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6. April 2020 Presse

Schäuble und Ferrand: „Solidarität in Europa mit Vertrauen und Geduld unterstützen“

Gemeinsame Erklärung der Präsidenten von Deutschem Bundestag und Assemblée nationale

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und sein französischer Amtskollege Richard Ferrand fordern in einer heute veröffentlichten gemeinsamen Erklärung schnelle europäische Reaktion auf die wirtschaftlichen Probleme, die durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurden. „Gerade angesichts dieser Herausforderung muss sich die deutsch-französische Freundschaft und muss sich Europa bewähren“, betonen die beiden Parlamentspräsidenten.

Um schnell reagieren zu können und ein „ein Zeichen der Solidarität zu setzen“, plädieren sie dafür, die bereits „zur Verfügung stehenden Instrumente (…) mit aller gebotenen Flexibilität“ zu nutzen und ggf. auszuweiten: den Haushalt und den mehrjährigen Finanzrahmen mit allen Struktur-, Regional- und Sozialfonds, die Europäische Investitionsbank sowie den ESM.

Schäuble und Ferrand versichern, dass die Parlamente in dieser Krisensituation die Regierungen „bei allen Bemühungen zur Bekämpfung der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen und bei größtmöglicher Solidarität in Europa unterstützen“ wollen. Zudem sehen sie eine wichtige Aufgabe der Volksvertretungen darin, eine Debatte über „neue Schritte hin zu mehr Solidarität und finanzpolitischer Integration“ in Europa zu führen und dabei für mehr gegenseitiges Verständnis zu werben. „Als Parlamente werden wir unseren Beitrag dazu leisten, dass die freiheitliche Demokratie mit ihren Regeln und Prinzipien der Tragweite dieser Krise gewachsen ist“, bekräftigen Schäuble und Ferrand.

„Wir appellieren an alle Menschen in unseren Ländern“, schreiben der Bundestagspräsident und der Präsident der Assemblée nationale, „die gebotene Solidarität in Europa mit Vertrauen und Geduld zu unterstützen“.

Der Deutsche Bundestag und die französische Nationalversammlung pflegen enge und freundschaftliche Beziehungen. Die Parlamentspräsidien treffen sich regelmäßig, auch Ausschüsse und andere Gremien tauschen sich aus und tagen gemeinsam. Aus dem deutsch-französischen Parlamentsabkommen, das 2019 von der Nationalversammlung und dem Bundestag verabschiedet wurde, ist die Deutsch-Französische Parlamentarische Versammlung hervorgegangen – ein bisher einmaliges Format der Zusammenarbeit in Europa. Sie setzt sich aus fünfzig Mitgliedern der Nationalversammlung und fünfzig Mitgliedern des Deutschen Bundestages zusammen und hat bereits drei Mal getagt (am 25. März 2019 in Paris, am 23. September 2019 in Berlin sowie am 5./6. Februar 2020 in Straßburg). Die gemeinsame Parlamentskammer erarbeitet konkrete und pragmatische Vorschläge für die Zusammenarbeit beider Länder - in grenznahen Regionen als auch in Europa.


Gemeinsame Erklärung von Wolfgang Schäuble und Richard Ferrand (Wortlaut):

Die Corona-Pandemie fordert die Menschheit in einer so bislang nicht gekannten Weise.

Gerade angesichts dieser Herausforderung muss sich die deutsch-französische Freundschaft und muss sich Europa bewähren.

Jetzt müssen schnell erste Maßnahmen ergriffen werden. Dabei sollten wir die uns zur Verfügung stehenden Instrumente soweit wie irgend möglich nutzen, um auf die dringliche Lage zu reagieren und ein Zeichen der Solidarität zu setzen.

Wir können und müssen daher folgende Instrumente mit aller gebotenen Flexibilität mobilisieren und ausweiten:

  • europäischer Haushalt und MFR (mehrjähriger Finanzrahmen) mit allen Struktur-, Regional- und Sozialfonds,
  • Europäische Investitionsbank
  • ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus)

Zudem werden in dieser Krise nationale wie europäische Schuldenregeln vorübergehend außer Kraft gesetzt.

Angesichts dieser Krise ungekannten Ausmaßes müssen wir jedoch auch über neue Schritte hin zu mehr Solidarität und finanzpolitischer Integration nachdenken. Wir sind überzeugt, dass diese Debatte geführt werden sollte, und dass unsere Parlamente ihren Beitrag leisten können, um Missverständnisse auszuräumen und gemeinsam voranzukommen.

Unsere beiden Parlamente sind sich einig, unsere Regierungen bei allen Bemühungen zur Bekämpfung der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen und bei größtmöglicher Solidarität in Europa zu unterstützen und soweit erforderlich die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Als Parlamente werden wir unseren Beitrag dazu leisten, dass die freiheitliche Demokratie mit ihren Regeln und Prinzipien der Tragweite dieser Krise gewachsen ist.

Unsere gemeinsame deutsch-französische Versammlung erarbeitet konkrete Vorschläge für die Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern und in Europa und insbesondere auch für die Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

Wir appellieren an alle Menschen in unseren Ländern, die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise einschließlich der gebotenen Einschränkungen in unser aller Alltagsleben und die gebotene Solidarität in Europa mit Vertrauen und Geduld zu unterstützen.