Verbesserung der Luftsicherheit
Berlin: (hib/WID) Ein Gesetzesvorstoß des Bundesrates zur Verbesserung der Sicherheit im Luftverkehr findet unter Experten überwiegend Zuspruch. Allerdings äußerten Vertreter der Luftfahrtbranche am Montag vor dem Ausschuss für Inneres und Heimat grundsätzliche Einwände. Der Bundesrat hatte auf Initiative Niedersachsens im September 2018 einen Entwurf zur Änderung des Luftsicherheitsgesetzes (321/18) verabschiedet und dem Bundestag zur Einbringung zugeleitet. Demnach sollen Fluggesellschaften verpflichtet werden, die Ausweise ihrer Passagiere beim Einstieg zu prüfen und mit den Daten auf der Bordkarte abzugleichen. Dies ist in Deutschland bisher nicht vorgeschrieben. Anlass der niedersächsischen Initiative war der Fall des irakischen Asylbewerbers Ali B., der im Juni 2018 nach dem Mord an einer jungen Frau mit seiner Familie unter falschem Namen von Düsseldorf über Istanbul nach Erbil flog.
Der Professor für Luftrecht an der Technischen Universität Berlin Elmar Giemulla wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass es innerhalb des Schengen-Raums heute relativ problemlos möglich sei, ein Flugzeug unter falschem Namen zu besteigen, weil dabei lediglich die Bordkarten vorzuweisen seien. Passagiere mit außereuropäischen Reisezielen würden zwar von der Grenzpolizei kontrolliert, die aber nur die Ausweise, nicht die bei der Buchung zur Person des Reisenden gemachten Angaben überprüfe. Mit Europarecht sei die vom Bundesrat angeregte Neuregelung ohne weiteres vereinbar, meinte Giemulla.
Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Sven Huber nannte die geltende Rechtslage „aus polizeilicher Sicht unbefriedigend“. Ein Identitätsnachweis als Voraussetzung für den Zugang zum Sicherheitsbereich eines Flughafens sei derzeit nicht in allen Fällen gewährleistet. Die unterschiedlichen Sicherheitsstandards bei Flügen innerhalb und außerhalb des Schengen-Raums widersprächen der Intention des Luftsicherheitsgesetzes. Auch illegaler Migration werde damit Vorschub geleistet.
Ebenfalls zustimmend äußerte sich der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Ulrich Kelber, nach dessen Worten ein Abgleich der Personalausweise mit den Bordkarten der Reisenden durch die Luftfahrtunternehmen „zulässig“ wäre. Kelber hob das Interesse der Fluggesellschaften selber hervor, über die Identität ihrer Passagiere zweifelsfrei Bescheid zu wissen als Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung des Beförderungsvertrages. Unzulässig wäre nach seinen Worten allein eine anlasslose Langzeitspeicherung von Fluggastdaten.
Gunter Ceuppens von Nationalen Krisenzentrum Belgiens in Brüssel sprach sich für eine europaweit einheitliche Regelung aus. In diesem Sinne habe sich im Frühjahr 2018 auch eine Expertenrunde aus allen EU-Staaten geäußert. Bisher ist der Abgleich von Passagierdaten mit Personaldokumenten nur in Belgien, Frankreich, Luxemburg und Ungarn Pflicht. Auch wenn hundertprozentige Sicherheit nie zu gewährleisten sei, habe eine solche Regelung doch ihren unbestreitbaren Mehrwert. Uta Schöneberg, Referatsleiterin in niedersächsischen Innenministerium nannte es „erstaunlich“, dass die „Zuordnung von Fluggastdaten zu den tatsächlich reisenden Personen“ noch immer nicht gewährleistet sei. Kriminelle profitierten von diesem Zustand. Eine Neuregelung käme den Ermittlungsinteressen der Sicherheitsbehörden zugute.
Dagegen erklärte Lufthansa-Sicherheitschef Jürgen Faust den Vorschlag des Bundesrates für „nicht geeignet, die Luftsicherheit zu erhöhen“. Er äußerte Zweifel an der Umsetzbarkeit einer Neuregelung und warnte vor weiteren Verspätungen im Flugverkehr als unvermeidlicher Folge. Ähnlich äußerte sich Sebastian Zurfähr, Leiter des Bereichs Luftsicherheit im Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Identitätskontrollen seien ein hoheitliche Aufgabe, Fluggesellschaften als „Hilfspolizisten“ nicht geeignet. Gegen den Vorstoß des Bundesrates bestünden daher auch „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“.