Experten: Klimawandel verstärkt Hunger
Berlin: (hib/JOH) Der Klimawandel stellt nach Ansicht zahlreicher Experten eine große Herausforderung für die ohnehin schon problematische Ernährungssituation der Weltbevölkerung dar. Er führe zu vermehrten Landverlusten und werde in der Folge die Konflikte um knappe Ressourcen massiv verstärken, warnten sie am Mittwochmorgen in einer öffentlichen Anhörung im Entwicklungsausschuss zum Thema „Welternährung und Klimawandel“.
Es gebe schon jetzt nicht genug Nahrung, um die Weltbevölkerung gesund zu ernähren, betonte der Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF), Professor Joachim von Braun, in der dreistündigen Diskussion. Frühere Berechnungen hätten ergeben, dass jährlich rund 22 Milliarden Dollar für Ernährungshilfen und Investitionen in die Landwirtschaft der Entwicklungsländer nötig seien, um bis 2030 eine Welt ohne Hunger zu schaffen. Durch die wachsenden Klimarisiken müssten nun noch mehr Mittel aufgewendet werden. Investitionen in Klimaschutz und Agrarentwicklungspolitik sollten dabei ganz oben auf der Agenda stehen.
Die Landwirtschaft müsse weltweit ökologischer und nachhaltiger werden, urteilte der Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe, Mathias Mogge. Vor allem durch den steigenden Fleischkonsum würden immer mehr Flächen für Viehhaltung und Futterproduktion verbraucht. Er nannte es auch Aufgabe der Politik, dem ordnungspolitisch entgegenzuwirken, etwa durch die Einführung einer CO2-Steuer.
Laut dem Agrarreferenten des FoodFirst Informations- und Aktionsnetzwerks FIAN, Roman Herre, wird der Klimawandel bis zum Jahr 2100 zu einem Netto-Land-Verlust von 3,5 Millionen Quadratkilometern führen. Dies entspreche etwa der doppelten Agrarfläche der Europäischen Union. Besonders massiv betroffen würden davon die am wenigsten entwickelten Länder sein. Herre betonte, der Freihandel spiele zwar eine zentrale Rolle bei der Ernährungssicherung. Aufgrund negativer Effekte - beispielsweise verteuerte Nahrungsmittel durch hohe Importkosten - sei es jedoch notwendig, den Fokus stärker auf die Entwicklung lokaler Ernährungsysteme legen.
Gegen die Aussagen der drei Sachverständigen stellte sich der Journalist Edgar Ludwig Gärtner. Er nannte den Treibhausgaseffekt „nicht nachweisbar“ und die in der Debatte oft genannten Klimaflüchtlinge „Wetterflüchtlinge“. Die Öko-Landwirtschaft sah er als nicht geeignet an, um mehr Ernährungssicherheit zu schaffen. Wenn die Produktivität der Landwirtschaft verdoppelt werden müsse, gebe es keine Alternative zu „Kunstdünger und moderner Gentechnik“.