Expertenkritik an Waffenrechtsgesetz
Berlin: (hib/HAU) Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines „Dritten Waffenrechtsänderungsgesetzes“ (19/13839) stößt bei Sportschützenverbänden auf Kritik. Während einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am Montagnachmittag sagte Jörg Brokamp, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Schützenbundes (DSB), die geplante Verschärfung des Waffenrechts drücke ein gewaltiges Misstrauen und einen Generalverdacht gegenüber den Schützenverbänden und ihren Mitgliedern aus. Die überzogenen Restriktionen führten zu Unverständnis und somit zu Politikverdrossenheit, sagte er. Friedrich Gepperth, Präsident des Bundes Deutscher Sportschützen (BDS), befand, der Entwurf stelle einen „Frontalangriff auf das Sportschützenbedürfnis zum Waffenbesitz“ dar.
Mit dem Entwurf soll eine EU-Richtlinie umgesetzt werden, die die Kennzeichnungsanforderung für Schusswaffen und deren wesentliche Teile erweitert und eine umfassende Rückverfolgbarkeit aller Schusswaffen und ihrer wesentlichen Teile sicherstellen soll. Dazu will die Regierung das Nationale Waffenregister „zum Zweck der Registrierung des vollständigen Lebensweges von Waffen und wesentlichen Waffenteilen“ ausbauen. Ferner ist vorgesehen, eine Anzeigepflicht für unbrauchbar gemachte Schusswaffen einzuführen. Zudem sollen unter anderem „bestimmte große Wechselmagazine sowie Schusswaffen mit fest verbauten großen Ladevorrichtungen zu verbotenen Gegenständen“ werden. Dem „berechtigten Interessen“ der Eigentümer solcher Gegenstände solle jedoch durch weitgehende Besitzstandsregelungen Rechnung getragen, heißt es in der Vorlage weiter. Neben dem Regierungsentwurf standen auch Anträge der AfD-Fraktion (19/14504), der FDP-Fraktion (19/14035) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/14092) auf der Tagesordnung.
DSB-Geschäftsführer Brokamp mahnte Änderungen bei der Prüfung des Bedürfnisses für den Waffenbesitz bei Sportschützen an. Statt einen Schießnachweis pro Waffe zu fordern, sollte lediglich die Waffengattung unterschieden werden (Kurz- oder Langwaffe). Auch sollte der Nachweis, ein Mal im Quartal oder sechs Mal im Jahr geschossen zu haben, ausreichen. Im Entwurf seien jährlich 18 Schießtage pro Waffe gefordert. Die Überprüfung sollte laut Brokamp nach fünf und nach zehn Jahren nach erstmaligem Waffenbesitz erfolgen. Anschließend sollte die Mitgliedschaft in einem Schießsportverein ausreichend sein, um das Bedürfnis fortbestehen zu lassen.
BDS-Präsident Gepperth sagte, in keinem Land außer in Deutschland seien als Folge der Richtlinienumsetzung die Regelungen zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen für Sportschützen verschärft worden. Ebenso sei lediglich in Deutschland ein Verbot von „großen Magazinen“ verhängt worden. Damit sei IPSC-Schießen, eine der größten Schießsportarten, in Deutschland nicht mehr möglich. Dabei sehe die EU-Richtlinie hierfür ganz klar eine Ausnahmemöglichkeit vor, sagte Gepperth.
An einen großen Sicherheitsgewinn durch das Verkaufsverbot großer Magazine glaubten auch die Vertreter der Sicherheitsbehörden nicht. Die Regelung sei überflüssig, befand Sebastian Fiedler, Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Niels Heinrich von der Polizei Hamburg sagte, er glaube nicht an einen großen Sicherheitsgewinn, da Magazine extrem schnell ausgetauscht werden könnten. Heinrich verwies auf noch vorhandene Sicherheitslücken, die dazu führen könnten, „dass auch weiterhin Kriminelle und Extremisten Zugang zu Waffen und Munition erlangen können“. So erfolge beispielsweise überhaupt keine Überprüfung von Angestellten und Mitarbeitern bei Waffenherstellern und Waffenhändlern. Aus dem vorgesehenen Überwachungsmodus würden zudem Personen fallen, die Inhaber eines Jagdscheins oder einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis sind.
Fiedler kritisierte das „intransparente Gesetzgebungsverfahren“. Die Waffenlobby habe auf den Entwurf mehr Einfluss nehmen können als die Sicherheitsbehörden, kritisierte er. Weiter sagte Fiedler, eine Regelabfrage bei den Verfassungsschutzämtern hinsichtlich einer Waffenerlaubniserteilung sei absolut sinnvoll, zielführend und erforderlich. Eine automatisierte Abfrage über das Bundesverwaltungsamt könne den Verwaltungsaufwand so minimieren, dass das Zusatzaufkommen beherrschbar sei, sagte Fiedler.
Andreas Speit, Journalist und Rechtsterrorismus-Experte, warnte davor, die Zusammenhänge zwischen militanten Rechtsterroristen und Schützenvereinen „einfach so wegzuwischen“. Es gebe in der rechten Szene ein starkes Interesse an industriellen Waffen. Der Einsatz selbstgebauter Waffen wie beim Anschlag in Halle sei eher die Ausnahme, so Speit. Um an Waffen heranzukommen, würden sehr wohl Kontakte zu Schießsportvereinen ebenso wie zu Polizei und Bundeswehr aufgebaut. „Es geht nicht um einen Generalverdacht, sondern um eine generelle Kontrolle“, sagte er. Dafür müsse auch die Zuverlässigkeit für Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis klarer definiert werden. Personen, über die Informationen zu ihrer Verfassungsfeindlichkeit vorliegen, müssten grundsätzlich als nicht zuverlässig gelten, forderte Speit.
Die Regelabfrage beim Verfassungsschutz sei eine Placebomaßnahme und führe zu zunehmender Politikverdrossenheit, sagte Katja Triebel, Vorsitzende der German Rifle Association. Kritik übte sie am Verbot des Neuerwerbs großer Magazine. Dafür gebe es keine Begründung. Die EU-Richtlinie gebe das auch nicht vor. Es sei ausreichend, wenn sichergestellt werde, dass nur nicht-berechtigte Personen die Magazine nicht kaufen können, sagte Triebel.