Hunger in Afrika: „Nie dagewesene Zahl“
Berlin: (hib/JOH) Die internationale Gebergemeinschaft sollte ihren Fokus wieder auf die Region um das Horn von Afrika legen, wo sich derzeit die größte humanitäre Katastrophe seit Gründung der Vereinten Nationen abspielt. Das betonte der Leiter des Welternährungsprogrammes (WFP) Deutschland, Ralf Südhoff, am Mittwochmorgen im Entwicklungsausschuss. Die gegenwärtig insbesondere im Südsudan, Jemen, Nigeria und Somalia herrschende Hungersnot sei nicht eine unter vielen globalen Krisen, sondern neben denen in Syrien und dem Irak die derzeit schwerste Krise überhaupt. „28 Millionen Menschen sind in vier Staaten gleichzeitig massiv vom Hunger bedroht“, berichtete Südhoff. „Das ist eine noch nie dagewesene Zahl.“ 1,5 Millionen Kinder stünden kurz vor dem Hungertod, allein im Südsudan seien 40 Prozent der Bevölkerung betroffen.
Weite Gebiete seien für die Helfer nur schwer zugänglich, etwa der Jemen und die von der Terrormiliz Boko Haram beherrschten Territorien im Norden Nigerias. Insgesamt bezifferte Südhoff den kurzfristigen Finanzbedarf auf 4,4 Milliarden US-Dollar.
Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesentwicklungsminister, Hans-Joachim Fuchtel (CSU), erklärte, das Ministerium habe die Mittel für die Region bereits 2016 stark ausgeweitet und wolle dieses Engagement in diesem Jahr in gleicher Höhe fortführen. Insgesamt seien 2017 210 Millionen Euro eingeplant, davon 80 Millionen Euro an bilateralen Hilfen, die vor allem Äthiopien und dem Südsudan zugute kommen sollen. Auch das Auswärtige Amt will sein Engagement - 300 Millionen Euro an humanitärer Hilfe für Afrika in 2016 - genauso fortsetzen, wie eine Vertreterin des Ministeriums berichtete.
Ein Vertreter der Unionsfraktion verwies darauf, dass derart schwere Hungersnöte heute nicht mehr singuläre Ereignisse seien, die alle zehn oder 20 Jahren aufträten. Vielmehr würden sich diese, auch durch das Auftreten von Klima- und Wetterphänomenen wie El Nino, immer mehr häufen.
Die SPD-Fraktion legte das Augenmerk unter anderem auf strukturelle Probleme in den Staaten. So könne Äthiopien in zwei Dritteln des Jahres die Ernährung der Bevölkerung sicherstellen, für den Rest müsse aber nach wie vor die internationale Gemeinschaft aufkommen. Die Frage sei, was die Region aus den Erfahrungen der letzten schweren Hungersnot im Jahr 2011 gelernt habe.
Linke und Grüne bezweifelten, dass die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, die Staaten besser auf solche Situationen vorzubereiten, gefruchtet haben. So urteilte ein Grünen-Abgeordneter, die zahlreichen Programme seien als vorbeugende Maßnahmen offensichtlich nicht geeignet gewesen. Beide Fraktionen übten zudem scharfe Kritik an der Seeblockade der arabischen Koalition im Jemen. Dadurch würden dringend benötigte Hilfslieferungen behindert. Sie forderten die Bundesregierung auf, die jüngst bewilligte Lieferung zweier Fregatten an Saudi-Arabien zu stoppen.
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