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Verteidigung

Kritik an der Information über Bundeswehr-Vorfälle

Dr. Frithjof Schmidt (B90/GRÜNE)

Dr. Frithjof Schmidt (B90/GRÜNE) (© DBT/photothek)

Bei einer Aktuellen Stunde zur „öffentlichen Diskussion über die Falsch- und Nichtunterrichtung des Deutschen Bundestages durch den Verteidigungsminister zu Vorfällen in der Bundeswehr“ am Mittwoch, 26. Januar 2011, haben Vertreter der Opposition Verteidigungsminister Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) scharf kritisiert. Aber auch die CDU/CSU-Fraktion sprach von Informationspannen, weil die Abgeordnenten nicht über die genauen Umstände des Todes eines Soldaten in Afghanistan informiert worden waren. Die Aktuelle Stunde war auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einberufen worden.

Grüne: Probleme im Bereich der Inneren Führung

Anlass der Aktuellen Stunde waren neben dem Tod eines Soldaten in Afghanistan, der am 17. Dezember 2010 durch einen Schuss aus der Waffe eines Kameraden getroffen wurde, die Vorgänge auf dem Ausbildungsschiff Gorch Fock, wo am 7. November 2010 eine Offiziersanwärterin aus der Takelage des Schiffes stürzte und kurz danach starb; sowie die Öffnung von Feldpostbriefen, die deutsche Soldaten aus Nordafghanistan zwischen Oktober 2010 und Januar 2011 nach Deutschland geschickt hatten.

Gleich zu Beginn der Debatte forderte Dr. Frithjof Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen), den Auftrag des Kundus-Untersuchungsausschusses zu erweitern und auch die aktuellen Vorfälle zu prüfen. Diese würden ein „besorgniserregenden Bild der Bundeswehr“ zeichnen und auf „Probleme im Bereich der Inneren Führung“ hinweisen.

Der Grünen-Abgeordnete kritisierte vor allem, dass der Bundestag nicht vollständig über die Vorgänge informiert worden sei: Bereits nach dem Luftangriff bei Kundus im September 2009 sollte die Informationspolitik der Bundeswehr reformiert werden; das sei offensichtlich bislang nicht geschehen.

Minister räumt „unvollständige“ Unterrichtung ein

Verteidigungsminister zu Guttenberg wies die Vorwürfe überwiegend zurück. Bezüglich der geöffneten Feldpost berichtete er, dass bislang bei 29 Sendungen geprüft werde, ob sie unrechtmäßig geöffnet worden seien.

Zum Fall des am 17. Dezember in Afghanistan getöteten Soldaten sagte er, er hätte Journalisten gegenüber schon am Folgetag darauf hingewiesen, dass dieser von einer Kugel aus der Waffe eines Kameraden getroffen worden sei. Allerdings sei der Vorgang in einer Unterrichtung an den Bundestag vom 21. Dezember „unvollständig“ wiedergegeben und erst nach Weihnachten richtiggestellt worden, räumte der Minister ein.

Endgültige Bewertungen stehen noch aus

Zum Marine-Ausbildungsschiff „Gorch Fock“ sagte zu Guttenberg, er habe Kapitän Norbert Schatz am 21. Januar vorübergehend von seinen Pflichten entbunden, um ihn angesichts „gesteigerten öffentlichen Drucks auf den Kommandanten“ nicht weiteren Belastungen auszusetzen. Das gebiete die „Fürsorgepflicht“ gegenüber dem Kommandanten und der Besatzung des Schiffes.

Bei allen drei Vorgängen verwies der Minister auf die laufenden Untersuchungen seitens der Staatsanwaltschaft und der Bundeswehr, vor deren Abschluss man keine endgültigen Bewertungen erwarten dürfe.

SPD: Handeln nicht nach Medienwirkung ausrichten

SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold gab sich mit diesen Erklärungen nicht zufrieden. Er warf dem Minister vor, das Parlament „nicht zeitnah, nicht umfassend und nicht ganz korrekt“ informiert zu haben. Insbesondere kritisierte er, dass Verteidigungsminister zu Guttenberg die Obleute im Verteidigungsausschuss am 21. Januar über die aktuellen Vorgänge unterrichtet und „Vorverurteilungen“ abgelehnt habe.

Am Abend hätten die Abgeordneten dann aus der Presse von der Suspendierung von „Gorch Fock“-Kapitän Schatz erfahren. Arnold warf Guttenberg vor, sein Handeln nach der Medienwirkung auszurichten: „Sie haben den Geist des Boulevards gerufen und werden ihn nicht mehr los.“

Die Arbeit des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus, der auf die Missstände in der Bundeswehr aufmerksam gemacht habe, lobte Arnold als „unparteiisch, seriös und gründlich“.

„Warneinrichtung für das Parlament“

Diesem Lob schloss sich auch Paul Schäfer von der Linksfraktion an: der Wehrbeauftragte sei eine „Warneinrichtung für das Parlament“; man soll ihn „stärken und nicht attackieren“. Auch er kritisierte das Kommunikationsmanagement des Verteidigungsministeriums als „ungenügend“.

Außerdem warf er die Frage auf, ob möglicherweise der Umbau der Bundeswehr zu einer Interventionsarmee zu zunehmendem Druck und Spannungen führe, die sich möglicherweise in zweifelhaften „Ritualen“ entluden, wie sie im Zusammenhang mit der Gorch Fock und dem getöteten Soldaten in Afghanistan diskutiert werden.

„Diskussion mit hysterischen Zügen“

Die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff warf der Opposition hingegen vor, bestimmte Fakten zu benutzen, „um einen Skandal herzustellen, der nur einem schadet: der Bundeswehr“. Es sei richtig gewesen, „Gorch Fock“-Kapitän Norbert Schatz vorübergehend von seinen Pflichten zu entbinden, um ihn „vor den Anwürfen in Schutz zu nehmen, die zu erwarten waren“.

Das zeige auch der Fall des für den Luftangriff von Kundus mitverantwortlichen Obersts Georg Klein, der regelrecht „durch die Medien gejagt“ worden sei. Die Vorgänge auf der Gorch Fock würden durch zwei Ermittlungsteams aufgeklärt; diese müssten nun die „Möglichkeit und Zeit“ erhalten, „sauber zu ermitteln“.

Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) warf der Opposition vor, der Diskussion um die Vorfälle in der Bundeswehr „hysterische Züge“ zu verleihen. Sie versuche damit, den „erfolgreichen und in der Bevölkerung hoch angesehenen Verteidigungsminister zu beschädigen“.

CDU/CSU: Ärgerliche Informationspanne

Im Zusammenhang mit der Unterrichtung des Bundestages vom 21. Dezember, in dem die Todesumstände des Soldaten in Afghanistan nicht vollständig dargestellt wurden, sprach Schockenhoff von einer „ärgerlichen Informationspanne“: „Das Parlament muss in Zukunft sorgfältiger informiert werden“, mahnte er den Verteidigungsminister.

Vorwürfe der „Vertuschung und Irreführung“ des Parlamentes wies er jedoch zurück. (ktk)