Gesetzentwürfe passieren Rechtsausschuss
Berlin: (hib/mwo) Die Annahme mehrerer Gesetzentwürfe empfahl der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz auf seiner 51. Sitzung unter Leitung seines Vorsitzenden Stephan Brandner (AfD) am Mittwoch. Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen nahm der Ausschuss einen Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur Stärkung der Rechte von Betroffenen bei Fixierungen im Rahmen von Freiheitsentziehungen (19/8939) an. Damit soll einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen werden. In der Debatte erklärten Abgeordnete der Koalitionsfraktionen, der Entwurf trage dem Urteil vollumfänglich Rechnung und gewähre einen umfassenden Grundrechteschutz für die Betroffenen. Nach der Anhörung vor einer Woche seien noch Präzisierungen und Klarstellungen vorgenommen worden. Vertreter der Opposition sagten, die Grundrechte der Betroffenen seien noch immer nicht hinreichend geschützt. Hinweise aus der Anhörung seien nicht übernommen worden. Statt die Rechte der Betroffenen zu stärken, ermögliche der Entwurf einen Eingriff in deren Rechte. Einen gleichlautenden Gesetzentwurf der Bundesregierung erklärte der Ausschuss mit der Annahme des Koalitionsbeschlusses für erledigt.
Mit großer Mehrheit angenommen wurde ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung (19/8694). Die FDP stimmte dem Ziel des Gesetzes zwar zu, enthielt sich in der Abstimmung aber, da in dem Entwurf nicht alle Betreuer gleich behandelt würden. Abgeordnete der Koalition erklärten, die Anpassung sei dringend, und verwiesen auf die Anhörung zu dem Thema Anfang der vergangenen Woche. Gleichzeitig appellierten sie an die Bundesländer, den Entwurf zügig im Bundesrat zu behandeln. Grüne und Linke bewerteten den Entwurf als ersten Schritt, angesichts noch offener Fragen müssten weitere folgen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Christian Lange (SPD), sagte, das Gesetz sei überfällig und nutze die Chance veränderter Koalitionen in den Ländern, die in der vergangenen Legislaturperiode eine Einigung verhindert hätten. Jetzt müssten die Beratungen im Bundesrat abgewartet werden. In dem Entwurf ist ausgehend vom Koalitionsvertrag eine Erhöhung der Vergütung um 17 Prozent vorgesehen. Die Anpassung der seit mehr als 13 Jahren unveränderten Vergütung beruflicher Betreuer soll unter anderem die Finanzierung der Betreuungsvereine sicherstellen.
Mit den Stimmen der Koalition und der AfD nahm der Ausschuss einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Zusatzprotokoll zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus (19/9507) an. Dagegen stimmten Linke-Fraktion und FDP, die Grünen enthielten sich. Laut Entwurf sollen die Vertragsparteien in ihrem nationalen Recht Straftatbestände im Hinblick auf terroristische Zwecke vorsehen. Nach längerer Debatte empfahl das Gremium auch die Annahme eines Gesetzentwurfs der Bundesregierung (19/7886), mit dem eine EU-Richtlinie über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug umgesetzt werden soll. Die Richtlinie legt Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Strafen zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union gerichteten rechtswidrigen Handlungen fest. Ein Änderungsantrag der AfD, die wie die Linke und die FDP gegen den Entwurf stimmte, wurde abgelehnt. Die Grünen enthielten sich. Abgeordnete von CDU und SPD wiesen auf rechtsdogmatisch begründete Unterschiede zwischen der Richtlinie und dem Gesetzentwurf hin, gingen aber davon aus, die Vorlage so umsetzen zu können.
Ein Gesetzentwurf der AfD-Fraktion, mit dem eine Legaldefinition für „Teile der Bevölkerung“ im Volksverhetzungsparagrafen 130 des Strafgesetzbuchs eingeführt werden soll (19/1842), wurde nach einem heftigen Schlagabtausch mit den Stimmen der anderen Fraktionen abgelehnt. In dem Entwurf heißt es, auch die Gesamtheit der abgrenzbaren deutschen Bevölkerung sei ein Teil der in Deutschland befindlichen Gesamtbevölkerung, die aber im Gegensatz zu Flüchtlingen oder Ausländern keinen Schutz durch die Justiz genieße. Die Debatte entzündete sich an einer Wortmeldung eines AfD-Abgeordneten, der zur Begründung des Entwurfs eine „Ausarbeitung der Universität Potsdam“ anführte, dazu aber keine weiteren Angaben machen wollte.
Ein Antrag der AfD zur Befreiung der Antennengemeinschaften von der Vergütungspflicht für die Kabelweitersendung von Fernseh- und Hörfunksignalen gegenüber Verwertungsgesellschaften (19/5911) wurden einvernehmlich von der Tagesordnung abgesetzt. Mit den Stimmen der Koalitionsparteien und der AfD und bei Enthaltung der FDP wurde ein Antrag der Linken abgelehnt, nach dem die Bundesregierung eine Regelung zum Stopp geschlechtszuweisender Operationen an Kindern (19/9056) einführen soll. Abgeordnete von Uniion und SPD wiesen darauf hin, dass der Koalitionsvertrag der Bundesregierung bereits einen entsprechenden Auftrag gegeben habe und der Antrag deshalb abgelehnt werde. Es liefen bereits Vorbereitungen für einen Referentenentwurf. Staatssekretär Lange verwies auf eine Fachtagung zu dem Thema im Justizministerium im Oktober vergangenen Jahres, bei dem es Einigkeit über die Notwendigkeit einer solchen Regelung gegeben habe, deren Ausgestaltung aber äußerst konträr diskutiert worden sei.
Der Ausschuss stimmte ferner über die Durchführung weiterer öffentlicher Anhörungen ab. Während zwei entsprechende Anträge der AfD zu dem Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Verbrauchern vor unverhältnismäßigen Inkassoforderungen (19/8276) und zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches (19/9234), bei dem es um die Bildung terroristischer Vereinigungen geht, mit den Stimmen der anderen Fraktionen abgelehnt wurden, terminierte das Gremium die bereits dem Grunde nach beschlossene Anhörung zu dem Antrag der Grünen für eine wirksame Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und unseriöser Geschäftspraktiken (19/3332) auf den 25. September 2019.
Im Anschluss stellte sich die Führung des Sachverständigenrates für Verbraucherfragen (SVRV) den Ausschussmitgliedern vor und beantwortete Fragen zu den Themen des Rates und dessen Arbeitsweise. Der SVRV-Vorsitzende Peter Kenning und seine Stellverreterin Louisa Specht-Riemenschneider berichteten über die Schwerpunkte der Tätigkeit des Rates in seiner zweiten Berufungsperiode. Besonderes Anliegen sei, Impulse für eine wissenschaftlich fundierte Verbraucherpolitik zu geben. Dazu würden Gutachten zur Lage der Verbraucher vorgelegt. Der Rat wurde 2014 vom Bundesjustizministerium eingerichtet.