Gesundheit, Hartz IV, Energiepolitik
Der Bundestag diskutiert in der Sitzungswoche vom Montag, 27. September, bis Freitag, 1. Oktober 2010, unter anderem über die Finanzierung des Gesundheitswesens, die Änderung der Hartz IV-Regelsätze und das Haushaltsbegleitgesetz 2011. Anlässlich des 20. Jahrestages der deutschen Einheit diskutieren die Abgeordneten zudem am Donnerstag den Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit. Am Freitag steht neben der Energiepolitik mit der Änderung des Atomgesetzes auch die Rente mit 67 auf der Tagesordnung.
Mittwoch, 29. September
Einsprüche gegen Sitzungsausschluss: Zu Beginn der Sitzung stimmt der Bundestag ohne Debatte über die Einsprüche mehrerer Abgeordneter der Linksfraktion (Herbert Behrens, Heidrun Dittrich, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger und Michael Schlecht) gegen den von Bundestagspräsident Lammert in der Sitzung am 17. September ausgesprochenen Sitzungsausschluss nach Paragraf 39 der Geschäftsordnung des Bundestages ab.
Regierungsbefragung: Die Sitzungswoche geht um 13.05 Uhr mit der halbstündigen Befragung der Bundesregierung zur vorangegangenen Kabinettssitzung sowie zu aktuellen Themen weiter.
Fragestunde: Von 13.40 bis 15.40 Uhr findet die Fragestunde statt, in der schriftlich eingereichte Fragen der Abgeordneten (17/3007) von Vertretern der Bundesregierung mündlich im Plenum beantwortet werden.
Aktuelle Stunde: „Einen fairen Interessenausgleich zwischen Beschäftigten und Arbeitsuchenden mit bedarfsgerechten Regelsätzen schaffen“ ist eine Aktuelle Stunde überschrieben, die auf Verlangen von CDU/CSU und FDP gegen 15.40 Uhr beginnt. Gemeint sind künftige Regelsätze für die Bezieher von Arbeitgslosengeld II, auf die sich die Koalition geeinigt hat.
Donnerstag, 30. September
Deutsche Einheit: Die Sitzung beginnt, wenige Tage vor dem 20. Jahrestag, um 9 Uhr mit einer einstündigen vereinbarten Debatte zum Stand der deutschen Einheit.
Hartz-IV-Regelsätze: Ab 10.05 Uhr beraten die Abgeordneten 90 Minuten lang über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (17/2092) zu Anträgen der SPD-Fraktion (17/880) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/675). Beide Fraktionen fordern darin eine Änderung der Hartz-IV-Regelsätze, wie vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 angemahnt. Aus Sicht der Sozialdemokraten muss beim Bundesarbeitsministerium eine Kommission eingerichtet werden, die den Auftrag hat, die Bemessung der Regelsätze und die dazugehörende Datenauswertung vorzunehmen. Die Grünen wiederum fordern als Sofortmaßnahme, die Regelsätze für Erwachsene auf 420 Euro zu erhöhen und die Regelsätze für Kinder nach den Empfehlungen des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes anzuheben. In erster Lesung beraten wird darüber hinaus ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, Leistungskürzungen bei den Unterkunftskosten im Arbeitslosengeld II zu verhindern und das Vermittlungsverfahren mit den Ländern wieder aufzunehmen (17/3058).
Aktuelle Stunde: Auf Verlangen der SPD-Fraktion berät der Bundestag ab etwa 11.50 Uhr in einer Aktuellen Stunde über das Thema „Haltung der Bundesregierung zu Milliardengarantien und Millionenboni bei der Hypo Real Estate (HRE)“.
GKV-Finanzierungsgesetz: Ab etwa 13 Uhr beginnt die erste Lesung des von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Gesetzentwurfs zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung des Gesundheitswesens (17/3040). Ziel ist eine Reform der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, der 2011 ein Fehlbetrag von zehn Milliarden Euro droht. Um dem entgegenzutreten ist geplant, die Beiträge von derzeit 14,9 auf 15,5 Prozent des Bruttolohns zu erhöhen. Dabei soll der Arbeitgeberbeitrag auf der Höhe von 7,3 Prozent festgeschrieben werden. Unvermeidbare, über die Einnahmeentwicklung hinausgehende Ausgabensteigerungen sollen künftig allein durch einkommensunabhängige Zusatzbeiträge der Versicherten finanziert werden. Für den Fall, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag zwei Prozent des individuellen sozialversicherungspflichtigen Einkommens übersteigt, ist ein Sozialausgleich vorgesehen. 90 Minuten sind für die Debatte eingeplant.
Überziehungszinsen: Die Zinssätze für Dispositions- und Überziehungskredite „verbrauchergerecht zu deckeln“ ist das Ziel eines Antrages der Linksfraktion (17/2913), der ab 14.40 Uhr 45 Minuten lang in erster Lesung beraten wird. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem der Zinssatz für eingeräumte Dispositionskredite auf maximal fünf Prozent über dem Basiszinssatz und der Zinssatz für geduldete Überziehungskredite auf maximal acht Prozent über dem Basiszinssatz gedeckelt wird. Ebenfalls in erster Lesung beraten wird auch der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/3059), Verbraucher vor überhöhten Überziehungszinsen zu schützen.
Haushaltsbegleitgesetz 2011: Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (17/3030), das sogenannte Sparpaket, wird ab 15.30 Uhr eine Stunde lang beraten. Bis zum Jahre 2014 soll mit den darin geplanten Maßnahmen ein Einsparvolumen von 20 Milliarden Euro erreicht werden. So ist beispielsweise die Einführung einer Luftverkehrsabgabe vorgesehen. Zugleich sind Kürzungen beim Wohn- und Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger geplant.
ELENA-Verfahren: Nach der um 16.30 Uhr beginnenden halbstündigen Debatte stimmen die Abgeordneten über die von Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (17/658) erhobene Forderung, das elektronische Entgeltnachweisverfahren ELENA auszusetzen und die Datenübermittlung strikt zu begrenzen, ab. „Die vielen Skandale beim Umgang mit Daten von Beschäftigten haben gezeigt, dass zentrale Datensammlungen immer erhebliche Missbrauchspotenziale bieten“, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag. Der Wirtschaftsausschuss hat dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/1553).
Schutz des Vertrauensverhältnisses: Um 17.10 Uhr beginnt die halbstündige Debatte über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Stärkung des Schutzes von Vertrauensverhältnissen zu Rechtsanwälten im Strafprozessrecht (17/2637). Der Entwurf sieht vor, dass Anwälte nicht mehr abgehört werden dürfen und keine Akten von Mandanten in ihren Büros beschlagnahmt werden dürfen. Mit dem Gesetz soll laut Bundesregierung das Vertrauensverhältnis zwischen Mandanten und ihren Anwälten gestärkt werden.
Arbeitsbedingungen im Briefmarkt: Die Arbeitsbedingungen im Briefmarkt stehen ab 17.50 Uhr im Mittelpunkt der Diskussion. Grundlage dafür bildet eine Große Anfrage der SPD-Fraktion (17/1615) und die Antwort der Bundesregierung darauf (17/2883). Eine halbe Stunde ist für die Diskussion vorgesehen.
Begleitetes Fahren ab 17: Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und des Kraftfahrsachverständigengesetzes (17/3022, 17/3035) wird ab 18.30 Uhr 30 Minuten lang in erster Lesung beraten. Kernpunkt der Initiative ist die geplante Überführung des bis Ende 2010 befristeten Modellvorhabens „Begleitetes Fahren ab 17“ zum 1. Januar 2011 in Dauerrecht.
Tierschutz: Über den Tierschutz in der gewerblichen Tierhaltung diskutieren die Abgeordneten ab 19.10 Uhr. Nach der halbstündigen Debatte wird über Anträge der SPD (17/2143, 17/2017), der Linksfraktion (17/1601) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/2006, 17/2146) abgestimmt. Dazu liegen bereits zwei Beschlussempfehlungen des Landwirtschaftsausschusses (17/2912, 17/2962) vor.
TAB-Büro: Anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) steht ab 19.50 Uhr eine halbstündige Debatte über Technikfolgenabschätzung auf der Tagesordnung. Das TAB ist eine selbstständige wissenschaftliche Einrichtung, die den Deutschen Bundestag und seine Ausschüsse in Fragen des wissenschaftlich-technischen Wandels berät. Mehr als 100 Gutachten haben die Wissenschaftler des TAB seit seinem Bestehen im Auftrag der Abgeordneten erstellt. Eine Bilanz des TAB ist als Bundestagsdrucksache erschienen (17/3010).
Obdachlosigkeit: Um 20.30 Uhr beginnt die halbstündige abschließende Beratung eines Antrags der Linksfraktion (17/2434), der die Einführung einer Bundesstatistik fordert, um das Ausmaß der Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland amtlich statistisch zu erfassen.
Tourismus: Für eine engere Zusammenarbeit von Naturschutz, Landwirtschaft und Tourismus plädieren die Koalitionsfraktionen in einem Antrag (17/2478), der ab 21.10 Uhr in erster Lesung beraten wird. Union und FDP wollen dadurch die Wirtschaftsentwicklung in strukturschwachen ländlichen Regionen unterstützen sowie zur Umweltbildung und -erziehung beitragen, heißt es in der Vorlage. Für die Beratung ist eine halbe Stunde vorgesehen.
Rheintalbahn: Die Bundesregierung soll die Deutsche Bahn Projektbau GmbH und das Eisenbahnbundesamt anweisen, alle weiteren laufenden Planfeststellungsverfahren inklusive der schalltechnischen Untersuchungen beim Ausbau der Rheintalbahn auf Basis der „Nachfrageprognose 2025 für den Schienengüter- und Schienenpersonenverkehr auf der Oberrheinstrecke“ durchzuführen. Dies fordern Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (17/2488), der ab 21.50 Uhr 30 Minuten lang in erster Lesung beraten wird.
Zentralregister für Testamente: Der Bundesrat will bei der Bundesnotarkammer ein elektronisches Zentralregister für Testamente einrichten. Der dazu vorgelegte Gesetzentwurf (17/2583) wird ab 22.30 Uhr in erster Lesung beraten.
UN-Sozialpakt: In einem um 23.15 Uhr auf der Tagesordnung stehenden Antrag der SPD-Fraktion (17/1049) wird die Bundesregierung aufgefordert, das Zusatzprotokoll über ein Individualbeschwerdeverfahren zum UN-Sozialpakt schnell zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Nach 30-minütiger Debatte entscheiden die Parlamentarier abschließend über die Vorlage.
Beamtenbezüge: Die Bezüge der Beamten, Richter, Soldaten und Versorgungsempfänger im Bund sollen bis Sommer kommenden Jahres schrittweise steigen. Dazu hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf (17/1878, 17/2066) vorgelegt, über den die Abgeordneten im Anschluss an die gegen 23.50 Uhr beginnende halbstündige Debatte abstimmen.
Vermeidung von Doppelbesteuerung: Abschließend steht gegen 0.40 Uhr die abschließende Beratung mehrerer Gesetzentwürfe zur Vermeidung von Doppelbesteuerung mit Syrien (17/2251), Malaysia (17/2252), Bulgarien (17/2253), Großbritannien und Nordirland (17/2254) sowie Belgien (17/2255) auf der Tagesordnung. Der Finanzausschuss hat eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/2571).
Freitag, 1. Oktober
Geschäftsordnungsdebatte: Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt, aktuell eine Debatte zu den Vorkommnissen bei der Demonstration gegen das Bahnprojekt „Stuttgart 21“ vom 30. September auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen.
Energiepolitik: Ab 9 Uhr berät der Bundestag anderthalb Stunden lang über die Energiepolitik und die Änderung des Atomgesetzes. Grundlage der Diskussion sind ein Antrag (17/3050) und vier Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen (17/3052, 17/3053, 17/3054) sowie der Bundesregierung (17/3055). Union und FDP sprechen sich darin für eine Verlängerung der Restlaufzeiten von Atomkraftwerken aus. Gleichzeitig soll durch die Einrichtung eines Energie- und Klimafonds der Ausbau erneuerbarer Energie vorangetrieben werden. Darüber hinaus werden in erster Lesung Anträge der SPD (17/3043) und der Linksfraktion (17/3044) zum Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlebergbau sowie von Bündnis 90/Die Grünen zur „Energie 2050“ (17/3061) und zur Verfassungsmäßigkeit der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken beraten. Zudem legt die Bundesregierung ihr Energiekonzept vor (17/3049). Die SPD hat einen Antrag vorgelegt, an der Vereinbarung zum Ausstieg aus dem subventionierten Steinkohlebergbau festzuhalten (17/3043), Die Linke fordert einen geordneten und sozialverträglichen Ausstieg (17/3044). Die Grünen legen außerdem einen Antrag zur Verfassungsmäßigkeit der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken (17/3083) vor.
Rentenpolitik: Die vollständige Rücknahme der „Rente mit 67“ fordert die Linksfraktion in einem Antrag (17/2935), der ab 10.40 Uhr in erster Lesung beraten wird. Anderthalb Stunden sind für die Debatte vorgesehen.
Banken-Restrukturierungsgesetz: Um 12.20 Uhr beginnt die erste Lesung zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Banken-Restrukturierungsgesetz (17/3024). Mit der Neuregelung soll eine geordnete Abwicklung von Banken möglich werden. Das Gesetz beinhaltet außerdem eine Bankenabgabe, die den Finanzsektor an den Kosten künftiger Krisen beteiligen soll. Außerdem sollen die Verjährungsfristen für die Haftung von Vorständen und Aufsichtsräten von börsennotierten Aktiengesellschaften von fünf auf zehn Jahre verlängert werden. Eine Stunde lang wollen die Abgeordneten dazu debattieren.
Leiharbeit: Über Anträge der Oppositionsfraktionen SPD (17/1155), Die Linke (17/426) und Bündnis 90/Die Grünen (17/551) zum Thema Leiharbeit stimmt der Bundestag im Anschluss an die um 13.25 Uhr beginnende 45-minütige Debatte ab. Ziel der Initiativen ist es, strengere gesetzliche Rahmenbedingungen für die Leiharbeit zu entwickeln. Damit solle unter anderen gegen das Lohndumping in der Branche vorgegangen werden, fordern die Fraktionen.
Demokratiestärkung: Den Ausbau von Förderprogrammen des Bundes gegen den Rechtsextremismus fordern Linksfraktion (17/3045) und Bündnis 90/Die Grünen (17/2482) in eigenen Anträgen, die ab 14.15 Uhr in erster Lesung beraten werden. 45 Minuten sind dafür vorgesehen.
(hau)