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Inneres

SPD will das Zugangserschwerungsgesetz aufheben

Symbolbild Internetsperre

(© pa/Bildagentur-online)

Aufhebung statt Aussetzung des Zugangserschwerungsgesetzes. So lautet die Hauptforderung in einem von der SPD-Fraktion vorgelegten Antrag (17/4427), den der Bundestag am Donnerstag, 20. Januar 2011, ab 16 Uhr 45 Minuten lang in erster Lesung berät.

Die Aussetzung des Gesetzes durch einen Erlass des Bundesinnenministeriums sei verfassungswidrig, kritisieren die Sozialdemokraten und verlangen von der Bundesregierung die Vorlage eines Aufhebungsgesetzes.

Sperrlisten des Bundeskriminalamts

Ziel des Zugangserschwerungsgesetzes, das mit den Stimmen der ehemaligen Koalitionsfraktionen von Union und SPD im Juni 2009 verabschiedet worden war und seit Februar 2010 gilt, ist es, durch Sperrung bestimmter Internetseiten den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten in Kommunikationsnetzen zu erschweren.

Deutsche Internetprovider sollten dazu verpflichtet werden, auf Basis von sogenannten Sperrlisten des Bundeskriminalamts (BKA) den Zugang zu derartigen Internetseiten zu sperren.

Petition fand über 134.000 Unterstützer

Doch schon während des Gesetzgebungsverfahrens zum Ende der vergangenen Legislaturperiode regte sich Widerstand. So fand eine im April 2009 beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereichte Online-Petition gegen die Sperrung von Webseiten über 134.000 Unterstützer.

Die Seitensperrung sei „ein ungeeignetes Mittel im Kampf gegen Kinderpornografie“ und bedeute eine Gefährdung des Grundrechtes auf Informationsfreiheit, urteilte die Petentin Franziska Heine.

Gesetz wurde nicht angewendet

Nach der Bundestagswahl im September 2009 vereinbarten schließlich auch die Regierungsfraktionen von Union und FDP in ihrem Koalitionsvertrag, das Zugangserschwerungsgesetz zunächst für ein Jahr nicht anzuwenden.

Dementsprechend wurde das BKA durch Erlass des Bundesministeriums des Inneren aufgefordert, keine Sperrlisten zu führen und Zugangssperren nicht zu verhängen.

SPD sieht Verstoß gegen das Grundgesetz

Dieses Vorgehen sei verfassungswidrig, schreibt die SPD-Fraktion in ihrem Antrag. Die Anordnung der Nichtanwendung durch Ministererlass verstoße gegen den in Artikel 20 des Grundgesetzes festgeschriebenen Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes.

„Die Bindung der Verwaltung an das Gesetz wird unterlaufen, wenn Verwaltungsvorschriften parlamentarischen Gesetzen gleichgeordnet wären oder diesen in der Interpretation sogar vorgehen sollten“, heißt es in dem Antrag.

„Internetsperren wenig effektiv“

Aus Sicht der SPD-Fraktion hat sich zwischenzeitlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Internetsperren „wenig effektiv, ungenau und technisch ohne größeren Aufwand zu umgehen sind“.

Sie leisteten „keinen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der Kinderpornografie“ und schafften zudem eine Infrastruktur, die grundsätzliche Bedenken hervorrufe und verfassungsrechtlich höchst problematisch sei.

„Bekämpfungsstrategien weiterentwickeln“

Das Zugangserschwerungsgesetz sei daher zur wirksamen Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet nicht geeignet, urteilt die Fraktion. Vielmehr bedürfe es der Weiterentwicklung von effektiven Bekämpfungsstrategien, um die Löschung derartiger Angebote im Internet auf der Grundlage des geltenden Rechts durchzusetzen.

Zur Bekämpfung der Verbreitung von sexueller Gewalt und Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen im Internet seien eine verbesserte technische und personelle Ausstattung der Polizeibehörden, die Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit auf nationaler und insbesondere auf internationaler Ebene erforderlich, um die Löschung kinderpornografischer Netzinhalte zeitnah und effektiv durchzusetzen und eine konsequente Strafverfolgung zu erreichen.

SPD: Verfassungswidrigen Zustand beenden

Die Bundesregierung müsse daher unverzüglich einen Entwurf zur Aufhebung des Gesetzes vorlegen und den verfassungswidrigen Zustand der Aussetzung eines parlamentarischen Gesetzes durch Erlass des Bundesinnenministeriums beenden, fordern die Sozialdemokraten.

Zugleich solle sich die Regierung nachdrücklich für das Prinzip „Löschen statt Sperren“ einsetzen und bei den anderen EU-Mitgliedstaaten für die „wirksame Löschung derartiger Angebote anstelle symbolpolitischer Sperrungen“ werben.

Ziel müsse es sein, den Mitgliedstaaten den Spielraum zu ermöglichen, keine entsprechende Sperrinfrastruktur aufbauen zu müssen. (hau)