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Umwelt

Geplante Laufzeitverlängerungen sind umstritten

Die Vor- und Nachteile der geplanten Laufzeitverlängerung der 17 deutschen Atomkernkraftwerke (AKW) und mögliche Sicherheitsrisiken werden von Sachverständigen völlig unterschiedlich beurteilt. Christoph Riechmann, Leiter des Kölner Büros von Frontier Economics, betonte in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit am Donnerstag, 21. Oktober 2010, zu den Entwürfen eines elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (17/3051) und eines zwölften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (17/3052), dass Deutschland durch die Verlängerung der Laufzeiten von Stromimporten aus dem Ausland weniger abhängig werden würde.

„Defizite können ausgeglichen werden“

Hildegard Müller vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. sagte, dass die Kernkraft „ausdrücklich als Brücke zu den erneuerbaren Energien“ zu sehen sei und beurteilte die Verlängerung der Laufzeiten als „sinnvoll“. Sie kritisierte, die Debatte über frühere Störfalle werde „unredlich geführt“, da bisher nur Ereignisse der Stufe 1 und 2 eingetreten seien ohne eine Gefährdung von Natur und Bevölkerung.

Der Diplomphysiker Lothar Hahn erklärte, dass man viele Defizite an den Anlagen durch Nachrüstungen ausgleichen könnte, aber nicht alle. „Man muss sich die Anlagen genau ansehen“, sagte Hahn.

„Atomstrom wird Netze nicht verstopfen“

Befürchtungen, dass der Strom aus den Atomkraftwerken die erneuerbaren Energien ausbooten könnten, erteilte Christoph Maurer (Consulting für Energiewirtschaft und -technik) eine klare Absage. „Atomstrom wird nicht die Netze verstopfen“, erklärte er. In seinem Eingangsstatement sagte der Jurist Rupert Scholz, dass für die Laufzeitverlängerung keine Bundesrats-Entscheidung nötig sei und beide Gesetze seiner Ansicht nach „verfassungsgemäß“ seien.

Dieser Rechtsauffassung widersprach Rainer Baake von der Deutschen Umwelthilfe. Baake sagte außerdem, dass trotz des relativen hohen Sicherheitsniveaus der deutschen Atomkraftwerke „die gemeldeten Störfälle nicht verhindert“ werden konnten und betonte, dass mit einem „Restrisiko“ gerechnet werden müsse.

Er kritisierte außerdem den geplanten Zusatz des Paragrafen 7d und interpretierte ihn so, dass die Bevölkerung bei einem eventuellen Flugzeugabsturz auf ein AKW das Klagerecht auf Schadensersatz verlieren würde Professor Scholz nannte den Paragrafen dagegen ein „Stück mehr Rechtssicherheit“.

„Zahl der Störfälle nimmt mit Alter der Anlagen zu“

Thorben Becker vom BUND kann keinen „zwingenden Grund“ für eine Laufzeitverlängerung erkennen. Deutschland sei „Stromexport-Land“, obwohl die zwei ältesten und gefährlichsten Atomkraftwerke schon still stehen. Becker fragte, warum die Regierung ein „großes verfassungsrechtliches Risiko“ eingehen würde. Er betonte die mögliche „Vergrößerung des Risikos“ und wies daraufhin, dass die Zahl der Störfälle mit dem Alter der Anlagen zunehmen könnte.

Auch sagte er, dass Atomkraftwerke schwer regelbar seien und mahnte in Hinblick auf die erneuerbaren Energien an, dass eine „klare Richtungsentscheidung“ gefordert sei, da man nicht beide Richtungen ausbauen könnte. Becker rechnet mit einem „massiven Konflikt“ im Land.

Christian Hey vom Sachverständigenrat für Umweltfragen lobte das Energiekonzept der Regierung als „vorbildlich“, konstatierte aber auch, dass die Laufzeitverlängerung das wichtige Ziel – den Ausbau der erneuerbaren Energien – gefährden würde. (ah)