„Staatsbankrotte verhindern“
Der Streit in der EU über eventuelle Hilfen an Griechenland spitzt sich weiter zu. Während EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso fordert, noch in dieser Woche über einen Notfallplan zu entscheiden, sieht Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Euro-Gruppe, keinen akuten Handlungsdruck. „Es ist nicht absolut notwendig, dass der Europäische Rat sich in dieser Woche über das Instrument einigt“, sagte Juncker am 22. März im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments und ist sich dabei einig mit der der deutschen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU). Unstrittig aber ist, dass die Situation in Griechenland die Eurozone in eine Krise gestoßen hat.
Die Linksfraktion fordert daher in einem Antrag (17/1058), der am Donnerstag, 25. März 2010, ab 15.30 Uhr 45 Minuten lang in erster Lesung beraten wird, die „Eurozone zu reformieren und Staatsbankrotte zu verhindern“. „Die europäische Währungsunion ist bedroht. Die Länder der Eurozone koordinieren ihre Wirtschaftspolitik unzureichend. Dies erschwert eine einheitliche Geldpolitik und gefährdet den Währungszusammenhalt“, heißt es darin.
„Deutschland betreibt Steuerdumping“
Neben einer Steuerhinterziehung von 30 Milliarden Euro jährlich hätten „sinkende Steuern für Unternehmen und hohe Einkommen“ die steigende Staatsverschuldung Griechenlands verursacht, schreibt die Linksfraktion. Auch Deutschland, so heißt es weiter, betreibe „Steuerdumping“ bei den Unternehmenssteuern.
Dies führe zu sinkenden Kosten für Unternehmen sowie zu hohen Exportüberschüssen Deutschlands und erhöhe die Auslandsschuld der Defizitländer. Zugleich behindere die Abhängigkeit der deutschen Volkswirtschaft vom Export ein stetiges Wachstum, da zahlreiche Handelspartner überschuldet seien.
„Löhne müssen steigen“
Die seitens der EU von Griechenland geforderten Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst lehnt die Linksfraktion ab. Diese Politik habe Entwicklungsländer bereits während der Schuldenkrise der 1980er Jahre in eine tiefe Wirtschaftskrise gestürzt. „Eine Senkung der Löhne und der Staatsausgaben gefährdet die wirtschaftliche Erholung in Europa und wird die politische Krise der EU vertiefen. Stattdessen müssen die Löhne in Deutschland steigen, um einen Beitrag zur Verringerung der Leistungsbilanzdefizite von Mitgliedstaaten der Euro-Zone zu leisten“, fordert die Fraktion.
In dem Antrag heißt es weiter, die Bundesregierung solle sich unter anderem auf europäischer Ebene für die Aussetzung des Verbotes des finanziellen Beistands für EU-Mitgliedstaaten einsetzen und den Handel mit Kreditausfallversicherungen, den sogenannten Credit Default Swaps (CDS), verbieten. Da sich Anleger mit ihnen gegen Kreditausfälle auch von Staaten absichern, können diese auch als Spekulationsinstrument gegen Regierungen benutzt werden.
„Das richtige Instrumentarium fehlt“
Zumindest in dieser Frage sieht auch die Bundesregierung Handlungsbedarf. Auf europäischer Ebene habe man dahingehende Initiativen angestoßen, sagte Kanzlerin Angela Merkel im Rahmen der Haushaltsdebatte am 17. März. Nötig sei jedoch ein „weltweites Vorgehen gegen das Spekulationsinstrument“.
Nach Ansicht Merkels fehle es derzeit im Euroraum am richtigen Instrumentarium, sagte sie. „Wir haben nicht gedacht, dass wir im Euroraum in eine Situation kommen, in der ein Land vor der Zahlungsunfähigkeit steht“. Die Antwort im Stabilitätspakt sehe als schärfste Sanktion vor, dass das Land Geld an die EU-Kommission zahlen müsse. „Ein Land, das kein Geld hat, kann auch kein Geld an die Kommission zahlen, oder wir führen die Zahlungsunfähigkeit noch besonders beschleunigt herbei, das wäre ja schwachsinnig“, sagte Merkel.
„Ausschluss aus dem Euroraum als ultima ration“
Daher würden die Vorschläge von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) darauf abzielen, „dass wir für die Zukunft ein Vertragswerk bekommen, in dem es in der ultima ratio sogar möglich ist, ein Land aus dem Euroraum auszuschließen, wenn es die Bedingungen langfristig immer und immer wieder nicht erfüllt“.
Zur Frage der Exportüberschüsse Deutschlands, die nach Ansicht der Linksfraktion durch „Steuerdumping bei den Unternehmenssteuern“ erzielt werden, meldete sich zuletzt auch die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde zu Wort. Lagarde verlangt, die Bundesrepublik solle die Steuern senken und so die inländische Nachfrage ankurbeln. In jedem Falle solle Deutschland seine Exportquote senken. „Der deutsche Handelsüberschuss gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit anderer Staaten in der Eurozone“, sagte sie.
„Absurder Vorwurf“
Für derartige Forderungen hat der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs, kein Verständnis. Der Vorwurf, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und der deutsche Exportüberschuss würden die Eurozone oder andere europäische Volkswirtschaften in Schwierigkeiten bringen, sei absurd.
„Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie gefährdet nicht andere Staaten der Eurozone, sondern sorgt für den stabilen Außenwert des Euro und das Vertrauen der Kapitalmärkte in die gemeinsame Währung und niedrige Zinsen“, sagte Fuchs. Davon profitierten gerade jetzt hoch verschuldete Mitglieder der Eurozone und solche mit Importüberschuss.