Einig über Mangel an pädagogischen Fachkräften
So viel einhellige Zustimmung wie selten bekam die Linksfraktion in der Debatte zum Mangel an pädagogischen Fachkräften am Mittwoch, 21. September 2011. Alle Fraktionen stimmten der Linken in ihrem Befund zu, es drohe in Deutschland ein dramatischer Mangel an pädagogischen Fachkräften. Einen Antrag der Fraktion, in dem ein Fachkräfteprogramm im Bildungsbereich gefordert wurde (17/2019), lehnte der Bundestag dennoch mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen ab und folgte damit einer Empfehlung des Bildungsausschusses (17/7007).
Linke fordert Bund-Länder-Programm
Mit der Einführung eines Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung ab dem ersten Lebensjahr ab 2013 habe der Bund die Aufgabe übernommen, 750.000 Betreuungsplätze zu schaffen, dabei aber immer „übersehen“, dass dafür auch Personal benötigt werde, stellte die Sprecherin der Linken für allgemeine Bildung, Rosemarie Hein, fest. Schon jetzt sei der Betreuungsschlüssel in den Kindertagesstätten „bedenklich“, zudem arbeite ein bedeutender Teil des Personals ohne entsprechende pädagogische Ausbildung.
Ausreichend Fachkräfte seien aber „nicht in Sicht“, damit drohe der Rechtsanspruch „den Bach herunter“ zu gehen. Hein forderte die Regierung auf, ein entsprechendes Bund-Länder-Programm in Angriff zu nehmen und zudem den Hochschulpakt um eine Säule zur Lehrerausbildung zu ergänzen. Der Bund sei bei der Ausbildung des pädagogischen Personals zwar „nicht zuständig, aber verantwortlich“.
SPD: Ländern und Kommunen fehlt finanzielle Basis
Genau die mangelnde Zuständigkeit des Bundes, die im Kooperationsverbot geregelt ist, war Argument sowohl für die Koalition als auch für SPD und die Bündnisgrünen, um dem Antrag der Linken die Unterstützung zu verweigern. Für die SPD unterstrich Marianne Schieder, selbst wenn das Kooperationsverbot falle - wofür ihre Partei sich einsetze - , bleibe die Lehrerausbildung und -anstellung noch immer Sache der Länder.
Die schwarz-gelbe Politik mache es aber den Länder und Kommunen schwer, Lehrer und Erzieher zu beschäftigen, weil ihnen zunehmend die finanzielle Basis dafür fehle. Das niedrige Einkommensniveau in den Kindertagesstätten aber mache es schwer, geeignetes Personal zu finden und halte insbesondere Männer von diesen Berufen ab.
Grüne schockiert von Aussage der Ministerin
Für Bündnis 90/Die Grünen kritisierte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Ekin Deligöz, Die Linke habe mit ihrem Befund zum Fachkräftemangel in den pädagogischen Berufen zwar „schlicht und einfach recht“, sie vernachlässige in ihren Lösungsvorschlägen aber die Zuständigkeit der Länder und verzettele sich zudem in „Klein-Klein-Programmen“. Sie
Deligöz sagt, es habe sie im Bildungsausschuss „schockiert“, von der Bildungsministerin auf die Frage nach der Abschaffung des Kooperationsverbotes zu hören, sie müsse zuvor die eigene Partei von der Abschaffung der Hauptschulen überzeugen. So könne man keine Bildungspolitik für das Land machen.
FDP: Länder müssen in frühkindliche Bildung investieren
Die Redner von Union und FDP räumten zwar ein, dass bislang zu wenig in frühkindliche Bildung investiert werde, nahmen dabei aber die Länder in die Pflicht. Diese müssten „nachlegen“, forderte die FDP-Abgeordnete Sylvia Canel. Die Spannbreite der Länderinvestitionen für unter Sechsjährige von unter 2.000 Euro in Schleswig-Holstein bis zu 3.400 Euro in Hamburg sei nicht akzeptabel.
Auch die Ergebnisse der OECD-Studie machten deutlich, dass die Investitionen in diesem Bereich „beschämend niedrig“ sein. Bundesmittel seien „keine Kompensationsmittel“, sondern sollten die Ausgaben der Länder sinnvoll ergänzen. Canel forderte die Abgeordneten dazu auf, sich in ihren Bundesländern für mehr Investitionen in den Bereich der frühkindlichen Bildung einzusetzen.
Union: Den Ländern größere Aktivitäten abfordern
Einen derartigen Bedarf sah auch der CDU-Bildungspolitiker Marcus Weinberg. Er betonte allerdings auch, dass der Bund in den vergangenen Jahren immense Anstrengungen im Bildungsbereich geleistet habe. die OECD-Berichterstattung, die dabei zu kritischen Befunden gekommen seien, bezeichnete er als „ärgerlich“ weil dabei wichtige Erfolge ausgeblendet würden.
Der Bund könne aber nicht den „Verantwortungsbereich der Länder übernehmen“, sondern müsse bei den Ländern größere Aktivitäten abfordern. (suk)