UN-Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte
Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung unterstützt weiterhin ein UN-Abkommen für Wirtschaft und Menschenrechte, das bekräftigte ein Vertreter der Bundesregierung am Mittwoch in einer Unterrichtung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Der seit 2014 von den Vereinten Nationen verhandelte sogenannte „Binding Treaty“ soll nach erfolgreicher Ratifizierung Staaten weltweit verpflichten, international tätige Unternehmen in Haftung zu nehmen, Menschenrechte und Umweltstandards einzuhalten. Die Bundesregierung engagiere sich im Prozess und habe dementsprechend an der jüngsten Sitzung der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe im UN-Menschenrechtsrat in Genf in der vergangenen Woche teilgenommen, sagte der Regierungsvertreter.
Entscheidend allerdings sei eine gemeinsame, abgestimmte europäische Position: „Wir befürworten den Ansatz des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), dass sich die EU im Prozess einheitlich engagiert“, erklärte der Vertreter des Auswärtigen Amtes. Unzufriedenheit gebe es jedoch über die unzureichende EU-interne Auseinandersetzung mit dem Treaty-Prozess. „Wir bedauern, dass nicht rechtzeitig eine strukturierte, gemeinsame Analyse der Vertragsartikel vorgenommen wurde.“
Der im August von der ecuadorianische Verhandlungsleitung überarbeitete Vertragsentwurf komme aber gegenüber dem Vorgängerentwurf den von der EU-Kommission und Bundesregierung geäußerten Bedenken entgegen. „So gibt es inzwischen eine Abkehr von der Position, nur transnationale Unternehmen in den Anwendungsbereich zu nehmen“, berichtete der Vertreter des Auswärtigen Amtes. Auch in Konzept und Sprache entspreche der Entwurf jetzt mehr den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Diese 2011 verabschiedeten Leitprinzipien seien insgesamt der „maßgebliche, globale Standard - und der Kompass für die Arbeit im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte“.
Für den Erfolg eines völkerrechtlichen Vertrags seien aus Sicht der Bundesregierung drei Punkte zentral: So setzte sie sich dafür ein, dass alle Unternehmen von einer Regelung erfasst würden. Ein Vertrag müsse sich zudem „nahtlos einfügen in die Konzeption der UN-Leitprinzipien“ und „realistischerweise umsetzbar“ sein, erklärte der Regierungsvertreter. Nur so könne eine vergleichbare, einheitliche Rechtspraxis gewährleistet werden.
Dem Vertragsprozess fehle jedoch bislang die „nötige Zugkraft“, stellte der Außenamt-Vertreter bedauernd fest. Ein Grund dafür sei die Zurückhaltung „zentraler Akteure wie USA, Kanada, Japan, Australien und sogar Norwegen“. Staaten wiederum, die sich sonst im Menschenrechtsfragen „wenig hervortun“, engagierten sich hingegen stärker, so der Regierungsvertreter mit Blick auf Iran, Ägypten und Venezuela. Da müsse sich Deutschland genau überlegen, ob es mit diesen Ländern in einer Reihe stehen wolle. Schließlich gebe es Gruppe von Staaten wie Russland und China, die sich zwar am Prozess beteiligten, aber nur, um „tiefgreifende Kritik“ an dem Entwurf zu äußern und ihre Positionen zu verankern.
In der anschließenden Diskussion äußerten Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Vertragsprozesses. Nicht nur sei fraglich, ob das Abkommen mehr biete als die UN-Leitprinzipien. Unsicher sei auch, ob die EU zu einer einheitlichen Position gelangen könne. Die AfD-Fraktion monierte zudem, Unternehmen würden unter „Generalverdacht“ gestellt. Weder an einer „überflüssigen“ noch einer „schädlichen Vertragslösung“ solle Deutschland mitwirken. Dem widersprach die SPD-Fraktion: Staaten wie die Bundesrepublik mit einer starken Wirtschaft könnten die nötige „treibende Kraft“ sein, um auf Sorgfaltspflichten von Unternehmen hinzuweisen. Abgeordnete der Fraktionen von FDP und Bündnis 90/Die Grünen jedoch warfen Bundesregierung vor, zu passiv zu agieren, um den Vertragsprozess wirksam voran zu bringen. Die Linke plädierte dafür, stärker mit den EU-Staaten zu kooperieren, die einem Abkommen positiv gegenüberstehen.