Prospektverordnung umgesetzt
Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am Mittwoch dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze (19/2435, 18/2700) zugestimmt. In der von der Vorsitzenden Bettina Stark-Watzinger (FDP) geleiteten Sitzung stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD für den Gesetzentwurf, die Fraktionen von AfD und Die Linke stimmten dagegen, während sich die FDP-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielten. Zuvor hatte die Koalition eine Reihe überwiegend redaktioneller Änderungsanträge durchgesetzt. Änderungsanträge der Opposition wurden von der Koalitionsmehrheit abgelehnt.
Mit dem Gesetz werden Ausnahmen von der Prospektpflicht für öffentliche Angebote von Wertpapieren eingeführt. Bei öffentlichen Angeboten mit einem Gesamtgegenwert von 100.000 Euro, aber weniger als acht Millionen Euro (Banken fünf Millionen), soll statt eines Prospekts ein Wertpapier-Informationsblatt vorgelegt werden müssen. Dieses dreiseitige Wertpapier-Informationsblatt solle potenziellen Anlegern als Informationsquelle für ihre Anlageentscheidung dienen und den Vergleich von verschiedenen Angeboten erleichtern, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.
Das Wertpapier-Informationsblatt muss von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gestattet werden. In den Fällen, wo kein Prospekt veröffentlicht werden muss, sind außerdem Einzelanlageschwellen zu beachten, die für nicht qualifizierte Anleger gelten. „Sofern von einem nicht qualifizierten Anleger ein Betrag von über 1.000 Euro investiert werden soll, ist dies nur dann zulässig, wenn der nicht qualifizierte Anleger entweder über ein frei verfügbares Vermögen in Form von Bankguthaben und Finanzinstrumente von mindestens 100.000 Euro verfügt oder er maximal den zweifachen Betrag seines durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens investiert. In jedem Fall ist die Einzelanlage auf 10.000 Euro begrenzt“, heißt es in der Begründung. Außerdem sollen Wertpapierprospekte sollen künftig in englischer Sprache erstellt werden können. Damit will die Bundesregierung der fortschreitenden Internationalisierung der Kapitalmärkte und dem Ziel der Schaffung eines Binnenmarktes für Wertpapiere auf europäischer Ebene unter Berücksichtigung des Anlegerschutzes und der Markteffizienz Rechnung tragen.
In der Sitzung begrüßte ein Sprecher der CDU/CSU, dass mit der Umsetzung die Optionen der Prospektverordnung ausgiebig genutzt worden seien. Die Anhebung der Grenze auf acht Millionen Euro für Wertpapiere ohne Prospekt erleichterte den Unternehmen die Finanzierung. Ein Informationsblatt reiche aus. Die SPD-Fraktion hob die Regelungen zum Verbraucherschutz und besonders die restriktiven Bestimmungen für nicht qualifizierte Anleger hervor. Es gehe auch darum, Finanzierungsmöglichkeiten von kleinen und mittleren Unternehmen zu verbessern sowie den Gründerstandort Deutschland zu stärken.
Für die AfD-Fraktion handelt es sich bei dem Gesetz um einen „zahnlosen Tiger“. Die Finanzaufsicht müsse mit stärkeren Kontrollrechten ausgestattet werden. Der eigentliche Zweck, mehr Schutz für die Anleger zu erreichen, werde verfehlt. Der Sprecher sprach von „Unfug, der von der EU kommt und Bürokratie verursacht“. Kritisiert wurde von der AfD-Fraktion auch die Möglichkeit zur Herausgabe von Prospekten in fremder Sprache. Anleger müssten diese Prospekte im Streitfall mit hohen Kosten übersetzen lassen müssten.
Die FDP-Fraktion kritisierte die Schlechterstellung der Kreditinstitute bei der Herausgabe von prospektfreien Wertpapieren. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die in der Anhörung vorgebrachten Vorschläge der Sachverständigen für eine gleich hohe Obergrenze für Banken wie für andere Firmen umgesetzt worden wären. Die beantragte Angleichung lehnte der Ausschuss jedoch ebenso ab wie einen weiteren Vorstoß der FDP, sogenannten Start-ups einen leichteren Zugang zum Kapitalmarkt zu verschaffen, indem die Schlechterstellung des Erwerbs von GmbH-Anteilen im Vergleich mit dem Kauf von Aktien korrigiert wird.
Für die Fraktion Die Linke ist ein nur dreiseitiges Anleger-Informationsblatt nicht ausreichend. Prospekte seien für den Fall erforderlich, dass es zu Auseinandersetzungen zwischen Emittenten und Anlegern komme. Auch die Grenze von acht Millionen Euro hielt die Fraktion für zu hoch. Die Fraktion Die Linke forderte zudem stärkere Prüfrechte für die BaFin und die Einführung eines „Finanz-TÜV“, der jedes Wertpapier zu überprüfen habe, ehe es auf den Markt gebracht werden dürfe. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hielt die Acht-Millionen-Grenze für zu hoch. Der Erwerb eines Wertpapiers ohne Prospekt dürfe überhaupt nur möglich sein, wenn ein nicht qualifizierter Anlege vorher beraten worden sei. Ein entsprechender Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen wurde vom Ausschuss aber abgelehnt.
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