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17.05.2018 1. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 325/2018

Zusätzliche Bundeskompetenzen umstritten

Berlin: (hib/wid) In einer Sachverständigenanhörung des 1. Untersuchungsausschusses („Breitscheidplatz“) ist es am Donnerstag zu einer Kontroverse über die Frage gekommen, ob zur besseren Abwehr terroristischer Gefahren der Bund gegenüber den Ländern mehr Kompetenzen erhalten müsse. Mehrere der zum Thema „Föderale Sicherheitsarchitektur“ geladenen Experten erklärten eine stärkere Zentralisierung für geboten und auch verfassungsrechtlich machbar. Dagegen stand der Einwand, dass die im Umgang der Behörden mit dem späteren Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri festgestellten Fehler nicht auf strukturelle Ursachen, sondern auf Pannen im Verfahren zurückzuführen seien.

Der Mainzer Staatsrechtler Matthias Bäcker vertrat die Auffassung, dass das Grundgesetz für eine striktere Koordinierung zwischen Bund und Ländern und sogar „partielle Zentralisierung“ der Terrorabwehr „erhebliche Spielräume“ eröffne. So biete die Strafverfolgungsbefugnis von Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft eine Handhabe, strafrechtliche Instrumente „sehr weit beim Bund zu zentralisieren“ oder zumindest dem Bund im Rahmen einer „Mischverwaltung“ Aufsichtsbefugnisse zuzuweisen. Ebenso ließe sich auf dem Feld der polizeilichen Prävention die Führungsrolle des Bundeskriminalamtes gegenüber den Landesbehörden weiter stärken. Zur Identifizierung sogenannter Gefährder sei ein länderübergreifend einheitliches Verfahren mittlerweile vereinbart; möglich wäre nach Ansicht Bäckers auch hier eine ausschließliche Bundeskompetenz.

Der ehemalige Chef der Berliner Landespolizeischule Otto Dreksler sprach sich für die Abschaffung der Landeskriminalämter sowie der Landesämter für Verfassungsschutz aus. Die Existenz dieser nachgeordneten Behörden habe eine „enorme Bremswirkung“ und sei einer „gemeinsamen Lageerfassung und -beurteilung nicht dienlich“. Die in den fünfziger Jahren konzipierte föderale Sicherheitsarchitektur sei den heutigen Herausforderungen, insbesondere der Doppelbedrohung durch radikalislamischen Terrorismus und Flüchtlingsströme, nicht mehr gewachsen. Der frühere Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm empfahl ein administratives Weisungsrecht des Bundesamtes gegenüber den Landesämtern für Verfassungsschutz.

Dagegen erklärte der ehemalige Vizepräsident des Bundeskriminalamts Jürgen Maurer, dass er sich in 35 Dienstjahren als „zentraler Polizist“ von einem „föderalen Skeptiker“ zu einem „glühenden Verfechter des Föderalismus“ gewandelt habe. Die Notwendigkeit, in Gremien von Bund und Ländern Übereinkünfte zu finden, „hat uns genützt“, sagte Maurer. Nicht von ungefähr sei in allen bisherigen Krisen der inneren Sicherheit abgesehen von der Bildung gemeinsamer Lagezentren an den Grundprinzipien des Föderalismus nicht gerüttelt worden. Die im Fall Amri gemachten Fehler wären nach Maurers Überzeugung durch andere Strukturen nicht zu vermeiden gewesen, sondern seien durch Defizite im Verfahrensablauf entstanden.

Ähnlich argumentierte der Freiburger Staatsrechtler Benjamin Rusteberg. Er wies darauf hin, dass schon die Ausstattung der unterschiedlichen Behörden in Bund und Ländern mit nicht kompatibler Informationstechnik erhebliche Fehlerquellen berge. So erfordere die Datenübermittlung eine Vielzahl von Übertragungsschritten, die jeder für sich fehleranfällig seien. Der Bayreuther Rechtswissenschaftler Heinrich Amadeus Wolff machte geltend, dass zahlreiche Gesetzesnovellen der vergangenen Jahre die Bundeskompetenzen bereits „bis an die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen“ ausgeweitet hätten.


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