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28.01.2020 Verteidigung — Unterrichtung — hib 108/2020

Bartels mahnt innere Reform an

Berlin: (hib/AW) Die Bundeswehr hat weiterhin mit Personallücken, materieller Mangelwirtschaft und bürokratischer Überorganisation zu kämpfen. Dies geht aus dem Jahresbericht 2019 des Wehrbeauftragten des Bundestages (19/16500), Hans-Peter Bartels, hervor, den er am Dienstag an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble übergab. Die Truppe spüre die eingeleiteten sogenannten „Trendwenden“ bei Personal, Material und Infrastruktur trotz steigender Verteidigungsausgaben „nicht wirklich“. Da alte Strukturen und Prozesse nicht mehr passten, liefen allzu viele Anstrengungen „ins Leere“, heißt es Bartels Bericht.

Nach Angaben des Wehrbeauftragten waren Ende 2019 rund 21.000 Dienstposten bei Offizieren und Unteroffizieren nicht besetzt, bei den Mannschaftsdienstgraden waren es 2.100. Die Zahl der Bewerber bei der Bundeswehr sei zwar leicht von 52.200 im Jahr 2018 auf 53.100 im vergangenen Jahr erhöht, trotzdem sei dies „das zweitschlechteste Ergebnis seit Aussetzung der Wehrpflicht“, betont Bartels. Besonders drastisch sei der Personalmangel bei der Marine, bei den Hubschrauberpiloten, bei den Fachärzten im Sanitätsdienst, den Fernmeldetechnikern, den Heeresaufklärern und der Artillerietruppe. Schwerwiegende Auswirkungen habe der Personalmangel bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr. „Wenn Personallücken im Auslandseinsatz durch die immer wieder gleichen Spezialisten gefüllt werden und die Einsatzstehzeit im Heer schon wieder bei sechs Monaten liegt, geht das eindeutig zu Lasten der Vereinbarkeit von Dienst und Familienleben“, moniert Bartels.

Auch die Materiallage bereitet dem Wehrbeauftragten weiterhin Sorge. Nach Auskunft des Verteidigungsministeriums sei es „bisher nicht gelungen, die materielle Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme deutlich zu verbessern“, sie liege auf dem schlechten Niveau der Vorjahre. Trotz des steigenden Budgets für rüstungsintensive Ausgabe seien im vergangenen Jahr rund 1,1 Milliarden Euro nicht wie geplant ausgegeben worden, weil sich große Rüstungsprojekte weiter verzögert hätten. „Das meiste, was unsere Streitkräfte an Ausrüstung brauchen, vom Rucksack bis zum leichten Verbindungshubschrauber, muss nicht immer wieder erst in umständlichen funktionalen Fähigkeits-Forderungen abstrakt definiert, dann europaweit ausgeschrieben, neu erfunden, vergeben getestet, zertifiziert und schließlich in kleinen Tranchen über 15 Jahre hinweg in die Bundeswehr eingeführt werden“, mahnt Bartels. „Man kann es auch einfach kaufen.“

Handlungsbedarf sieht der Wehrbeauftragte auch beim inneren Zustand der Truppe. So habe der Militärische Abschirmdienst (MAD) im vergangenen Jahr insgesamt 363 neue Verdachtsfälle wegen Rechtsextremismus untersuchen müssen, 45 Soldaten seien vorzeitig entlassen worden. Allerdings sei die Bundeswehr nach seinem Eindruck „sensibel“ für das Thema. Bartels regt an, dass der MAD zukünftig selbst einmal im Jahr öffentlich über die Ergebnisse seiner Arbeit berichten soll. Gestiegen sei auch die Zahl der gemeldeten sexuellen Belästigungen und Übergriffe: von 288 (2018) auf 345 im Jahr 2019. An den Regeln des Umgangs zwischen den Geschlechtern müsse weiter gearbeitet werden, das Problem werde nicht durch den steigenden Frauenanteil in der Truppe gelöst. Leicht gesunken ist hingegen die Zahl der persönlichen Eingaben von Soldaten beim Wehrbeauftragten: von 2.534 (2018) auf 2.459.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) fordert Bartels in seinem Bericht auf, die Ergebnisse aus dem von ihrer Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) aufgelegte Programm „Innere Führung - heute“ umzusetzen. Im Rahmen des Programms seien unter „vorbildlicher Einbeziehung“ von Soldatinnen und Soldaten aller Organisationsbereiche und Dienstgradgruppen Vorschläge für eine innere Reform erarbeitet worden. „Dezentrale, ganzheitliche Verantwortungswahrnehmung in Bataillonen, Brigaden und Geschwadern lautet das Gebot der Stunde“, mahnt Bartels.