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04.06.2019 Inneres und Heimat — Anhörung — hib 642/2019

Expertenstreit über Wohnsitzauflagen

Berlin: (hib/HAU) Das Vorhaben der Bundesregierung, die seit drei Jahren befristet geltende Wohnsitzauflage für Asylberechtigte in Deutschland endgültig festzuschreiben (19/8692), stößt bei Kommunalvertretern auf Zustimmung und bei Wohlfahrtsverbänden auf Ablehnung. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat am späten Montagnachmittag deutlich. Die mit dem Integrationsgesetz vom Juli 2016 eingeführte Wohnsitzregelung für international Schutzberechtigte, würde am 6. August dieses Jahres außer Kraft treten. Aus Sicht der Regierung würde ohne eine Verlängerung dieser Regelung, der zufolge schutzberechtigte Ausländer verpflichtet sind, ihren Wohnsitz drei Jahre lang in einem bestimmten Land und gegebenenfalls an einem bestimmten Ort zu nehmen, „ein wichtiges integrationspolitisches Instrument für die Betroffenen und die zu diesem Zweck erforderliche Planbarkeit der Integrationsangebote von Ländern und Kommunen entfallen“, heißt es in dem Gesetzentwurf.

Die Wohnsitzauflage habe sich bewährt, sagte Marc Elxnat vom Deutschen Städte- und Gemeindebund während der Anhörung und begrüßte das Regierungsvorhaben. Eine Entfristung der geltenden Regelung bedeute nicht, dass dies damit für alle Zeiten festgeschrieben ist, befand er. In den Städten und Gemeinden gebe es die Befürchtung, dass es im Falle einer Außerkraftsetzung der Wohnsitzregelung zu einer Konzentration spezieller Communitys in den Städten komme, was einer Integration nicht zuträglich sei und zu Problemen mit Wohnraumversorgung in einzelnen Städten führen könne.

Der ländliche Raum habe ein großes Integrationspotenzial, sagte Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag. Mit dem Mittel der Einschränkung der Wohnsitzfreiheit für einen beschränkten Zeitraum könne es gelingen, den Flüchtlingen vor Augen zu führen, dass sie auch im ländlichen Raum sehr gute Chancen zur Integration haben. Die geltende Wohnsitzauflage sei ausreichend evaluiert worden, um eine Entfristung vorzunehmen, urteilte Ritgen.

Susann Thiel vom Paritätischen Gesamtverband sprach sich gegen eine Entfristung aus. Dagegen sprächen grundsätzliche Bedenken ebenso wie die Erfahrungen aus der Praxis, sagte sie. Wohnsitzauflagen seien rechtlich fraglich, da sie das Recht auf Freizügigkeit einschränkten. Rechtlich möglich seien die Einschränkungen nur, wenn sie aus integrationspolitischen Gründen erteilt würden. Die Frage sei also, ob Wohnsitzauflagen die Integrationschancen steigern oder nicht, sagte Thiel. Bislang habe es aber keine umfassende Evaluierung gegeben, die dazu Erkenntnisse haben liefern können. „Aus unserer Sicht ist das kein geeignetes Mittel, um die Integration von Schutzberechtigten tatsächlich herzustellen“, sagte die Verbandsvertreterin. Erfahrungen aus der Praxis würden vielmehr auf das Gegenteil hinweisen.

Bernward Ostrop vom Deutschen Caritasverband lehnte eine Entfristung „ohne Evaluierung“ ab und schlug eine befristete Verlängerung der Regelung vor, um eine „ordentliche Evaluierung“ vornehmen zu können. Der Caritas-Vertreter wies zugleich darauf hin, dass die geltende Regelung in Regionen mit angespanntem Wohnungsmarkt Flüchtlinge dazu zwingen könne, länger als angemessen in Gemeinschaftsunterkünften zu verbleiben. Dies sei nicht integrationsfördernd.

Professor Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg sagte, die Annahme, dass sich die Wohnsitzauflagen positiv auf die Integration auswirken, könne empirisch nicht bestätigt werden. Seiner Ansicht nach braucht es eine systematische Evaluation des Gesetzes. Jetzt eine „Entfristung auf Dauer“ festzuschreiben, sei „nicht sinnvoll“. Er halte eine Verlängerung der Wohnsitzauflage um ein Jahr für richtig, sagte Brücker. Was die Bedenken der Kommunen angeht, ein Wegfall der Wohnsitzauflage könne zu einer Konzentration in den Großstädten führen, so fänden sich bei genauerer Betrachtung der Zahlen starke Zuzüge ebenso wie starke Wegzüge. Eventuellen Risiken für tatsächlich erheblich über dem Bundesdurchschnitt betroffene Kommunen könne mit einem Zuzugsstopp begegnet werden, schlug Brücker vor.

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