Vorwürfe an Regierung im Abgas-Skandal
Berlin: (hib/STU) Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft der Bundesregierung Untätigkeit und Verharmlosung des Abgas-Skandals vor. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch bezeichnete das Verhalten der Regierung im Untersuchungsausschuss des Bundestages als „alarmierend“und sprach von „Nichtstun“ sowie einer „Wegschau-Mentalität“. Es gehe um millionenhaften Betrug an Dieselfahrern, Hunderttausenden Erkrankungen und jährlich 10.600 Toten in Deutschland durch giftige Stickoxide.
Aus Sicht von Resch hätte die Politik seit langem wissen können, dass Autohersteller illegale Einrichtungen verwenden, um die Abgasreinigung zu reduzieren. Seit 2007 habe die Umwelthilfe dies immer wieder thematisiert auf Pressekonferenzen sowie in regelmäßigen Gesprächen mit Politikern. So will die DUH auch mit dem ehemaligen Umweltminister und heutigem Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) und der aktuellen Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) darüber gesprochen haben. Letztlich habe man dort auf die Zuständigkeit des Verkehrsministeriums verwiesen, obwohl das Umweltressort für die Luftreinhaltung verantwortlich sei. Da Bundeswirtschaftsministerium habe sich in Gesprächen immer klar als Interessensvertreter der deutschen Wirtschaft gesehen. Vom Verkehrsministerium sieht sich die DUH ausgebremst. Seit 15 Monaten seien alle Versuche für Treffen mit der Spitze des Ministeriums gescheitert. Resch sprach von einem „Bann“ gegenüber seinem Verband.
Resch präsentierte den Abgeordneten eine Unmenge an Zahlen, auch aus vielen eigenen Tests, um Grenzwertüberschreitungen von Diesel-Fahrzeugen um ein Vielfaches zu belegen. Für die DUH ist klar, dass Hersteller illegale Abschalteinrichtungen benutzen, damit ihre Autos auf dem Prüfstand die Werte einhalten. Den Beweis könne er nicht erbringen, räumte Resch ein. Den habe es aber auch in den USA nicht gegeben. Dort habe VW den Verstoß eingeräumt. Mit der Haltung, das illegale Verhalten der Hersteller sei belegt, findet die Umwelthilfe kaum Unterstützer. Bis Herbst 2015 habe man „keinen wirklichen Nachhall gehabt“, beklagte Resch. Die Bundesregierung habe die Nutzung solcher Einrichtungen vor dem VW-Skandal für eine legale Auslegung der EU-Vorschriften gehalten. Dies sahen auch Prüforganisationen und der ADAC so.
Vertreter von Union und SPD im Ausschuss stellten in der mehr als fünfstündigen Vernehmung von Resch immer wieder kritische Nachfragen. Die CDU/CSU zweifelte an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der die von der Bundesregierung geforderte Belegführung mit einer Toten mit fünf Einschüssen verglich, bei der Polizei sich weigere zu ermitteln, wenn nicht erwiesen sei, dass es sich nicht um Selbstmord handele. Die SPD stellte die von der DUH genutzten Messverfahren in Frage.
Der Verband vertritt seine Haltung aggressiv, mehrfach sprach Resch davon, das Thema immer wieder „skandalisiert“ zu haben. Oft beschreitet die DUH den Klageweg. Resch sprach von 10 bis 15 Rechtsverfahren, in denen es um Auskunftsersuchen bis hin zum Entzug von Typzulassungen gehe. Hinzu kommen 15 Klagen gegen Länder und Städte wegen zu hoher Stickoxidwerte.Die Umwelthilfe hatte wegen der hohen Stickoxidwerte in Innenstädten im September vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf ein Urteil erwirkt, wonach die Kommune schnellstmöglich, spätestens 2018, Fahrverbote für Dieselautos verhängen soll. Die nordrhein-westfälische Landesregierung legte Revision ein, stimmte aber einer Sprungrevision zu, so dass das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sich damit befassen wird. Ein Urteil könnte noch 2017 fallen.
Gegen Opel und seinen Vorstandschef hat die DUH Strafanzeige gestellt, es laufen derzeit Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main.
Scharfe Kritik äußerte Resch an der Arbeit der von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) nach Bekanntwerden des VW-Skandals eingesetzten Untersuchungskommission. Der im April vorgestellte Bericht sei lückenhaft. Die DUH klagt auch hier auf Herausgabe weiterer Daten der Untersuchungen von 53 Dieselmodellen. Das Verkehrsministerium betont jedoch, die Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen. Dass das Ministerium mehrere Hersteller zu freiwilligen Rückrufen bewegte, weil Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abgasdrosselung in bestimmten Temperaturbereichen bestanden, bezeichnete Resch als „beweisfähig“.
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