Reformen nach NSU-Desaster
Berlin: (hib/KOS) Die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste verstärken, die Tätigkeit von V-Leuten neu regeln, die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden intensivieren: Solche und andere Reformideen finden sich in einem von allen vier Parteien vorgelegten Antrag (18/558), der die Umsetzung der Forderungen des Untersuchungsausschusses zu der Mordserie anmahnt, die dem sogenannten „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) angelastet wird. Der fraktionsübergreifende Vorstoß soll am Donnerstag dieser Woche im Plenum beraten und verabschiedet werden.
Der in der zurückliegenden Legislaturperiode eingesetzte Untersuchungsausschuss sollte das staatliche Versagen bei den jahrelang erfolglosen Ermittlungen zu der Erschießung von neun türkisch- oder griechischstämmigen Kleingewerbetreibenden und einer deutschen Polizistin durchleuchten. Die kritische Analyse der Fehlgriffe und Pannen von Verfassungsschutz und Polizei nahm das parlamentarische Gremium zum Anlass, Konsequenzen aus diesem Desaster zu ziehen und im Abschlussbericht (17/14600) auch 50 konkrete Verbesserungsvorschläge für die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu präsentieren.
Der Antrag der vier Fraktionen ruft die Regierung auf, „diese Empfehlungen zügig und umfassend umzusetzen“. Der Bundestag unterstütze, wie es in dem Entwurf heißt, die Bemühungen der Regierung, zusammen mit den Ländern Wege für die Verwirklichung der Reformvorschläge auch im Zuständigkeitsbereich der Länder zu entwickeln. Die zuständigen Ausschüsse des Bundestags würden sich ebenfalls „kontinuierlich und mit Nachdruck“ für die Umsetzung der Empfehlungen engagieren.
Der Untersuchungsausschuss machte sich in seinem Forderungskatalog dafür stark, die gesellschaftliche Präventionsarbeit auszubauen, um vor allem der Ausbreitung rechtsextremistischen Gedankenguts unter jungen Leuten entgegenzuwirken. Großen Wert hat das Gremium darauf gelegt, die „interkulturelle Kompetenz“ als festen Bestand der Polizeiausbildung zu verankern. Dazu gehöre es auch, sich mit den Gründen zu befassen, die zum Scheitern der Ermittlungen bei der dem NSU zugerechneten Mordserie führten.
Eine wesentliche Einsicht des Untersuchungsausschusses war, dass bei den diversen Polizeibehörden und Verfassungsschutzämtern auf Landes- und Bundesebene zu den zehn Erschießungen durchaus eine Vielzahl von Informationen vorlag, diese aber zum Teil nicht weitergeleitet und teils auch nicht adäquat analysiert wurden. Künftig müssten Erkenntnisse von länderübergreifendem Gewicht zentral zusammengeführt und gründlich ausgewertet werden. Das Gremium plädierte dafür, bei Fällen von länderübergreifender Bedeutung eine „zentrale ermittlungsführende Dienststelle mit klar geregelten Weisungsbefugnissen“ einzurichten. Mit einer solchen Aufgabe müsse nicht unbedingt das Bundeskriminalamt beauftragt werden, auch eine Landespolizei könne in Frage kommen. Generell machte sich der Ausschuss dafür stark, die Kooperation von Geheimdienst- und Polizeiinstanzen zu vertiefen.
Neu geregelt werden müssten, wie es im Abschlussbericht des Gremiums heißt, die Kriterien für Eignung, Auswahl und Tätigkeit von V-Leuten. Der jetzt vorgelegte gemeinsame Antrag weist indes darauf hin, dass zwischen den Fraktionen zur Rolle des Verfassungsschutzes und zu V-Leuten auch unterschiedliche Auffassungen existieren. Nach dem Willen von Linken und Grünen sollen etwa grundsätzlich keine Spitzel mehr eingesetzt werden.
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