Mobbing in Wissenschaftseinrichtungen
Berlin: (hib/ROL) Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind an Recht und Gesetz der Bundesrepublik Deutschland gebunden. Dies gilt auch im Hinblick auf arbeitsrechtliche Vorschriften, die die Grundlage für interne Untersuchungen zu arbeitsrechtlich relevantem Fehlverhalten bilden. Zudem gibt es im Hinblick auf wissenschaftliches Fehlverhalten bereits seit dem Jahr 1998 die „Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/12165) auf die Kleine Anfrage der FDP (19/11732).
Die Empfehlungen hätten seit ihrem Erscheinen eine die Wissenschaftskultur in Deutschland prägende, für das gesamte Wissenschaftssystem maßstabsetzende Bedeutung entfaltet. Sie seien nach einer grundlegenden Überarbeitung und Aktualisierung im Juli 2019 unter dem Titel „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ in neuer Fassung veröffentlicht worden.
Die Leitlinien würden vorsehen, dass alle Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen die Leitlinien rechtsverbindlich umsetzen, um Fördermittel durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) erhalten zu können. Gleiches gelte für Fördermittel des Bundes. Die Umsetzung der Leitlinien umfasse auch die Etablierung von Regelwerken zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens.
Die zu den Empfehlungen beziehungsweise Leitlinien gehörende „Verfahrensordnung zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten“ regele das Verfahren der DFG in Fällen des Verdachts eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Die Verfahrensordnung wirke mit ihren Regelungen zu allgemeinen Rechts- und Verfahrensgrundsätzen (unter anderem die Unschuldsvermutung) als Beispiel und Maßstab über den sachlichen und personellen Zuständigkeitsbereich der DFG hinaus.
Vor diesem Hintergrund hätten die vier genannten außeruniversitären Wissenschaftsorganisationen Helmholtz-Gemeinschaft (HGF), Max-Planck-Gesellschaft (MPG), Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) und Leibniz-Gemeinschaft (WGL) - im Folgenden: AuF - für den Umgang mit wissenschaftlichem und persönlichem Fehlverhalten jeweils interne Regelungen etabliert. Bei allen vier AuF sei dabei ein auf den Grundprinzipien der internationalen Ombudsvereinigung basierendes Ombudswesen eingerichtet worden. Entsprechend der rechtsstaatlichen Grundsätze obliege eine etwaige Überprüfung der im Rahmen dieser internen Verfahren getroffenen Entscheidungen der Gerichtsbarkeit.
Bei der MPG seien in den vergangenen fünf Jahren insgesamt vier Männer und zwei Frauen des Mobbings oder wissenschaftlichen Fehlverhaltens beschuldigt worden. Dabei habe der Führungsanteil der Männer bei 73,5 und der der Frauen bei 26,5 Prozent gelegen. Bei der FhG waren es acht Männer und eine Frau, bei einem Anteil von 86,5 Männern in Führungspositionen und 13,5 Prozent Frauen. Bei der HGF waren es 16 Männer und zwei Frauen, bei einem 78,5 Prozent Männern 21,5 Proeznt Frauen in Fühungspositionen. Bei der WGL war es ein Mann bei einem Anteil der Männer von 67,8 und der der Frauen von 32,2 Prozent in Führungspositionen.
Betroffen seien die Fachgebiete Atmosphärenforschung, Biologie, Chemie, Geistes- und Sozialwissenschaften, Lebenswissenschaften, Neurowissenschaften, Physik, Produktion, Technik gewesen. In einigen Fällen hätten sich die Vorwürfe nicht bestätigt, einige Fälle führten zur Retraktion von Publikationen. Über etwaige arbeitsrechtliche Maßnahmen, wie etwa die Auflösung von Arbeitsverhältnissen, sei im Einzelfall entschieden worden. Etliche Fälle seien noch nicht abgeschlossen, insbesondere wenn arbeitsrechtliche Maßnahmen Gerichtsprozesse nach sich zögen.