Baubranche begrüßt Sanierungsprogramm
Berlin: (hib/HLE) Die zur Umsetzung des Klimapakets der Bundesregierung geplanten steuerlichen Maßnahmen sind von den Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Montag unterschiedlich beurteilt worden. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes begrüßte die vorgesehenen Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung. Es sei mit einem „signifikanten Anstieg“ der Sanierungstätigkeit zu rechnen, für die die Branche auch genügend Kapazitäten habe. Das Fördervolumen und der Zeitraum von zehn Jahren seien gut gewählt.
Grundlage der Anhörung war der von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht (19/14338). Darin fordern die Fraktionen, es müsse „rasch und entschlossen“ gehandelt werden, um den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich zu begrenzen. Neben den energetischen Sanierungsmaßnahmen sind Entlastungen für Pendler, eine Absenkung der Mehrwertsteuer im Personenschienenbahnfernverkehr von 19 auf sieben Prozent sowie die Einführung eines neuen Hebesatzes bei der Grundsteuer für Windenergieanlagen vorgesehen.
Energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum sollen ab 2020 für einen befristeten Zeitraum von zehn Jahren durch einen prozentualen Abzug der Aufwendungen von der Steuerschuld gefördert werden. Vorgesehen ist, dass 20 Prozent der Aufwendungen, maximal insgesamt 40.000 Euro je Objekt, über drei Jahre verteilt von der Steuerschuld abgezogen werden können. Zur Entlastung der Fernpendlerinnen und Fernpendler soll ab dem 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2026 die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer um fünf auf 35 Cent angehoben werden. Alternativ können Pendlerinnen und Pendler, die mit ihrem zu versteuernden Einkommen innerhalb des Grundfreibetrages liegen, ab dem 21. Entfernungskilometer eine Mobilitätsprämie in Höhe von 14 Prozent der erhöhten Pauschale wählen. Dadurch sollen diejenigen Bürgerinnen und Bürger entlastet werden, bei denen ein höherer Werbungskostenabzug zu keiner entsprechenden steuerlichen Entlastung führt. Zu den Kosten des Gesetzentwurfs insgesamt heißt es, dass die finanziellen Auswirkungen ab 2020 bei 425 Millionen Euro liegen und bis 2024 auf 1,375 Milliarden Euro steigen sollen.
Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine rechnet ebenso mit einer schnellen Wirkung der steuerlichen Anreize zur energetischen Sanierung wie die Deutsche Energie-Agentur (dena), die in ihrer Stellungnahme von einem „zentralen Impuls für die energetische Modernisierung“ im Gebäudesektor sprach. Das Institut für Energie und Umweltforschung Heidelberg gab allerdings zu bedenken, dass der vorgelegte Vorschlag nur selbst nutzende Eigentümer begünstige. Große Potenziale gebe es aber auch bei gewerblichen Wohneigentümern und gewerblichen Eigentümern von Nichtwohngebäuden, die mit zusätzlichen steuerlichen Instrumenten verstärkt zur Sanierung motiviert werden sollten.
Eine große Rolle in der Anhörung spielte auch die geplante Entlastung der Fernpendlerinnen und Fernpendler. Diese Maßnahme entlaste vor allem einkommensstarke Haushalte, merkte Agora Verkehrswende kritisch an. Die Mobilitätsprämie bringe Beziehern geringerer Einkommen nur eine gewisse Verbesserung. Vorgeschlagen wurde eine Weiterentwicklung der Pendlerpauschale, die darin bestehen könne, dass jeder zehn Cent pro gefahrenen Kilometer von der Steuer abziehen könne. Die Bundessteuerberaterkammer bezeichnete die Mobilitätsprämie als „merkwürdiges Konstrukt“, das erheblichen „Kollateralaufwand“ nach sich ziehen werde. Es müssten Lösungen gefunden werden, die einfacher zu handhaben seien. Auch der Bundesrechnungshof kritisierte den hohen Aufwand bei der Mobilitätsprämie. Die technische Umsetzung in der Steuerverwaltung sei nicht sichergestellt. Der Automobilclub ACE bezeichnete die Prämie steuersystematisch als Novum, begrüßte sie aber grundsätzlich.
Dagegen erklärte der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine, die vorgesehene Entlastungswirkung der Pendler reiche nicht aus. Er forderte deshalb die Aufhebung der zeitlichen Befristung, eine Erhöhung der Entfernungspauschale ab dem ersten Kilometer und eine regelmäßige Überprüfung der Pauschale im Zweijahresrhythmus. Die Organisation erinnerte daran, dass die Pauschale im Jahre 2004 auf 0,30 Euro abgesenkt und seitdem nicht mehr verändert worden sei.