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Texte

Kompromiss zur Neuordnung der Jobcenter erörtert

Ursula von der Leyen (CDU/CSU)

Ursula von der Leyen (CDU/CSU) (© DBT/photothek.net)

In einer rund 90-minütigen Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 6. Mai 2010, in erster Lesung über die Neuordnung der Jobcenter beraten. Die Fraktionen von CDU/CSU, FDP und SPD hatten einen gemeinsamen Gesetzentwurf (17/1555) eingebracht, der die künftige Zusammenarbeit zwischen Bund und Kommunen bei der Arbeitsvermittlung regeln soll.

Karlsruher Richter hatten Neuregelung verlangt

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2007 die gemeinsame Betreuung von Langzeitarbeitslosen für verfassungswidrig erklärt und bis Ende 2010 eine Neuregelung verlangt. Der Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung sei nicht mehr gewährleistet, hieß es in der Urteilsbegründung.

Für den Bürger sei nicht mehr erkennbar, wer für die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben zuständig sei. Deshalb müssen die Abgeordneten auch einer Grundgesetzänderung (17/1554) zustimmen. Dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Bundestags notwendig. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2011 in Kraft treten.

„Die Jobcenter-Reform ist die richtige Lösung“

Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) verteidigte den zwischen den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP sowie der SPD ausgehandelten Kompromiss. „Die Jobcenter-Reform ist die richtige Lösung zum richtigen Zeitpunkt“, sagte sie. Langzeitarbeitslose brauchten präzise Hilfen, die alle unter einem Dach zur Verfügung stehen müssten.

„Die Neuordnung der Jobcenter lässt diesen Gestaltungsspielraum zu“, sagte von der Leyen. Deutschland komme langsam aus dem krisenbedingten Tief heraus. Deshalb sei es um so wichtiger, jetzt entschlossen die Neuorganisation der Arbeitsvermittlung anzugehen.

Auch SPD steht zum Kompromiss

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende, Hubertus Heil, warnte davor, dass wieder Pingpong gespielt werde zwischen den einzelnen Behörden. Deshalb habe die SPD-Fraktion die Hand gereicht, um dafür zu sorgen, dass die Jobcenter nicht zerschlagen würden. „Es ist ein guter Kompromiss, der dafür sorgt, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kommunen besser wird“, sagte Heil.

Man habe sich aber auch darauf verständigt, dass die Stellen von 3.200 Job-Vermittlern bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) entfristet werden müssten, was bislang nicht geschehen sei. Heil warnte die FDP davor, den verhandelten Kompromiss wieder aufzuschnüren. „Wir wollen Hilfe, Betreuung und Vermittlung aus einer Hand. Aber diese Hand darf nicht leer sein“, sagte Heil.

Grünen wollen bessere Personalausstattung

Auch die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Brigitte Pothmer, hielt der FDP vor, nicht vertragstreu zu sein. Die Grünen-Fraktion habe immer um Hilfe aus einer Hand gekämpft, aber mit vernünftiger Personalausstattung, sagte sie. Zudem habe sich ihre Fraktion eine tatsächliche Wahlfreiheit der Kommunen gewünscht. Die jetzt vereinbarte Begrenzung der Optionskommunen auf die Zahl 110 sei ohne sachliche Begründung erfolgt und allein parteipolitischer Gesichtswahrung zuzuordnen.

Der sozialpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dr. Heinrich Kolb, wehrte sich gegen die Schuldzuweisungen. Die SPD sollte diese wichtige Reform nicht durch fadenscheinige Erwägungen in Gefahr bringen, warnte er. Es habe keine solche Verständigung über die Entfristung der Stellen bei der BA gegeben. Darüber habe der Haushaltsausschuss nach sachlichen Erwägungen zu entscheiden.

„Erwerbslosigkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem“

Die BA sei allein einem betriebswirtschaftlichen Auftrag verpflichtet, kritisierte die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Katja Kipping.

Zudem sei eine weitere Ausweitung der Zahl der Optionskommunen keine Lösung: „Erwerbslosigkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und kann nicht auf die Kommunen abgewälzt werden“, sagte Kipping.

Für Langzeitarbeitslose soll sich wenig ändern

Für die 6,8 Millionen Bezieher von Arbeitslosengeld II soll sich mit der Reform in der Praxis wenig ändern. Nur die Zusammenarbeit von Bund und Kommunen untereinander wird neu geregelt. Künftig sollen bis zu 110 statt derzeit 69 Kommunen die Betreuung der Langzeitarbeitslosen in Alleinregie mit dem Geld vom Bund übernehmen. Das wäre ein Viertel aller 438 Jobcenter bundesweit.

Dazu soll in das Grundgesetz der Artikel 91e neu aufgenommen werden. In ihm wird geregelt, dass der Bund und die Kommunen zur Betreuung der Hartz-IV-Bezieher gemeinsame Einrichtungen bilden dürfen. Generell ist die BA zuständig für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen und ihre Integration in den Arbeitsmarkt. Die Kommunen kümmern sich um die Warmmiete und die soziale Betreuung von Hartz-IV-Empfängern.