Auskunft über Terrorismus-Prozesse
Berlin: (hib/PST) Über Ermittlungs- und Strafverfahren nach den Strafrechtsparagrafen 129 (kriminelle Vereinigung), 129a (Mitgliedschaft, Werbung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung) und 129b (terroristische Vereinigung im Ausland) im Jahr 2016 informiert die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/11853) auf eine Kleine Anfrage (18/11582) der Linken.
Demnach gab es beim Generalbundesanwalt 235 neue Ermittlungsverfahren gegen 257 Beschuldigte nach Paragraf 129b. Diese hatten in 200 Fällen eine mitgliedschaftliche Betätigung, in 27 Fällen eine Unterstützung und in neun Fällen ein Werben zum Gegenstand. Es kam zur Überwachung von 206 Telekommunikationsanschlüssen mit 55 Betroffenen und fünf elektronischen Postadressen mit zwei Betroffenen sowie 37 Hausdurchsuchungen. Gegen 39 Beschuldigte wurde Untersuchungshaft angeordnet, 55 Ermittlungsverfahren wurden eingestellt. Gegen 27 Angeschuldigte wurde Anklage erhoben. Diese hatte in 24 Fällen eine mitgliedschaftliche Betätigung und in drei Fällen eine Unterstützung zum Gegenstand. Alle Anklagen wurden zur Hauptverhandlung zugelassen. Gleichzeitig sind 2016 nach Regierungsangaben 16 Urteile gegen 29 Angeklagte ergangen. Freigesprochen wurde kein Angeklagter. In 28 Fällen wurde eine Freiheitsstrafe und in einem Fall eine Jugendfreiheitsstrafe verhängt.
Im Zusammenhang mit Linksterrorismus gab es 2016 nach Regierungsangaben kein neues Ermittlungsverfahren, keine Anklagen und keine Urteile. Wegen Verdachts auf rechtsterroristische Straftaten leitete der Generalbundesanwalt vier Ermittlungsverfahren gegen 25 Beschuldigte neu ein. Diese hatten in 23 Fällen eine mitgliedschaftliche Betätigung und in zwei Fällen eine Unterstützung zum Gegenstand. Dabei wurden nach Angaben der Regierung 22 Telekommunikationsanschlüsse von 13 Beschuldigten und drei elektronische Postadressen von zwei Beschuldigten überwacht. Zudem gab es 20 Hausdurchsuchungen. Gegen acht Beschuldigte wurde Untersuchungshaft angeordnet, Anklage erhoben und das Hauptverfahren eröffnet. Urteile im Zusammenhang mit Rechtsterrorismus sind 2016 nicht ergangen.
Wegen des Tatbestands der kriminellen Vereinigung hat der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren gegen drei Beschuldigte eingeleitet, wie aus der Antwort der Bundesregierung weiter hervorgeht. Das Verfahren hatte in zwei Fällen eine mitgliedschaftliche Betätigung und in einem Fall eine Unterstützung zum Gegenstand. In einem Fall kam es zu einer Hausdurchsuchung. Gegen zwei Beschuldigte wurde Untersuchungshaft angeordnet. Gleichzeitig wurden vergangenes Jahr 14 Ermittlungsverfahren in diesem Zusammenhang eingestellt In einem Verfahren wurde Anklage gegen fünf Angeklagte erhoben und das Hauptverfahren eröffnet. Urteile ergingen 2016 keine.
Die Linke hatte auch gefragt, ob die Bundesregierung vor dem „Hintergrund der zum Teil erheblichen materiellen und immateriellen beruflichen und öffentlichen Schäden bei den Betroffenen solcher Ermittlungsverfahren und dem hohen Anteil der mit Freispruch oder Einstellung beendeten Ermittlungen“ den „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für gewahrt“ halte. Darauf antwortet die Regierung, dass der „unterstellte“ Hintergrund nicht bestehe und im Übrigen „Betroffene etwaige Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen geltend machen“ könnten. Und sie stellt fest: „Die Bundesregierung hält den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für gewahrt.“
Deutscher Bundestag, Parlamentsnachrichten
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