
Und die nächste Delegationsreise steht schon bevor. Im Juni reist Börnsen mit weiteren Mitgliedern der Parlamentariergruppe nach Aserbaidschan, das im Vorfeld des „Eurovision Song Contest“, der Ende Mai in Baku stattfindet, für viel kritische Berichterstattung mit Blick auf die Menschenrechtslage und Demokratieentwicklung sorgt. An Gesprächsstoff mit Regierungsverantwortlichen wie -kritikern wird es Börnsen und seinen Mitstreitern in Aserbaidschan jedenfalls nicht fehlen. (nal)