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Parlament

Der Generalplan Ost und die Rolle der Wissenschaft

Petra Pau

(© DBT/Unger)

Im Beisein der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau (Die Linke), ist am Dienstag, 17. April 2012, in Warschau die Ausstellung „Wissenschaft, Planung, Vertreibung - Der Generalplan Ost der Nationalsozialisten“ eröffnet worden. Pau sagte, die Ausstellung sei für Deutschland „eine Erinnerung in eigener Sache“. Eine Aufarbeitung der Umstände, die zum „Generalplan Ost“ geführt haben, sei aber gegenüber den polnischen Nachbarn geradezu verpflichtend: „Die Menschen in Polen haben einen Anspruch darauf.“ Pau wies darauf hin, dass es zu kurz greife, Missachtung und Verfolgung auf eine historische Dimension zu begrenzen: „Sinti und Roma, Jüdinnen und Juden werden heute erneut bedrängt und bedroht.“

„Ausstellung wichtig für beide Länder“

Ihr polnischer Kollege, Sejm-Vizemarschall Eugeniusz Grzeszczak, betonte, dass die deutsch-polnischen Beziehungen auf den „Grundpfeilern von Wahrheit und Offenheit stehen müssten“. Deshalb sei die Ausstellung so wichtig für beide Länder.

Die Wanderausstellung, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in Zusammenarbeit mit der Polnischen Akademie der Wissenschaften und dem Institut für Nationales Gedenken präsentiert wird, steht unter der Schirmherrschaft der Marschallin (Parlamentspräsidentin) des Sejm der Republik Polen, Ewa Kopacz, und des Präsidenten des Deutschen Bundestages, Prof. Dr. Norbert Lammert.

Deutsche Wissenschaft am Generalplan Ost beteiligt

Die Dokumentation ist jetzt erstmals im europäischen Ausland zu sehen. In Deutschland hat sie an mehreren Ausstellungsorten - darunter an den ehemaligen KZ-Standorten Bergen-Belsen (Niedersachsen) und Mittelbau Dora (Nordthüringen) - für große Aufmerksamkeit gesorgt, weil sie die Beteiligung der deutschen Wissenschaft an der Erstellung des „Generalplans Ost“ offenlegt. Die DFG hat diesen Plan, der als Inbegriff der Skrupellosigkeit und Menschenverachtung des NS-Regimes gilt, seinerzeit maßgeblich vorangetrieben und finanziert.

Ziel der 1942 vorgelegten und von einem Team renommierter Wissenschaftler ausgearbeiteten Studie war es, über einen Zeitraum von 25 Jahren rund fünf Millionen Deutsche im annektierten Polen, im Baltikum und im Westteil der zu erobernden Sowjetunion anzusiedeln, um eine völkische Neuordnung in Europa zu schaffen. Dafür sollten Millionen slawischer und jüdischer Bewohner ermordet, vertrieben oder versklavt werden.

Die Rolle des Agrarwissenschaftlers Konrad Meyer

1942 wurde die Arbeit unter Leitung des Agrarwissenschaftlers Konrad Meyer von der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität dem Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, überstellt. Meyer wurde nach dem Krieg vor dem Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunal angeklagt. Dort verwies er auf die angebliche Harmlosigkeit und den wissenschaftlichen Charakter der Arbeit.

In den wesentlichen Anklagepunkten sprachen die amerikanischen Richter ihn frei; lediglich seiner Mitgliedschaft in der SS wurde Meyer für schuldig befunden. Er verließ als freier Mann den Gerichtssaal, weil die verhängte Haftstrafe mit der Internierungszeit abgegolten war. 1956 wurde Meyer wieder Professor und Institutsdirektor an der Technischen Hochschule Hannover. Auch dieser heute als Skandal empfundene Umstand war Motivation, die Ausstellung auf den Weg zu bringen.

Aufarbeitung der unrühmlichen DFG-Vergangenheit

Die Ausstellung beleuchtet die Rolle der deutschen Wissenschaft bei der Ausarbeitung des „Generalplans Ost“ und ist damit auch eine Aufarbeitung der unrühmlichen DFG-Vergangenheit während der NS-Zeit. Der Plan galt als Vision nach einem nationalsozialistischen „Endsieg“. Aber bereits während des Krieges wurden Maßnahmen für eine „völkische Flurbereinigung“ ergriffen. So wurden in Polen drei Millionen Juden in Ghettos inhaftiert und dann ermordet. 800.000 nichtjüdische Polen wurden aus ihren Wohnorten vertrieben, 1,7 Millionen Menschen als Zwangsarbeiter verschleppt.

Außer in in der Hauptstadt Warschau wird die Ausstellung in Polen in Lublin, Breslau, Posen und Danzig zu sehen sein. (jbi)

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