Asylverfahren unter der Lupe
Berlin: (hib/CHE) Als Schritt in die richtige Richtung, dem aber noch weitere folgen müssen, haben Experten die Pläne der Bundesregierung zur Änderung des Asylrechts bezeichnet. In einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am Montag zum Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes (18/6185) und einiger Oppositionsanträge (18/3839; 18/6190; 18/4694; 18/5370) mahnte die Mehrheit der geladenen Sachverständigen schnellere Verfahren an. Auch der Plan, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten auf Albanien, Kosovo und Montenegro zu erweitern, fand eine überwiegend positive Resonanz. Es wurde aber auch Kritik laut, unter anderem an der Reduzierung der Sozialleistungen und an der Rückkehr zum Sachleistungsprinzip in den Erstaufnahmeeinrichtungen.
Anita Schneider, Landrätin des Landkreises Gießen, bekräftigte, dass die Kommunen dringend mehr Ressourcen bräuchten, um die Integration der Flüchtlinge meistern zu können. Einen sehr großen Bedarf sah Schneider unter anderem bei der Einstellung von Lehrern. Wie ihre Kollegen vom Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund forderte auch Schneider Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Länder das ihnen vom Bund überwiesene Geld auch an die Kommunen weiterleiten.
Uwe Lübking vom Deutschen Städte- und Gemeindebund forderte: „Wir brauchen eine Atempause, um die Integration der Menschen gewährleisten zu können. Wir erwarten eine Begrenzung des Zuzugs und eine Beschleunigung der Verfahren.“ Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag bezeichnete den Plan eines verlängerten Aufenthalts von Flüchtlingen in Erstaufnahmeeinrichtungen und Leistungskürzungen für ausreisepflichtige Flüchtlinge als „nachvollziehbar und richtig“. Dem schloss sich auch Winfried Kluth, Professor für Öffentliches Recht an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, an. Natürlich könne man über Sachleistungen für Flüchtlinge kontrovers diskutieren. Er halte dies jedoch für verfassungsrechtlich zulässig, so Kluth. Die Neuregelungen seien zudem flexibel genug, um sicherzustellen, „dass das bürokratisch aufwändigere System der Sachleistung nicht der effektiven Bereitstellung des persönlichen Bedarfs entgegensteht“. Die Gesetzesänderungen würden erheblich dazu beitragen, den Missbrauch des Asylrechts einzudämmen und die Attraktivität Deutschlands als Zielland zu senken, zeigte sich Hans-Eckhard Sommer vom Bayerischen Staatsministerium des Inneren überzeugt. Es müsse dafür gesorgt werden, dass das Asylrecht nur für die politisch Verfolgten gelte, betonte Sommer.
Kritik kam dagegen von den Kirchen. Nele Allenberg, die als gemeinsame Vertreterin sowohl für die evangelische als auch für die katholische Kirche geladen war, bezeichnete zwar die Ziele der Gesetzesänderungen als mit kirchlichen Zielen vereinbar. Sie äußerte jedoch deutliche Kritik an der Absenkung des Leistungsniveaus für bestimmte Gruppen von Flüchtlingen. „Das halten wir für verfassungswidrig. Der abgesenkte Bedarf ist nicht begründbar“, sagte sie. Auch sei durch die Verpflichtung, länger als bisher, nämlich künftig sechs Monate, in Erstaufnahmeeinrichtungen zu wohnen, eine erhebliche Verschlechterung der Situation von Asylsuchenden zu erwarten, mahnte Allenberg.
Ähnlich äußerte sich Claudius Voigt von der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender (GGUA Flüchtlingshilfe). Man müsse die positiven Aspekte des Entwurfs mit der Lupe suchen. So sei die Öffnung der Integrationskurse für Asylsuchende zwar zu begrüßen, aber die derzeitigen Planungen würden dazu führen, dass 98 Prozent der Geduldeten weiter keinen Zugang zu den Kursen haben, befürchtete Voigt. Die Regelung, sechs Monate in einer Erstaufnahmeeinrichtung bleiben zu müssen, verhindere eine frühzeitige Integration und verschärfe die prekäre Unterbringungssituation dort. Wie Allenberg bezeichnete auch er die Leistungskürzungen für ausreisepflichtige Asylbewerber als verfassungswidrig.
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