Besserstellung von Ex-Spitzenbeamten umstritten
Die von der Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf „zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“ (17/7142) vorgesehenen Maßnahmen werden von Experten einhellig begrüßt. Dies wurde am Montag, 12. Dezember 2011, in einer Sachverständigenanhörung des Innenausschusses unter Vorsitz von Wolfgang Bosbach (CDU/CSU) deutlich. Umstritten war dagegen unter den Experten die von den Koalitionsfraktion von CDU/CSU und FDP in einem Änderungsantrag vorgesehene Besserstellung von Spitzenbeamten des Bundes wie Ministerialdirektoren und Staatssekretären im Fall einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand.
Konkurrenzfähigkeit des Bundes wahren
Dem Gesetzentwurf zufolge will die Regierung mit einer Reihe von Maßnahmen die Konkurrenzfähigkeit des Bundes bei der Gewinnung von Nachwuchskräften „im Wettbewerb mit anderen Dienstherren und der Wirtschaft“ erhalten. Vorgesehen ist laut Vorlage unter anderem die Einführung eines „Personalgewinnungszuschlags“, der es den Bundesbehörden ermöglichen soll, „mit einem finanziellen Anreiz auf Personalengpässe zu reagieren und gezielt Fachkräfte zu gewinnen“.
Zudem soll eine „Ausgleichszulage“ bei Versetzungen in den Bundesdienst „im Einzelfall auftretende Besoldungsunterschiede“ ausgleichen. Daneben sieht der Gesetzentwurf eine Reihe weiterer Maßnahmen wie etwa eine Vereinfachung der Regelungen zum Familienzuschlag vor.
Verbesserungen für Ex-Spitzenbeamte geplant
Zur Begründung der geplanten Besserstellung von Spitzenbeamten bei einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand verweisen die Koalitionsfraktionen in ihrem Änderungsantrag darauf, dass diese „jederzeit mögliche Versetzung“ gerade für „lebensjüngere Beamte zu erheblichen Einkommensbußen“ führe.
Dem solle „die teilweise Wiedereinführung des bis Ende 1998 geltenden Rechts entgegenwirken, wodurch bis zu drei Jahre im einstweiligen Ruhestand als ruhegehaltsfähig anerkannt werden können“.
„Schritt in die richtige Richtung“
Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Peter Heesen, nannte den Gesetzentwurf der Bundesregierung einen „insgesamt wesentlichen Schritt in die richtige Richtung“. Er verwies darauf, dass der öffentliche Dienst in den kommenden zehn Jahren insgesamt 19,7 Prozent seiner Beschäftigten aus Altersgründen verlieren werde. „Das sind über 700.000 Menschen, die ersetzt werden müssen“, fügte Heesen hinzu.
Mit Blick auf die geplante Neuregelung für die Spitzenbeamten plädierte er dafür, „eine andere Lösung zu suchen“. Schon die Ankündigung dieser Maßnahme habe in der Öffentlichkeit Kritik hervorgerufen. Die geplante Zurechnung stünde gar nicht auf der Tagesordnung, wenn der Gesetzgeber bereits dem vom Beamtenbund unterbreiteten Vorschlag einer Mitnahme von erworbenen Versorgungsansprüchen entsprochen hätte.
„Ein fatales Signal“
Dr. Karsten Schneider vom Deutschen Gewerkschaftsbund nannte den Regierungsentwurf ebenfalls einen „richtigen Schritt“. Die vorgesehene Besserstellung politischer Spitzenbeamten sei jedoch im Kontext von Stellenabbau und Kürzungen ein „fatales Signal“ an die übrigen Beschäftigten.
Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Ulrich Battis sagte, alle Beamten hätten über Jahre hinweg Einbußen hinnehmen müssen. Dass nun „ausgerechnet für die Spitzenleute eine Ausnahme gemacht wird“, sei nicht zu vermitteln. Er verwies zugleich darauf, dass die im Regierungsentwurf vorgesehenen Maßnahmen nach übereinstimmender Meinung in die „richtige Richtung“ gingen, aber „zu wenig“ seien.
„Betroffene scheiden nicht freiwillig aus“
Die Vorsitzenden der Gewerkschaft Technik und Naturwissenschaften im dbb und des Verbandes der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden (VBOB), Bernd Niesen und Hans-Ulrich Benra, begrüßten gleichfalls den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Die Maßnahmen stellten für ihn aber nur einen „sehr kleinen Schritt“ dar, sagte Niesen.
Benra betonte zugleich, dass bei einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand die Betroffenen nicht freiwillig ausscheiden. Eine Möglichkeit zur Optimierung des Systems wäre „eine bindende Verpflichtung der Bundesregierung am Anfang der Legislaturperiode, das betroffene Personal länger zu beschäftigen“.
„Vorgehen der Koalition maßvoll“
Der frühere Staatssekretär Lutz Diwell verwies darauf, dass man bei der Regelung zu den Spitzenbeamten nicht nur über Abteilungsleiter, Staatssekretäre und Botschafter rede, sondern auch über die Spitzenpositionen bei den Sicherheitsbehörden, auf denen man die „wirklich Besten“ haben müsse. Um deren Maß an Verantwortung honorieren zu können, sei die vorgesehene Regelung ein wesentlicher Punkt.
Im Vergleich zum Umgang mit Führungskräften in der Wirtschaft sei das Vorgehen der Koalition maßvoll. Zum Gesetzentwurf allgemein sagte Diwell, jede Maßnahme sei gut, die zu mehr Attraktivität im öffentlichen Dienst führt.
„Das nötige Geld muss da sein“
Der ehemalige Staatssekretär Johann Hahlen sagte, die Einführung eines Personalgewinnungszuschlags sei eine gute Maßnahme, doch müsse „in der Praxis auch das nötige Geld dafür da sein“. Hier könne man „ein Fragezeichen machen“.
In der Frage der Neuregelung bei der Versetzung politischer Beamten in den einstweiligen Ruhestand unterstützte Hahlen die Ausführungen Diwells. Hier sei eine „angemessene Verbesserung“ vorgesehen. Er halte es nicht für übertriebenen, den Betroffenen bis zu 5,3 Prozentpunkte mehr an Ruhegehalt zu gewähren. (sto)
Liste der geladenen Sachverständigen
- Prof. em. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis, ehemals Juristische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin
- Hans-Ulrich Benra, Bundesvorsitzender des Verbandes der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden (VBOB), Berlin
- Lutz Diwell, Staatssekretär a.D., Rechtsanwalt, Berlin
Johann Hahlen, Staatssekretär a.D., Wesseling - Peter Heesen, Bundesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes, Berlin
- Bernd Niesen, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Technik und Naturwissenschaften im Deutschen Beamtenbund, Berlin
- Dr. Karsten Schneider, Abteilungsleiter Beamte und öffentlicher Dienst, Deutscher Gewerkschaftsbund, Berlin