Zu wenige Frauen in Führungspositionen
Berlin: (hib/AW) Viele Bereiche der Kulturbranche werden zwar von Frauen zahlenmäßig dominiert, an den Schlüsselstellen jedoch unterrepräsentiert. Dies war der einhellige Befund in einer öffentlichen Anhörung des Kulturausschusses am Mittwoch. Der Ausschuss hatte sechs Sachverständige geladen, um sich über die Situation von Frauen im Kulturbetrieb zu informieren und deren Meinungen zum Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Grundlagen für Gleichstellung im Kulturbetrieb schaffen“ zu erfragen.
Besonders auffällig gestaltet sich das Missverhältnis in der Buchbranche. Valeska Henze, Vorsitzende des Vorstandes des Vereins BücherFrauen, verwies darauf, dass 80 Prozent der Festangestellten in der Buchbranche Frauen seien, aber nur 16 Prozent der Posten in den Führungsetagen von Frauen besetzt seien. Auffällig sei zudem, dass sich gerade die großen Verlagshäuser gegen die Einführung von Teilzeitarbeitsmodellen wehren. Für Frauen, die ein Kind bekommen, sei die Karriere praktisch beendet. Zudem sei der sogenannte Gender Pay Gap in der Buchbranche deutlich höher als in anderen Bereichen. So liege das Durchschnittseinkommen von Frauen in der Buchbranche um 28 Prozent unter dem von Männern.
Ein ähnliches Bild zeichnete die Filmemacherin Maria Mohr, Vorstandsmitglied im Verein Pro Quote Regie, für die Filmbranche. Bei lediglich einem von fünf deutschen Filmen führe eine Frau Regie. Dies stehe in einem deutlichen Missverhältnis zu der Tatsache, dass 42 Prozent der Absolventen der Filmhochschulen in Deutschland Frauen seien. Prinzipiell sei die Beobachtung zu machen, dass der Anteil von Frauen in den höheren Positionen bei Filmproduktionen mit der Größe des Budgets sinke. Diesen Befund schloss sich auch die ehemalige Berliner Kultursenatorin und freie Publizistin und Kuratorin Adrienne Goehler an. Die Leitung von Theatern und Museen würde vor allem dann an Frauen vergeben, wenn diesen das Geld ausgehe. Mohr und Goehler plädierten mit Nachdruck für Quoten bei der Vergabe von Leitungspositionen bei öffentlichen oder öffentlich geförderten Kultureinrichtungen und im Bereich der Filmförderung. Die geplante Novellierung des Filmfördergesetzes müsse genutzt werden, um weibliche Filmschaffende gezielt zu fördern, sagte Mohr. Quoten seien eben keine Wettbewerbsverzerrung, sondern könnten Verzerrungen im Wettbewerb beseitigen, fügte sie hinzu. Goehler räumte ein, dass Quoten zwar unschön und „antidemokratisch“ seien, aber die Realitäten für Frauen im Kulturbetrieb eben auch. Für die paritätische Besetzung von Gremien und Jurys im Kulturbetrieb sprach sich auch die Geschäftsführerin des Frauenkulturbüros Nordrhein-Westfalen, Ursula Theißen, aus. Ebenso müsste bei staatlichen Museen darauf geachtet werden, dass die Werke von Künstlerinnen bei Ankäufen und Ausstellungen gleichberechtigt berücksichtigt werden.
Die stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates, Gabriele Schulz, verwies darauf, dass die Situation der Frauen im Kulturbereich sehr differenziert betrachtet werden müsse. Die Situation von freiberuflichen Kulturschaffenden unterscheide sich deutlich von der Situation von angestellten. Positiv sei, dass der Anteil von freiberuflichen Frauen, die über die Künstlersozialkasse versichert sind, von 1995 bis 2010 deutlich gestiegen sei und sich in den meisten Bereichen mit Ausnahme der Musikbranche dem Anteil der Männer angepasst habe. Allerdings liege ihr Einkommen weiterhin unter dem männlicher Freiberufler.
Jutta Troost, Referentin für Gleichstellungsangelegenheiten beim Deutschen Städtetag, zeichnete ein eher negatives Bild von der Situation von Frauen im Kulturbereich der Kommunen. Dort sei zwar einerseits eine sehr große Anzahl gut ausgebildeter Frauen anzutreffen. In den Führungspositionen der Kulturverwaltung seien sie jedoch auch hier unterrepräsentiert.
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