Klares Votum für Einheitsdenkmal
Berlin: (hib/AW) Kulturexperten und Vertreter der Zivilgesellschaft haben sich am Mittwoch in einem Fachgespräch des Kulturausschusses mehrheitlich für die Realisierung des Freiheits- und Einheitsdenkmals nach dem Entwurf des Stuttgarter Planungsbüros Milla und Partner auf dem Berliner Schlossplatz ausgesprochen.
Der Kulturausschuss reagierte mit dem Fachgespräch auf die Entscheidung des Haushaltsauschusses vom April 2016, die Gelder für die Errichtung der begehbaren Waagen-Konstruktion mit dem Titel „Bürger in Bewegung“ wegen gestiegener Kosten zu sperren. Im November hatte der Haushaltsausschuss schließlich im Zuge der Beratungen über den Bundeshaushalt 2017 dann stattdessen 18,5 Millionen Euro für den Wiederaufbau der historischen Kolonnaden vor dem Berliner Stadtschloss auf dem erhaltenen Sockel des früheren Kaiser-Wilhelm-Denkmals beziehungsweise Nationaldenkmals bewilligt. An diesem Standort sollte das Freiheits- und Einheitsdenkmal errichtet werden.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der an der Sitzung des Kulturausschusses teilnahm, erinnerte daran, dass der Bundestag in den Jahren 2007 und 2008 zwei Beschlüsse über die Errichtung des Denkmals verabschiedet habe. Bis das Plenum des Bundestages eine andere Entscheidung treffe, seien diese Beschlüsse gültig und müssten auch umgesetzt werden, forderte Lammert. Die Fraktionen bekannten sich im Ausschuss ebenfalls prinzipiell für die Errichtung eines Einheitsdenkmals. Allerdings gehen die Meinungen über Standort und Gestaltung teilweise weit auseinander.
In der Sitzung des Kulturausschusses stellte ein Vertreter von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) klar, dass die in der Presse immer wieder genannte Kostensteigerung um 4,5 Millionen Euro nicht auf die Realisierung des Denkmalentwurfs zurückgehe, sondern auf notwendige Sanierungsarbeiten am Sockel des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Denkmals. Diese Kosten würden auch aus einem anderen Haushaltsposten finanziert. Die zu erwartenden Kosten für die Realisierung des Milla-Entwurfs lägen bei rund 11,7 Millionen Euro. Aber auch dieser Betrag liege über den im Bundestagsbeschluss anvisierten zehn Millionen Euro. Darüber habe die Regierung den Haushaltsausschuss informiert, dies sei im Bundestagsbeschluss von 2008 auch ausdrücklich so vorgesehen.
Andreas H. Apelt, Bevollmächtigter des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft, sagte, die Entscheidung für Denkmale in Berlin und Leipzig sei richtig. Die Entscheidung des Haushaltsausschusses dürfe „nicht das letzte Wort sein“. In diesem Sinne argumentierten auch der Historiker Christoph Stölzl, der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und der Geschäftsführer der Robert Havemann-Gesellschaft, Olaf Weißbach. Eine ästhetische Entscheidung könne nicht durch eine Budgetentscheidung gekippt werden, argumentierte Stölzl. „Selbstverständlich“ brauche Deutschland ein solches Denkmal in seiner Hauptstadt. Jede andere Nation halte dies ebenso. Das Konzept der Waage sei ästhetisch bislang auch nicht überzeugend widerlegt worden, ein neuer Wettbewerb werde keinen besseren Entwurf hervorbringen, sagte Stölzl. Es sei nicht zu erwarten, dass Frankreich Deutschland eine Freiheitsstatue schenke wie den Vereinigten Staaten, fügte er an. Auch Olaf Weißbach sprach sich gegen einen neuen Wettbewerb aus. Er plädierte allerdings dafür, am Denkmal selbst zusätzlich einen Ort der Information zu schaffen, um Besuchern eine Einordnung der Ereignisse der Jahre 1989/90 zu bieten.
Wolfgang Thierse plädierte mit Nachdruck dafür, in der Hauptstadt nicht nur der dunklen Kapitel deutscher Geschichte zu gedenken, sondern auch der positiven. Er betrachte es als Ostdeutscher durchaus als eine Art der „Missachtung“, wenn der friedlichen Revolution von 1989 kein Denkmal errichtet werde. Thierse wies auch haushaltspolitische Argumente zurück. Der Haushaltsausschuss habe die Sperrung der Gelder für das Freiheits- und Einheitsdenkmal mit der Bereitstellung von 18,5 Millionen Euro für die Wiedererrichtung der Kolonnaden des früheren Kaiser-Wilhelm-Denkmals am gleichen Ort konterkariert, sagte Thierse. Die Kunsthistorikerin und Denkmalpflegerin Gabi Dolff-Bonekämper von der Technischen Hochschule Berlin sagte, der gewählte Ort des Freiheits- und Einheitsdenkmals sei gerade wegen dieser historischen Ambivalenz richtig. Sie begrüßte zudem ausdrücklich, dass der Entwurf für das Denkmal offen für Deutungen sei.
Johannes Milla, Kreativdirektor und Geschäftsführer von Milla und Partner, sagte dem Kulturausschuss zu, das Denkmal könne noch immer bis November 2019 zum 30-jährigen Jubiläum der friedlichen Revolution fertiggestellt werden.
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