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20.02.2019 Verkehr und digitale Infrastruktur — Anhörung — hib 193/2019

Streit um Überwachung von Fahrverboten

Berlin: (hib/HAU) Die von der Bundesregierung geplanten Maßnahmen zur Überwachung angeordneter Fahrverbote wegen Überschreitung der Grenzwerte bei Stickstoffdioxid-Emissionen sind unter Experten umstritten. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses am Mittwoch deutlich. Der von der Regierung vorgelegte Gesetzentwurf (19/6334) sieht vor, dass Verkehrsüberwachungsbehörden auf die Daten des Zentralen Fahrzeugregisters zugreifen können, um fahrzeugindividuell anhand der dort gespeicherten technischen Daten über das Fahrzeug die Einhaltung der Verkehrsbeschränkungen und Verkehrsverbote überprüfen zu können.

Dazu plant die Bundesregierung die Aufnahme des Paragrafen 63c in das Straßenverkehrsgesetz. Darin ist vorgesehen, dass die zuständigen Landesbehörden stichprobenartig spezielle Daten für Kontrollen „auch automatisiert, erheben, speichern und verwenden“ dürfen. Die Daten, zu denen das Bild des Fahrers und des Fahrzeuges gehören, sollen maximal zwei Wochen gespeichert werden dürfen. Sie sollen auch ausschließlich für die Überprüfung von Verstößen gegen Fahrverbote genutzt werden dürfen.

Während der Anhörung ging es vor allem um die Frage, ob der mit dem Gesetzentwurf verbundene Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verhältnismäßig ist und ob die Regelung praktikabel ist. Zugleich wurde kontrovers darüber diskutiert, ob statt des Vorhabens der Bundesregierung die Einführung einer Blauen Plakette - analog der Feinstaubplakette - zur Überwachung der Fahrverbote besser geeignet wäre.

Aus Sicht von Professor Michael Brenner von der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist das Vorhaben der Bundesregierung verfassungsgemäß. Entsprechende Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts seien eingehalten worden, urteilte der Verfassungsrechtler. Es erfolge „keine Überwachung ins Blaue hinein“. Zudem sei klar geregelt, dass das Verfahren nur dort Anwendung finden könne, wo es Fahrverbote gebe. Des Weiteren erfolgten die Kontrollen offen und stichprobenartig. Ein „milderes Mittel“, so Brenner sei nicht erkennbar. Eine Blaue Plakette etwa könne nur den Halter des Fahrzeugs, nicht aber den zu sanktionierenden Fahrer identifizieren, sagte er.

Gegen eine Plakettenlösung sprach sich auch Patrick Kaiser vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) aus. Eine solche Lösung erfordere Anhaltekontrollen, was zu Störungen des Verkehrsflusses und damit möglicherweise zu einer erhöhten Umweltbelastung führen könne. Grundsätzlich sei der ZDK „in guter Hoffnung“, das Fahrverbote vor dem Hintergrund von Nachrüstungen und dem Flottenaustausch nicht gebraucht würden. Gebe es sie dennoch, müssten sie auch überwacht werden, sagte Kaiser. Der Gesetzentwurf sei dazu ein probates Mittel.

Michael Müller-Görnert vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) sprach sich hingegen dafür aus, die „bewährte Kennzeichnungsverordnung zu erweitern“. Die mit der Feinstaubplakette gemachten Erfahrungen seien absolut positiv, sagte er. Eine Blaue Plakette würde die Überwachung der Fahrverbote erleichtern. Den Regierungsentwurf nannte Müller-Görnert ein „Kontroll-Verhinderungs-Gesetz“. Mit ihm entstehe ein erheblicher zusätzlicher bürokratischer Aufwand. Zudem werde das Anfertigen von Fotos unbeteiligter Personen auch vom Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber kritisch gesehen, sagte der VCD-Vertreter.

Mit einer Blauen Plakette würde nach Ansicht von Malte Engeler, Richter am Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, weniger in die Rechte der Bürger eingegriffen als mit der geplanten automatisierten Überwachung. Mit dem Entwurf schaffe die Bundesregierung zudem „einen weiteren Baustein für eine Überwachungsinfrastruktur“, kritisierte er.

Thomas Kiel vom Deutschen Städtetag nannte die Möglichkeit des Datenabgleiches „gut und richtig“. Eine Abfrage beim Zentralen Fahrzeugregister reiche aber nicht aus, um zweifelsfrei zu ermitteln, wer die Fahrverbotszonen befahren dürfe und wer nicht. So seien in dem Register etwa ausländische Fahrzeugbesitzer nicht enthalten. Auch gebe das Register keine Auskunft darüber, ob ein Euro-4 oder Euro5-Diesel möglicherweise nachgerüstet und damit zum Befahren der Zone befugt ist. Die von den Kommunen mit Ausnahmegenehmigungen ausgestatteten Fahrzeuge könnten mit diesem Datenabgleich ebenfalls nicht identifiziert werden, sagte Kiel.

ADAC-Vertreter Markus Schäpe sah diese Problematik ebenfalls. Vor der Abfrage beim Zentralregister müsse der Abgleich mit einer kommunalen Positivliste erfolgen, in der die Einfahrtberechtigten vermerkt sind, sagte er. Grundsätzlich ist das angedachte Verfahren aus seiner Sicht gerechtfertigt, auch wenn es nur um die Kontrolle und Ahndung einer Ordnungswidrigkeit gehe. Schließlich werde der gesundheitliche Schutz der Bevölkerung damit verfolgt. Dies, so der ADAC-Vertreter, müsse im Gesetz stärker betont werden.

Die technischen Möglichkeiten zur mobilen Kennzeichenüberwachung gebe es bereits, sagte Wolfgang Lang von der Vitronic Bildverarbeitungssysteme GmbH. Die Überwachung von Fahrverboten stelle lediglich die Erweiterung eines solchen Systems dar. Die Technik könne dafür auf die vorhandene Infrastruktur der Polizei aufgebaut werden, sagte Lang.

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