Anhörung zu Änderungen im Energierecht
Berlin: (hib/mwo) Eine Vielzahl von Einwänden und Verbesserungsvorschlägen zu den von der Bundesregierung geplanten Änderungen am Energierecht äußerten Sachverständige in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie unter der Leitung seines Vorsitzenden Klaus Ernst (Die Linke) am Dienstag. Die Branchenexperten nahmen dezidiert Stellung zu den Problemen, die das umfangreiche Gesetzeswerk für die von ihren Verbänden vertretenen Unternehmen mit sich bringt, betonten aber gleichzeitig die Notwendigkeit einer Aktualisierung der bislang geltenden Regelungen. Die Abgeordneten interessierten sich vor allem für mögliche Auswirkungen der Gesetzesvorhaben auf die Wirtschaft sowie für die weitere Ausgestaltung des Übergangs von der konventionellen zur regenerativen Stromerzeugung und damit verbundene Fragen der Versorgungssicherheit.
Der Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG), des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) und weiterer energierechtlicher Vorschriften (19/5523) war am 9. November in erster Lesung im Bundestags-Plenum diskutiert worden. Er sieht unter anderem zusätzliche Ausschreibungen für Solaranlagen und Windenergieanlagen an Land sowie Innovationsausschreibungen vor. Geändert werden sollen darüber hinaus die Regelungen für die teilweise Befreiung von neuen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) von der sogenannten EEG-Umlage. Vorgesehen ist auch eine Absenkung der gesetzlichen Vergütung für größere Solaranlagen sowie die Förderung von KWK-Bestandsanlagen. Im Energiewirtschaftsgesetz sollen die unterschiedlichen Regime, nach denen die Netzbetreiber bei Netzengpässen auf Erneuerbare-Energien- und KWK-Anlagen einerseits und konventionelle Kraftwerke andererseits zugreifen, zu einem einheitlichen Regime zusammengeführt werden. Schließlich soll ein gesetzlicher Rahmen für Energiegewinnungskonzepte auf See geschaffen werden, die nicht an das Netz angeschlossen werden.
Aus Sicht des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist es positiv zu bewerten, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen für Windenergieanlagen an Land und Photovoltaikanlagen (PV) Eingang in das EEG gefunden haben. BDEW-Experte Stefan Kapferer erklärte in seiner Stellungnahme, Probleme ergäben sich jedoch unter anderem bei der Absenkung des anzulegenden Werts für Photovoltaikanlagen und der Sicherstellung eines ausreichenden Wettbewerbsniveaus in den Ausschreibungen der Windenergie. Auch beim KWKG und beim EnWG gebe es Verbesserungspotenzial.
Michael Wübbels vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sprach sich in seiner Stellungnahme dafür aus, die Bestandsanlagenförderung angemessen anzupassen. Den vorliegenden Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit der KWK lägen sowohl bei den Wirkungsgraden als auch bei den Betriebskosten Annahmen zugrunde, die nicht an der tatsächlichen Situation von Bestandsanlagen orientiert seien. Im Ergebnis falle die vorgeschlagene Absenkung der Fördersätze deutlich zu stark aus und gefährde damit akut die Wirtschaftlichkeit der Anlagen.
Wübbels plädierte wie schon zuvor Kapferer dafür, das KWKG zu verlängern, um Investitionssicherheit herzustellen. Mieterstromprojekte dürften nicht gefährdet werden. Wegen der geplanten Vergütungsabsenkung, die deutlich negative Auswirkungen auf den Ausbau von Dach-PV habe, sei insbesondere bei Mieterstromprojekten von einem deutlichen Rückgang des PV-Ausbaus auszugehen.
Wübbels begrüßte die im EEG-Gesetz vorgesehene bundesweit einheitliche Pflicht zur bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung von Windenergieanlagen, empfahl jedoch eine Verlängerung der Übergangsfristen. Carsten Pfeiffer vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) verwies darauf, dass sich die Windkraft-Branche seit Jahren für dieses Thema einsetze, da ihr bewusst sei, dass es sich dabei um einen wichtigen Baustein für die Akzeptanz der Energiewende bei den Anwohnern handelt.
Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) begrüßte in seiner Stellungnahme die in Aussicht gestellten zusätzlichen Auktionsvolumina insbesondere für Photovoltaik-Solarparks. Ohne den gleichzeitigen Verzicht auf bestehende Förderdeckel und geplante Ausbaubremsen für neue Photovoltaik-Anlagen auf Gebäuden seien diese für den Klimaschutz aber wertlos, erklärte Verbandsvertreter Carsten Körnig und schloss sich damit den Argumenten des VKU an. Ohne Nachbesserungen am Gesetzesentwurf drohe im Photovoltaik-Gebäudebereich ein Markteinbruch. Unterstützung bekamen Körnig wie auch Wübbels von ihrem BEE-Kollegen Pfeiffer. Der Photovoltaik-Deckel im EEG müsse gestrichen werden, und es dürfe keine zusätzlichen Fördereinschnitte geben, erklärte Pfeiffer in seiner Stellungnahme.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) unterstützt nach Angaben von Sebastian Bolay viele Regelungen des sogenannten Energiesammelgesetzes. An vielen Stellen werde es zu mehr Rechtssicherheit kommen. Mit dem Gesetz würden die drängendsten Themen abgearbeitet, gleichwohl bleibe aus Sicht des DIHK eine hohe Notwendigkeit, die Energiewende gesetzlich auf neue Füße zu stellen. So wird in der Stellungnahme kritisch vermerkt, dass die Steuerung immer weiter ins Detail gehe. Die politische Aufmerksamkeit liege damit immer wieder bei Einzelfragen und lenke von grundsätzlichen Fragen der Energiewende ab.
Darauf verwies auch Harald Schwarz von der Brandenburgischen Technische Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) in seiner Stellungnahme. Schwarz geht davon aus, dass eine regenerative Vollversorgung der Stromnachfrage, ausschließlich abgestützt auf Photovoltaik und Windenergie, niemals eine zuverlässige Stromversorgung ermöglichen wird. Er plädiert daher dafür, den Fokus der Förderung in den kommenden zehn Jahren auf die „bislang sträflich vernachlässigten“ Aspekte der Systemintegration zu legen.
Der Verband Die Familienunternehmer kritisierte, dass das EEG seine Rolle als Markteinführungsinstruments längst gespielt habe und inzwischen zu einem Dauersubventionsregime geworden sei. Der Gesetzentwurf werde daher unter Vorbehalt bewertet, erklärte Verbandsvertreter Henry Borrmann in seiner Stellungnahme. Bestimmte Teile würden weder ökologisch einen Fortschritt bringen noch ökonomisch eine Verbesserung erzielen. Die Behauptung der Autoren des Entwurfes, die Folgen des Gesetzes auf den Strompreis seien für den Verbraucher „zu vernachlässigen“, sei nicht nachvollziehbar.
Patrick Graichen von der Initiative Agora Energiewende bemängelte in seiner Stellungnahme unter anderem, dass der Gesetzentwurf keine Bestätigung oder Konkretisierung des Erneuerbare-Energien-Ausbaus im Stromsektor jenseits der Sonderausschreibungen enthalte - im Gegensatz zum 65-Prozent-Ziel für 2030, das im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD beschlossen wurde. Dies sei schädlich für die Energiewende.