Hilfe für Opfer der „Colonia Dignidad“
Berlin: (hib/AHE) Für die Opfer der „Colonia Dignidad“ soll ein Hilfsfonds für Individualleistungen eingerichtet werden mit dem Ziel, die Folgen zu mildern, die den Betroffenen aufgrund ihres Aufenthalts dort entstanden sind. Das geht aus dem als Unterrichtung (19/10410) vorliegendem Hilfskonzept der Gemeinsamen Kommission von Deutschem Bundestag und Bundesregierung hervor. Basierend auf einem Zwei-Säulenmodell sollen demnach Opfer pro Person bis zu 10.000 Euro für Ausgaben für Gesundheit, Pflege und Bildung erhalten können: Bis zu 7.000 Euro in einem vereinfachten Verfahren, bis zu 3.000 Euro bei Vorlage konkreter Verwendungsnachweise.
Empfänger seien deutsche und chilenische Staatsangehörige, die in der „Colonia Dignidad“ seinerzeit „ihren tatsächlichen Lebensmittelpunkt hatten, ohne dem Täterkreis zugerechnet zu werden“. Die Kosten beziffert die Gemeinsame Kommission für den Zeitraum 2019 bis etwa 2024 auf rund 3,5 Millionen Euro. Vorgesehen werden sollen diese Gelder für den Hilfsfonds selbst sowie für die Errichtung und den Betrieb von Anlauf- und Beratungsstellen.
Laut Gemeinsamer Kommission wurden in der „Colonia“ Frauen, Männer und Kinder über Jahrzehnte hinweg Opfer entsetzlicher Verbrechen. Der 1961 aus Deutschland geflohene ehemalige Jugendpfleger Paul Schäfer und seine Vertrauten hätten eine kriminelle Sekte errichtet, deren Machtstruktur sich auf psychische und physische, einschließlich schwerster sexueller Gewalt, auf Sklavenarbeit und Denunziantentum, auf ständige Überwachung und systematische Einschüchterung gegründet habe. „Schäfer riss Familien auseinander, missbrauchte zahllose Kinder und arbeitete aktiv mit den Schergen der Pinochet-Diktatur bei Folter, Mord und Verschwindenlassen von Regimegegnern zusammen.“ Die Überlebenden würden bis heute massiv unter den schweren psychischen und körperlichen Folgen nach jahrelang zugefügten Verletzungen durch Gewalt, Missbrauch, Ausbeutung und Sklavenarbeit leiden. „Die vielfältigen Formen der gezielten Entwürdigung in der 'Kolonie Würde' haben Wunden gerissen, die bis heute nur schwer oder überhaupt nicht verheilen.“ Das gemeinsame Hilfskonzept von Bundestag und Bundesregierung sei „in Anerkennung der erlittenen körperlichen und seelischen Verletzungen der Betroffenen und in Respekt vor der Würde des Menschen“ entwickelt und beschlossen worden.