Bilanz zur deutschen Berufsbildung
Berlin: (hib/ROL) Aus Sicht der Bundesregierung sind die Qualität, die guten Übergänge von Ausbildung in Beschäftigung und die geringe Jugenderwerbslosigkeit ausschlaggebend für den Erfolg und das hohe Ansehen der deutschen Berufsbildung. Die duale Berufsausbildung sei ein wesentlicher Pfeiler der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und zentral für den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft, schreibt die Bundesregierung im als Unterrichtung vorliegenden Berufsbildungsbericht 2015 (18/4680). Gerade im Ausland gebe es eine große Wertschätzung für das deutsche System und das werde erneut durch aktuelle politische Initiativen der EU und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bestätigt. Es gebe nochmals eine verstärkte Nachfrage von europäischen und außereuropäischen Staaten nach bildungspolitischen Kooperationen mit Deutschland gerade im Bereich des dualen Systems, schreibt die Bundesregierung weiter. In der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern zur beruflichen Bildung sei Deutschland der größte Geber weltweit. Es sei im Interesse der deutschen Unternehmen, diesen Wettbewerbs- und Standortfaktor zu erhalten und weiterhin in hohem Maße in die berufliche Aus- und Weiterbildung zu investieren.
Zugleich stehe das deutsche Berufsbildungssystem vor der Herausforderung, auch in Zukunft eine tragende Säule des deutschen Bildungssystems zu bleiben und die adäquate Qualifizierung des künftigen Fachkräftebedarfs zu sichern. Dazu müsse das Berufsbildungssystem fortlaufend modernisiert und verstärkt als attraktive, gleichwertige Alternative zur akademischen Bildung ausgestaltet werden. Dies gelte besonders im Hinblick auf schon länger festzustellende Entwicklungen, die sich bereits heute auf das System auswirken. Dazu gehöre vor allem die demografische Entwicklung. Die Bevölkerungszahl in Deutschland werde nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes (2009) von rund 81 Millionen bis zum Jahr 2060 auf 65 bis 70 Millionen Menschen zurückgehen. Bereits heute gebe es Fachkräfteengpässe. Die Alterung der Gesellschaft werde dieses Problem in den nächsten Jahren verschärfen, da eine hohe Fachkräftezahl aus den „geburtenstarken Jahrgängen“ in Rente gehen werde. Um wachstumshemmenden Einflüssen des demografischen Wandels und damit auch einem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen, müssten die vorhandenen Arbeitskräftepotenziale sowie das Potenzial qualifizierter Zuwanderer besser genutzt werden, heißt es im Berufsbildungsbericht. Für die berufliche Bildung bedeute dies, alle Potenziale im Land zu erschließen und die Integrationskraft des dualen Ausbildungssystems gezielt für bestimmte Personengruppen, zum Beispiel Jugendliche mit Migrationshintergrund, junge Menschen im Übergangsbereich und junge Erwachsene ohne Qualifizierung, zu verbessern. Deutschland benötige darüber hinaus in den kommenden Jahren weiterhin eine verstärkte Zuwanderung von Fachkräften und von Hochqualifizierten.
Hinzu komme, dass die berufliche Ausbildung beim Nachwuchs in zunehmendem Wettbewerb mit den Hochschulen stehe. Während die Zahl der beruflichen Ausbildungsverhältnisse in den letzten Jahren gesunken sei, sei die Zahl der Studienanfänger in Deutschland in der gleichen Zeit stark gewachsen und stabilisiere sich nun auf hohem Niveau. Die Studienanfängerquote liege nach Angaben des Statistischen Bundesamtes seit dem Jahr 2011 bei über 50 Prozent, im Jahr 2013 bei 53,1 Prozent und nach ersten vorläufigen Ergebnissen im Jahr 2014 bei 57,3 Prozent. Die längerfristigen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, etwa im Hinblick auf dessen Aufnahmevermögen für akademisch Qualifizierte und die Auswirkungen auf Verdienst- und Karriereperspektiven, seien ein wichtiges zukünftiges Forschungsthema. Es wäre allerdings ein falsches bildungspolitisches Signal, diese Entwicklung im Sinne bildungsplanerischer Eingriffe zugunsten der beruflichen Bildung steuern zu wollen, schreibt die Bundesregierung. Stattdessen müsse die Attraktivität des Systems der beruflichen Bildung selbst spürbar erhöht werden, die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung, etwa durch den Ausbau beruflicher Spitzenqualifikationen, verbessert und die Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Hochschulbildung - auch durch neue Anrechnungsmechanismen - weiter verstärkt werden.
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