BKA-Beamter streitet Vorwürfe ab
Berlin: (hib/WID) Vor dem 1. Untersuchungsausschuss („Breitscheidplatz“) hat ein leitender Beamter des Bundeskriminalamtes energisch bestritten, dass seine Behörde Anfang 2016 versucht habe, einen langjährigen Informanten des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes aus dem Verkehr zu ziehen. Insbesondere habe er zu keinem Zeitpunkt eine solche Absicht mit einem Kollegen aus dem Düsseldorfer LKA unter vier Augen erörtert oder gar behauptet, dies geschehe „auf Anweisung von ganz oben“, betonte der Erste Kriminalhauptkommissar Philipp K. am Donnerstag. Der heute 39-jährige Zeuge gehört nach eigenen Worten dem BKA seit 2001 an und war von 2010 bis vor kurzem mit der Bewertung von Gefährdungslagen befasst.
K. bestätigte, dass es Ende 2015 und Anfang 2016 zwischen dem BKA und dem nordrhein-westfälischen LKA Differenzen in der Einschätzung eines V-Mannes gegeben habe, den die Düsseldorfer als „VP01“ im radikalislamischen Milieu führten. Der Informant war damals im „Deutschen Islamkreis“ (DIK) um den Hildesheimer Hassprediger Abu Walaa unterwegs. Er berichtete zwischen Sommer und Spätherbst 2015 über drei verschiedene Attentatsprojekte, die ihm dort zu Ohren gekommen seien. Das BKA schätzte in jedem dieser Fälle die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich zu einem Anschlag kommen werde, als außerordentlich gering ein, ohne allerdings, wie der Zeuge K. hervorhob, die Glaubwürdigkeit der VP01 grundsätzlich in Zweifel zu ziehen.
In erster Linie habe es im BKA als ausgeschlossen gegolten, dass Islamisten, die ernsthaft einen Anschlag vorbereiten, einem nicht unmittelbar tatbeteiligten Außenstehenden davon erzählen. Dies widerspreche jeglicher Erfahrung. Zudem hätten die weiteren Ermittlungen keinerlei Hinweise erbracht, dass sich die Pläne konkretisierten. Die Bewertungsgrundlage habe sich allerdings in einer Besprechung beim Generalbundesanwalt am 23. Februar 2016 fundamental geändert.
Hier habe der anwesende Düsseldorfer Ermittlungsleiter, Kriminalhauptkommissar M, erstmals mitgeteilt, dass der Informant im radikalislamischen Milieu nicht als neutraler Beobachter, sondern als Lockspitzel unterwegs war. Er habe vorgeben sollen, selber einen Anschlag zu planen und nach Mitstreitern zu suchen. Die anwesenden BKA-Vertreter seien von dieser Enthüllung völlig überrascht und auch erheblich verärgert gewesen, weil sie so spät davon erfuhren.
In der öffentlichen Sitzung am 14. November 2019 hatte Kriminalhauptkommissar M. dem Ausschuss berichtet, dass nach dieser Besprechung der Kollege K. auf ihn zugekommen sei und ihm unter vier Augen anvertraut habe, es sei „von ganz oben“ angeordnet, die VP01 „aus dem Spiel zu nehmen“ weil sie „zu viel Arbeit“ mache. K. habe seinen Gruppenleiter Sven K. und das Innenministerium als Urheber dieser Weisung genannt. Philipp K. selbst widersprach in seiner Anhörung kategorisch: „Ich kann Ihnen nur versichern, dass ein solches Vieraugengespräch mit diesem Inhalt mit Sicherheit nicht stattgefunden hat“, sagte er.
Er könne nicht vollständig ausschließen, nach der Besprechung beim Generalbundesanwalt mit dem Kollegen M. noch ein paar persönliche Worte gewechselt zu haben. Er könne aber mit Gewissheit sagen, das zwischen ihnen beiden nie davon die Rede gewesen sei, die VP01 mundtot zu machen. Dies sei im übrigen auch gar nicht geschehen. Vielmehr habe das BKA nach dem Termin in Karlsruhe die Glaubwürdigkeit des Informanten ausdrücklich positiver bewertet als zuvor.