Änderungen bei Grundsicherung umstritten
Berlin: (hib/HAU) Die von der Bundesregierung geplanten Änderungen der Regelsätze in der Grundsicherung nach dem Zweiten und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB XII) (18/9984) sowie die von der Regierung vorgelegte Novelle des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) (18/9985) stoßen auf ein unterschiedliches Echo. Das wurde während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag deutlich. Mit Blick auf die Änderungen bei SGB II und SGB XII. sagte Christina Ramb von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), die Regelbedarfe seien in einem „transparenten und verfassungsgemäßen“ Verfahren ermittelt worden. Sie würden auf der einen Seite das Existenzminimum abdecken und auf der anderen Seite den Lohnabstand zu geringen Einkommen wahren, betonte Ramb.
Aus Sicht des Einzelsachverständigen Andy Groth ist der Gesetzentwurf „mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum vereinbar“. Die Neudefinition der Regelbedarfsstufen werde zur Rechtsbefriedung beitragen, so der Experte. „Zulässig und angemessen“ ist nach Ansicht des Deutschen Landkreistages die geplante Neuregelung, sagte Landkreistagsvertreterin Irene Vorholz. Dass bestimmte Verbrauchsausgaben bei der Ermittlung der Regelbedarfe, wie etwa Tabak und Alkohol aber auch ein eigenes Auto, keine Beachtung gefunden haben, liege im Spielraum des Gesetzgebers und ist aus Sicht der Kommunalvertreterin angemessen.
Kritik an der Regelung gab es durch Michael David von der Diakonie Deutschland. Für Alleinstehende und Alleinerziehende müsse seiner Ansicht nach der Regelsatz 150 Euro höher liegen, bei Paargemeinschaften bei 143 Euro mehr und bei Kindern zwischen 18 und 80 Euro. David bemängelte zudem, dass schulische Bedarfe im Teilhabepaket nicht ausreichend bedacht seien.
Nach Meinung der Einzelsachverständigen Irene Becker genügt die Vorgehensweise zur Ermittlung des soziokulturellen Existenzminimums „nicht den wesentlichen Anforderungen der angeblich gewählten empirisch statistischen Methode“. Der Spielraum des Gesetzgebers, den es zweifelsfrei gebe, sollte laut Becker an anderer Stelle als bei „Herausnahmen und Kürzungen“ liegen. Der Entwurf führe in seiner jetzigen Form zu einer massiven Bedarfsunterdeckung.
Was die Änderungen bei den Leistungen für Asylbewerber angeht, so sprachen sich mehrere Sachverständige für einen Aufhebung des Asylbewerberleistungsgesetzes aus. Dieses sei ein „bürokratisches Monster“, kritisierte Stefan Keßler vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst-Deutschland. Es entspreche zudem weder den verfassungsrechtlichen noch den völkerrechtlichen Anforderungen. Die in der Novelle geplanten Kürzungen seien nicht begründet und nicht nachvollziehbar, bemängelte Irene Becker. Auch Vertreter von Caritas und Diakonie sprachen sich für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes aus und forderten dazu auf, die darin enthaltenen Leistungen in die normale Sozialgesetzgebung zu integrieren.
BDA-Vertreterin Christina Ramb sah hingegen ebenso wie Andy Groth die Neuregelung des AsylbLG und die damit verbundene Neustrukturierung der Bedarfsstufen als verfassungskonform an. Vertreter von Landkreistag und Städtetag plädierten für eine zügige Durchführung des Gesetzgebungsverfahrens. Schon jetzt sei man spät dran, wenn das Gesetz ab 1. Januar 2017 von den Verwaltungen in Ländern und Kommunen umgesetzt werden soll. Positiv bewertet wurde von allen Experten die geplante Regelung, wonach monatlich bis zu 200 Euro an Einnahmen aus einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht auf die Leistungen nach dem AsylbLG angerechnet werden sollen.
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