KI-Enquete beschließt Abschlussbericht
Berlin: (hib/SCR) Nach knapp über zweijähriger Arbeit hat die Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz (KI) am Montagnachmittag ihren Abschlussbericht beschlossen. Die Vorlage wurde mit großer Mehrheit angenommen. Die Vertreterinnen der Fraktion Die Linke hatten getrennte Abstimmung der Kapitel zu den Themen Ethik beziehungsweise Wirtschaft beantragt. Die beiden Vertreterinnen der Linken stimmten jeweils zusammen mit einem sachverständigen Mitglied gegen die beiden Kapitel bei Enthaltung eines weiteren sachverständigen Mitglieds und Zustimmung aller anderen Kommissionsmitglieder gegen die beiden Teile des Abschlussberichts. Den übrigen Teilen des Berichtes stimmten bei Enthaltung der beiden Linken-Vertreterinnen und eines sachverständigen Mitglieds alle übrigen Mitglieder zu. Der mit Anlagen mehr als 800 Seiten starke Bericht enthält Sondervoten aller Fraktionen zu einzelnen Punkten des Berichtes. Der Bericht soll am Mittwoch an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) übergeben werden.
Die Vorsitzende des Gremiums, Daniela Kolbe (SPD), sprach nach der Abstimmung von einer „intensiven Zeit“ der Kommissionsarbeit. Der Bericht sei ein „gutes Papier“, das nachzeichne, was der Konsens im Deutschen Bundestag ist und wo es noch Diskussionsbedarf gibt. Sie freue sich, dass der Bericht viele Umsetzungsvorschläge enthalte. Die eigentliche Arbeit beginne jetzt erst, betonte die Vorsitzende. Dieser und der nächste Bundestag seien nun gefordert.
Die Kommission stellt ihre Ausarbeitung unter das Leitbild einer „menschenzentrierten KI“. Die Technologie sei „die nächste Stufe einer durch technologischen Fortschritt getriebenen Digitalisierung“, heißt es in dem Bericht. Mit der Entwicklung gehe ein Wertewandel einher, der „nicht per se schlecht“ sei, aber einer „demokratischen Gestaltung“ bedürfe. Der Fokus auf den Menschen bedeutet für die Kommission, „dass KI-Anwendungen vorrangig auf das Wohl und die Würde der Menschen ausgerichtet sein und einen gesellschaftlichen Nutzen bringen sollten“. Unter dieser Prämisse ließe sich das positive Potenzial dieser Anwendungen ausschöpfen und das Vertrauen der Anwender am besten begründen und bestärken. „Dieses Vertrauen ist grundlegender Schlüssel für die gesellschaftliche Akzeptanz und den wirtschaftlichen Erfolg dieser Technologie“, schreibt die Kommission. Den Erfolg wiederum benötige es, um eine KI „europäischer Prägung“ zu etablieren. In dem Bericht grenzt die Kommission eine „KI made in Germany“ beziehungsweise „KI made in Europe“ von chinesischen beziehungsweise US-amerikanischen Ansätzen ab.
Den Schwerpunkt des Berichts bilden die Berichte der Projektgruppen. Die Kommission hatte sich in diesen in zwei Phasen umfassend mit den Themenbereichen „KI und Wirtschaft“, „KI und Staat“, „KI und Gesundheit“, „KI und Arbeit, Bildung, Forschung“, „KI und Mobilität“, „KI und Medien“ befasst. Neben den bereichsspezifischen Bestandsaufnahmen und jeweils zahlreichen Handlungsempfehlungen hat die Kommission zudem übergreifende Themenbereiche identifiziert, wie zum Beispiel die Bereiche „KI und Daten“, „KI und der Umgang mit Risiko“, „KI und Forschung“ und „KI und ökologische Nachhaltigkeit“.
Mit Blick auf Daten fordert die Kommission unter anderem den Aufbau einer europäischen Infrastruktur und verweist auf die GAIA-X-Pläne. Zudem soll Unternehmen der Zugang zu und das Teilen von Daten erleichtert werden, was aus Sicht der Kommission mögliche Anpassungen im Kartellrecht sowie im Wettbewerbsrecht erfordert. Aus Sicht der Enquete-Kommission muss zudem die KI-Forschung mit mehr Ressourcen ausgestattet und der Transfer von Forschung in die Anwendung verbessert werden.
Hinsichtlich ökologischer Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit KI schlägt die Kommission unter anderem der Bundesregierung vor, die in ihrer KI-Strategie angestrebte Förderung von Anwendungen zum Nutzen von Umwelt und Klima ambitioniert auszubauen und umzusetzen. Zudem empfiehlt die Kommission, die Datenbasis zu positiven und negativen Effekten von KI-Anwendungen auf den Energieverbrauch zu verbessern.
Zu dem unter dem Stichwort Bias diskutierten Risiko diskriminierender KI-Anwendung empfiehlt die Kommission, den Transfer bereits bestehender Forschungserkenntnisse zu Diskriminierungserkennung und -vermeidung in den Software-Entwicklungsalltag zu fördern. Individuen müssten zudem in die Lage versetzt werden, sich gegen Diskriminierung durch KI zu wehren. „Um dies sicherzustellen, braucht es, wenn KI über Menschen urteilt, einen Anspruch auf Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Erklärbarkeit von KI-Entscheidungen, damit eine gerichtliche Überprüfung automatisierter Entscheidungen möglich ist“, heißt es in dem Bericht.
Der Bundestag hatte die Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz - Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche, soziale und ökologische Potenziale“ am 28. Juni 2018 auf Antrag von Union, SPD, FDP und Die Linke (19/2978) eingesetzt. Der Kommission, die sich am 27. September 2018 konstituiert hatte, gehörten 19 Abgeordnete des Bundestages und 19 sachverständige Mitglieder an.