Uneinigkeit über Schlichter für gestrandete Fluggäste
Mit dem Bus oder der Bahn zum Flughafen und dann in den Urlaub oder auf Geschäftsreise? Verpasste Anschlüsse durch Verspätungen sind da nichts ungewöhnliches. Dem Kunden entstehen durch solche Verspätungen Ansprüche auf Entschädigung, zu deren Klärung es für Bus- und Bahnunternehmen seit dem Jahr 2009 die Schlichtungsstelle öffentlicher Personenverkehr (SöP) gibt. Luftfahrtunternehmen regeln die Rechte ihrer Fluggäste bisher jedoch intern im eigenen Unternehmen. Die SPD-Fraktion hat nun einen Antrag (17/7337) gestellt, in dem sie die Bundesregierung dazu auffordert eine einheitliche Schlichtungsstelle für alle Verkehrsunternehmen einzurichten. Der Antrag wurde am Donnerstag, 20.Oktober 2011 in erster Lesung im Bundestag beraten.
SPD beklagt schlechte Fahrgastrechte
Zur Begründung ihres Antrags verwies die SPD-Fraktion zu Beginn der Debatte auf die schlechte Umsetzung der Fluggastrechte in Deutschland. Bei Befragungen hätte eine Mehrheit angegeben bei ausgefallenen Flügen oder Verspätungen nicht angemessen über ihre Rechte informiert worden zu sein. Dieses Problem sei nicht neu und auch die Koalitionsfraktionen hätten aus diesem Grund eine einheitliche Schlichtungsstelle für alle Verkehrsunternehmen im Koalitionsvertrag vereinbart, sagte Ulrike Gottschalck (SPD). Deshalb fordere ihre Fraktion die Regierung auf, jetzt einen Gesetzentwurf vorzulegen, denn „verhandelt wurde lange genug“.
Markus Tressel (Bündnis 90/Die Grünen) verwies darauf, dass das Vorhaben der Regierung, mit den Fluggesellschaften eine einvernehmliche Regelung zu finden, nur den Unternehmen und nicht dem Kunden diene. SPD und Grüne forderten deshalb, dass die Fluggesellschaften zur Teilnahme an einer Schlichtung gezwungen werden müssten - wenn sie sich nicht freiwillig beteiligen wollten.
Union setzt auf Verhandlungen
Anders sah dies Marco Wanderwitz von der CDU/CSU-Fraktion. Grundsätzlich stimmte er der Forderung nach einer zentralen Schlichtungsstelle für Fluggesellschaften zu. Aus der Sicht seiner Fraktion fordere die SPD das Gesetz jedoch zu früh. Es sei ja nicht so, dass die Regierung nichts in dieser Hinsicht unternommen hätte. „Im Hintergrund gibt es intensive Verhandlungen und die Luftfahrtunternehmen haben sich auch schon bewegt – wenn auch nicht soweit, wie wir es gerne hätten“, sagte Wanderwitz. Aber diesem Verhandlungsfortschritt jetzt mit Zwang zu begegnen, sei keine Lösung, denn: „Schlichtungsstellen beruhen in der Regel auf Freiwilligkeit.“
Auf die freiwillige Beteiligung der Luftfahrtunternehmen zu setzen, bedeute die Fluggesellschaften ein weiteres Mal ihre Position des Stärkeren ausspielen lassen, betonte hingegen Herbert Behrens (Die Linke). Der Fluggast sei gegenüber der Fluggesellschaft in einer schlechteren Position, wenn er nur mit viel Aufwand durch eine Klage vor Gericht seine Rechte erstreiten könne. Viel mehr „ist es demokratisch den Schwächeren zu stärken und den Stärkeren zu begrenzen“, sagte Behrens.
Kunden müssen im Vordergrund stehen
Dem hielt Patrick Döring (FDP) die Prinzipien der Marktwirtschaft entgegen. Wenn der Kunde mit einer Airline oder deren Fluggastrechte-Regelung unzufrieden sei, könne er ja die Gesellschaft wechseln – der Kunde sei also gar nicht so machtlos, wie er von der Opposition dargestellt werde.
In einem waren sich die alle Debattenteilnehmer jedoch einig: Bei der Einrichtung einer zentralen Schlichtungsstelle müssen die Rechte der Kunden und Verbraucher im Vordergrund stehen. Fraktionsübergreifend wurde die Schlichtung als ein einfaches und für den Verbraucher unkompliziertes Verfahren gelobt. Über den Antrag der SPD-Fraktion und die genaue Ausgestaltung der Schlichtungsstelle wird nun im Ausschuss für Verkehr und Bau weiter beraten. (amr)