Geteiltes Echo auf Gesetzentwurf zur Investitionsbeschleunigung
Berlin: (hib/SAS) Straßen, Schienen, Häfen oder Windparks - Experten begrüßen das Bestreben der Bundesregierung, Planung und Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte zu beschleunigen. Ob der dazu eingebrachte Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Investitionen (19/22139) jedoch tatsächlich in der Praxis diese gewünschte Wirkung entfalten wird, sehen Experten teilweise skeptisch. Das zeigte eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur unter der Leitung der stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Daniela Kluckert (FDP) am Montagnachmittag. Gegenstand der Anhörung war neben dem Regierungsentwurf auch ein Gesetzentwurf der FDP-Fraktion für ein Bundesfernstraßen-Baubeschleunigungsgesetz (19/22106).
Enttäuscht zeigte sich Bund der Deutschen Industrie (BDI). Der Regierungsentwurf sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, erfülle aber nicht die „hohen Erwartungen“. Um Infrastrukturvorhaben effektiv zu beschleunigen, bewege der Entwurf „zu wenige der zur Verfügung stehenden bundesgesetzgeberischen Hebel“, hieß es in der Stellungnahme des Verbands. Planungs- und Genehmigungsverfahren hätten sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. „Wir müssen massiv entschlacken und diese Verfahren vereinfachen“, forderte Jürgen Hasler, Abteilungsleiter Mobilität und Logistik beim BDI. Daher sei es „überraschend“, dass Stichtagsregelungen oder Schwellenwerte für Umweltverträglichkeitsprüfungen nur teilweise umgesetzt worden seien.
Rechtsanwalt Dr. Frank Fellenberg beurteilte hingegen die von der Regierung geplanten Maßnahmen insgesamt als „gut geeignet, um den beabsichtigten Beschleunigungseffekt zu erzielen“. Die Vorschläge hielten „Maß und sie entwerten weder die Zulassungsverfahren noch den gerichtlichen Rechtsschutz“, so der Fachanwalt für Verwaltungsrecht in seiner Stellungnahme. Punktuell schlug er jedoch Änderungen vor. So befürchtete er unter anderem, dass die angestrebte Änderung des Raumordnungsverfahrens (ROV) nur „bedingt geeignet“ sei, in der Praxis einen „echten Mehrwert“ zu generieren. Er empfahl daher, auf das vorgelagerte ROV ganz zu verzichten und die Prüfung der Raumverträglichkeit auf das Zulassungsverfahren zu konzentrieren.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) meldete ebenfalls Ergänzungsbedarf an. So monierte Martin Henke, Geschäftsführer Eisenbahnverkehr, der Entwurf lasse den Bereich der städtischen Schienenbahnen unberücksichtigt. Mit „Blick auf die aktive Partnerschaft des ÖPNV bei Verkehrswende, Klimaschutz und Luftreinhaltung“ plädiere er dafür, die für das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) vorgesehenen Änderungen auch im Personenbeförderungsgesetz (PBefG) festzuschreiben, so Henke. Durch das neue Gemeindefinanzierungsgesetz und entsprechend „aufgestufte Mittel“ sei mit zahlreichen neuen Projekten im Öffentlichen Personennahverkehr zu rechnen. „Wenn diese nach dem Regeln des bisherigen Planungsrechts angegangen werden, wird es viele Jahre dauern, bis die Mittel wirklich abfließen“, warnte Henke. Das gelte es zu ändern.
Dieser Forderung schloss sich auch der Deutsche Städtetag an: Es sei nicht nachvollziehbar, warum die vorgesehenen Erleichterungen beim Ausbau des schienengebundenen Personen- und Güterverkehrs nicht auch beim städtischen Schienenverkehr gleichermaßen umgesetzt werden sollen, so Hilmar von Lojewski, Leiter des Dezernats Stadtentwicklung, Bauen, Wohnen und Verkehr bei dem kommunalen Spitzenverband. Auch im Nahverkehr dauerten Planungs- und Genehmigungsverfahren viel zu lang. Hinzu kämen nicht selten zähe gerichtliche Auseinandersetzungen. Hier könnten „Fristen“ wie gesetzliche Stichtagsregelungen helfen, so von Lojewski und appellierte an die Bundesregierung nachzubessern. „Auf kommunaler Ebene sind wir auch bereit, dafür unsere Klagerechte einzuschränken.“
Eleonore Lohrum, Leiterin der Rechtsabteilung Infrastrukturrecht der Deutschen Bahn AG, lobte den Plan, Vorhaben im Rahmen der Digitale Schiene Deutschland, zur Lärmsanierung sowie kleinere bis mittlere Elektrifizierungsvorhaben von der Planfeststellungs- und Plangenehmigungspflicht freizustellen, sofern keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehe. Das werde eine Reihe „bedeutsamer und unumstrittener Vorhaben“ beschleunigen. Noch mehr Wirksamkeit könne das geplante Gesetz jedoch entfalten, wenn - wie vom Bundesrat ebenfalls gefordert - künftig nur noch dann ein Antrag auf Planfeststellung zu stellen sei, wenn eine UVP-Plicht bestehe.
Rechtsanwalt Dirk Teßmer sah eine grundsätzliche Freistellung von der UVP-Pflicht bei Bau, Ausbau oder Elektrifizierung von Schienenwegen kritisch. Auch die Errichtung von Lärmschutzwänden etwa könne relevante Auswirkungen auf die Umwelt haben, die es im Einzelfall zu ermitteln und bewerten gelte, betonte Teßmer: „Einfluss auf Vögeln oder andere Flugtiere, Zerschneidungswirkungen auf Stadt- und Landschaftsbild oder auch Lärmreflektionen - das lässt sich nicht gut pauschal fassen.“ Es müsse daher mindestens eine UVP-Vorprüfungspflicht statuiert werden.