Regeln für Elternschaft bei Samenspende
Berlin: (hib/PST) Das Bundesverfassungsgericht habe aus dem Grundgesetz das Recht auf Kenntnis der biologischen Eltern abgeleitet, bei Samenspenden gebe es hierfür aber einige Regelungslücken. Dies erklärte die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Renate Künast (Bündnis 90/Grüne), bei einer öffentlichen Anhörung ihres Gremiums. In dieser begutachteten sechs Sachverständige einen Antrag der Grünen-Fraktion über „Elternschaft bei Samenspende und das Recht der Kenntnis eigener Abstammung“ (18/7655). Der Antrag fordert die Einrichtung eines Melde- und Auskunftssystems, in dem die Identität des Samenspenders festgehalten ist. Ein Vermerk im Geburtsregister soll darauf verweisen. Wenn gewünscht sollten durch Samenspende gezeugte Kinder eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit dem Samenspender und gegebenenfalls auch Halbgeschwistern erhalten.
Im Grundsatz begrüßten alle Sachverständigen diesen Vorstoß. Bedenken gab es aber teilweise gegen den Vermerk im Geburtsregister. Dieses habe alleine den Zweck, den Personenstand festzuhalten, sagte Eva Becker, Fachfrau für Familienrecht im Deutschen Anwaltsverein. Helga Müller von der Deutschen Vereinigung von Familien nach Samenspende sowie der Marburger Rechtsprofessor Tobias Helms pflichteten ihr bei. Beide verwiesen auf Datenschutz-Probleme. Das Geburtenregister könnten unter bestimmten Voraussetzungen auch Dritte einsehen und so diese sensible Information erhalten.
Dagegen hob die Bonner Jura-Professorin Nina Dethloff hervor: „Es muss sichergestellt werden, dass Kinder überhaupt von ihrer Zeugung aus einer Samenspende erfahren.“ Nur dann könnten sie nachfragen und das im Antrag geforderte Samenspender-Register überhaupt nutzen. Der Eintrag im Geburtsregister sei auch wichtig, damit Eltern ihre Kinder über ihre Abstammung aufklären, da sie damit rechnen müssen, dass diese irgendwann auf diesen Eintrag stoßen. Ein von Manchen postuliertes Recht des Kindes auf Nichtwissen gebe es nicht, sagte Dethloff; dies würde das Recht auf Kenntnis der Abstammung aushebeln. Dem pflichtete Christina Motejl vom Verein Spenderkinder bei. Adoptivkinder würden zu 90 Prozent über ihre Herkunft aufgeklärt, Kinder von Samenspendern dagegen nur zu 20 Prozent. „Der Zugang zur Wahrheit sollte vom Gesetzgeber geschützt werden“, forderte sie. Tobias Helms regte daraufhin eine Regelung an, die sicherstellt, dass der Eintrag über die Samenspende im Geburtsregister bei der Anforderung eines Auszugs durch Dritte nicht erscheint.
Kontrovers äußerten sich die Sachverständigen auch über verbindliche Elternschaftsvereinbarungen, mit denen sich ein Paar, das mithilfe einer Samenspende zu einem Kind kommt, schon vor der Befruchtung zur Übernahme der Elternpflichten bereit erklärt. Frank Klinkhammer, Richter am Bundesgerichtshof, verwies darauf, dass nach dem Grundgesetz „nichteheliche Kinder“ nicht benachteiligt werden dürfen. Da Samenspender aber von der Verantwortung für das gezeugte Kind freigestellt würden, müsse in diesem Fall der „Wunschvater“ zur Vaterschaft verpflichtet sein. Dagegen gab es keinen Widerspruch. Doch zu der Frage, ob dafür eine bestimmte Form vorgeschrieben und die Erklärung beispielsweise im Jugendamt hinterlegt werden soll, gingen die Meinungen auseinander.
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