Phänomene des Alltags in Meditation verwandelt
Auf der Videoleinwand plätschert das Wasser vor sich hin. Der Betrachter sieht nur die Oberfläche, durch die sich Wellen ziehen und auf der sich der Himmel spiegelt. Diese Videoinstallation „Blickwechsel“ von Christoph Brech und Nicola Borgmann, Gewinner eines Kunst-am-Bau-Wettbewerbs des Bundestages, ist Zentrum einer neuen Ausstellung, die noch bis zum 3. Juni im Kunst-Raum des Bundestages zu sehen ist. Es sei das erste Mal, dass Videokünstler einen derartigen Bundestagswettbewerb gewonnen hätten, sagte Dr. Andreas Kaernbach, Kurator der Kunstsammlung des Bundestages, bei der Eröffnung der Ausstellung am Dienstag, 6. März 2012. Auch gebe es erstmals eine Ausstellung mit der Konzentration auf Videoinstallationen, und zum ersten Mal habe der Bundestag Videos in seine Kunstsammlung aufgenommen.
Vier Webkameras filmen die Spree
Der Bundestag ist verpflichtet, bei Neubauten einen gewissen Teil seiner Fläche für Kunst zur Verfügung zu stellen. Die Installation wird künftig in einem Restaurant im erweiterten Bau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses zu sehen sein.
Auf der Videoleinwand werden live die Eindrücke von vier Webkameras abgebildet, die an verschiedenen Orten die Oberfläche der Spree filmen. Die Spree fließt am Haus entlang, ist aber vom Restaurant aus nicht zu sehen.
„Geistige Anregungen geben“
„Die Kunst soll vor allem Mitarbeitern und Besuchern kleine geistige Anregungen geben“, sagte die Vizepräsidentin des Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen). „Das Gefundene und nicht das Erfundene“ stehe im Zentrum von Brechs Arbeit. Er verwandele Phänomene des Alltags in Meditation. Seine Werke zeichneten sich unter anderem durch eine „größtmögliche Einfachheit der Mittel“ sowie eine „Strenge der Konzeption“ aus.
Der „Blickwechsel“, zu dem die Installation von Brech und Borgmann animiere, sei ein zweifacher. Zum einen werde die Spree in den Blick gerückt, die man vom Restaurant aus nicht sehe. Zum anderen werde der Blick gewandelt durch die Perspektive, aus der man auf die Oberfläche schaue. „Das Besondere an Brechs Werk ist es, stets mit der Kamera festzuhalten, was selbstverständlich scheint.“ Das Video zeige ausschließlich Wasser, „und doch kann man sich darin verlieren“.
Bewegungen von Wasser und Licht
Für die Ausstellung haben die Künstler verschiedene Aufnahmen von Wasseroberflächen zu einem Video zusammengeschnitten. Darunter sind der Film „Passage“, in dem die Aufmerksamkeit des Betrachters auf Bewegungen von Wasser und Licht in einem Glas gerichtet werden, das während einer Atlantiküberquerung auf dem Kabinentisch eines Containers steht, sowie „Break“, in dem ein kanadischer Eisbrecher durch den Sankt-Lorenz-Strom zieht.
Darüber hinaus zeigt die Ausstellung noch einige Fotos, die Brech in den Museen des Vatikans gemacht hat. Pferdeköpfe aus Stein, die auf hellem Boden ruhen, eine Asiatin, die voller Konzentration ihr Smartphone betrachtet, während über ihr ein überdimensionales und farbprächtiges altes Gemälde thront.
Ausstellung bis 3. Juni geöffnet
Die Ausstellung „Blickwechsel“ ist noch bis zum Sonntag, 3. Juni 2012, im Kunst-Raum des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses in Berlin-Mittev zu sehen. Öffnungszeiten sind Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr. Der Eingang ist über die Freitreppe des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses an der Spree-Uferpromenade am Schiffbauerdamm, gegenüber dem Reichstagsgebäude, zu erreichen.
Zur Ausstellung findet am Samstag, 17. März, ein offener Workshop für Kinder ab acht Jahren statt. Dazu sind Anmeldungen per E-Mail (kunst-raum@bundestag.de) möglich. Er beginnt bei freiem Eintritt um 14 Uhr, dauert bis 16.30 Uhr und trägt den Titel „Stadt Land Spree – Eine bewegte Bild-Werkstatt“. (ske)