Zeuge schildert Konflikt um VP01
Berlin: (hib/WID) Ein Zeuge aus der Behörde des Generalbundesanwalts hat dem 1. Untersuchungsausschuss seine Wahrnehmung einer Auseinandersetzung zwischen Bundeskriminalamt (BKA) und nordrhein-westfälischem Landeskriminalamt um die Einschätzung eines Informanten im radikalislamischen Milieu geschildert. Er habe die zunächst skeptische Bewertung der sogenannten VP01 durch das BKA als Gefahr für eine laufende Ermittlung empfunden, in einer Besprechung zu diesem Konflikt allerdings nicht darauf gedrängt, das BKA möge seine Einschätzung korrigieren, sagte der Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof Horst Rüdiger Salzmann am Donnerstag. Der heute 63-jährige Zeuge leitet seit 2006 ein Ermittlungsreferat für Delikte aus dem Bereich des radikalislamischem Terrorismus.
Er sei im Jahr 2015 mit drei Verfahren befasst gewesen, für die Erkenntnisse der vom Düsseldorfer LKA geführten VP01 von maßgeblicher Bedeutung gewesen seien, berichtete der Zeuge. Auf dieser Grundlage habe er vom zuständigen Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof mehrfach die Genehmigung von Überwachungsmaßnahmen erwirkt. Umso irritierter sei er gewesen, als Gefährdungsanalysten des BKA Anfang 2016 Zweifel an der Zuverlässigkeit des Informanten äußerten. Er habe dadurch die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Ermittlungsrichter gefährdert gesehen und zu einer Besprechung nach Karlruhe eingeladen, die am 23. Februar 2016 unter seiner Leitung stattgefunden habe.
Anwesend waren die beiden mit dem Fall befassten Beamten aus dem BKA sowie Vertreter der Landeskriminalämter in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, unter ihnen zwei für VP01 zuständige V-Mann-Führer. Die Besprechung sei kontrovers, aber in nicht übermäßig erregter Atmosphäre verlaufen. Keiner der Beteiligten sei laut geworden, sagte der Zeuge. Die Beamten des BKA hätten sich überrascht gezeigt, als er die befürchteten Konsequenzen ihres skeptischen Urteils für den Fortgang seiner Ermittlungen dargestellt habe. Sie hätten ihre Einschätzung mit dem Hinweis begründet, es sei unwahrscheinlich, dass ein einzelner Informant zwei unterschiedliche Anschlagspläne in Erfahrung bringen könne.
Die V-Mann-Führer aus Düsseldorf hätten die Umstände des Einsatzes der VP01 dargestellt, insbesondere, dass sie das Vertrauen einer im Milieu hoch angesehenen Persönlichkeit genieße und mit der Legende auftrete, selber einen Anschlag zu planen. Die BKA-Vertreter hätte eingeräumt, das bisher nicht gewusst zu haben, und zugesagt, auf dieser neuen Grundlage ihre Bewertung zu ändern. Der Fall sei damit für ihn erledigt gewesen. Er habe nach Ende der Besprechung als erster den Raum verlassen.
Der Zeuge bestätigte, dass er am Tag danach von einem Vieraugengespräch zwischen dem Leiter der Ermittlungskommission in Düsseldorf und einem der beiden BKA-Vertreter erfahren habe. Ihm sei auch bekannt, dass der BKA-Beamte bei dieser Gelegenheit seine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Informanten mit einer „Anweisung von ganz oben“ begründet habe. Nach seiner Überzeugung habe das Gespräch so stattgefunden. Er könne aber ausschließen, dass darin der Name des damaligen Innenministers gefallen sei. Er hätte sich das sonst gemerkt. Da es sich um eine vertrauliche Unterredung gehandelt habe, habe er keinen Vermerk anzufertigen und auch davon abgesehen, den Vorgesetzten des BKA-Beamten zu verständigen. Dies hätte er nur für erforderlich gehalten, wenn der Vorgang „erhebliche Nachteile in der Sache“ zur Folge gehabt hätte. Dies sei aber nicht der Fall gewesen.
Der Zeuge widersprach der Darstellung, er habe in der Besprechung das BKA aufgefordert, seine Einschätzung zu ändern: „Mit Verlaub werde ich den Teufel tun.“ Er habe lediglich „die Ausgangslage geschildert“.