Erklärung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur Unterzeichnung des 17-Punkte-Akommens zwischen der Regierung der Volksrepublik China und Vertretern der damaligen tibetischen Regierung vor 70 Jahren
Am 23. Mai 1951 beendete die Unterzeichnung des umstrittenen 17-Punkte-Abkommens die De-facto-Unabhängigkeit Tibets. Die Unterzeichnung des Abkommens wurde auch unter dem Druck des chinesischen Militärs erzwungen, das Tibet in den Jahren zuvor, beginnend 1949, besetzt hatte.
Während die chinesische Regierung unter Führung der Kommunistischen Partei (KP) die Unterzeichnung des 17-Punkte-Abkommens bis heute als friedliche Befreiung bezeichnet und feiert, sehen sich die Tibeter der Herrschaft der KP ausgeliefert, die mit weitreichenden Einschränkungen und der Verletzung ihrer grundlegenden Rechte verbunden ist. Im März 1959 wurde der Volksaufstand der Tibeter blutig niedergeschlagen. Der Dalai Lama musste seine Heimat verlassen und floh nach Indien.
Die chinesische KP setzt seither und im Widerspruch zum Inhalt des 17-Punkte-Akommens ihre Strategie der Assimilierung und Sinisierung fort, gegenüber Tibetern ebenso wie in anderen Regionen der Volksrepublik Chinas gegenüber anderen Minderheiten. Der Vertrag sah u. a. die Autonomie Tibets im Hinblick auf den Erhalt seines politischen Systems sowie eine Garantie für den Status, die Funktionen und Befugnisse des Dalai Lama vor. Darüber hinaus gewährleistete das Abkommen den Schutz des religiösen Glaubens, der Sitten und Gebräuche des tibetischen Volkes.
Heute sind Kultur, traditionelle Lebensweise, Sprache, Identität und Religion der Tibeter bedroht. Das politische System Tibets ist entgegen dem Vertrag völlig abgeschafft worden. Das 17-Punkte-Akommen diente nur der Ausdehnung der Macht der chinesischen KP, nicht dem friedlichen und gleichberechtigen Zusammenleben. Der friedliche Widerstand des tibetischen Volkes gegen die gezielte Entrechtung braucht dringend weltweit mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung.
Die weltliche und spirituelle Führung der Tibeter wählte in der zurückliegenden 70 Jahren gewaltsamer Unterdrückung immer wieder den Weg des Friedens. Der „Mittlere Weg“ des Dalai Lama ist eine Chance, mögliche Konflikte für die Zukunft zu vermeiden.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Deutschen Bundestages befürwortet den gewaltfreien Weg des tibetischen Volkes, seinen Willen auf Selbstbestimmung in dieser Form zum Ausdruck zu bringen und fordert die chinesische Regierung erneut auf, die Menschenrechte der Tibeter sowie ihre Kultur und Religion zu respektieren und diese endlich zu gewährleisten, so wie es das 17-Punkte-Abkommen vorsah und wie es selbst in der Verfassung der Volksrepublik China garantiert wird.
Die Menschenrechtsverletzungen gegenüber allen religiösen und ethnischen Minderheiten in der Volksrepublik China und die massiven Eingriffe in das religiöse und kulturelle Leben sowie die persönliche Freiheit sind sofort zu beenden. Der Ausschuss fordert die chinesische Regierung auf, die Repressionen gegen das tibetische Volk sofort einzustellen und den Dialog mit den legitimen Vertretern der Tibeter wieder aufzunehmen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe bringt in Anbetracht der systematischen Menschenrechtsverletzungen in China seine scharfe Kritik zum Ausdruck. Der Ausschuss wird in seinem Engagement nicht nachlassen, diese Menschenrechtsverletzungen immer wieder zu thematisieren und die Verbesserung der Lage der Menschenrechte in China vehement einzufordern.
Die vorstehende Erklärung wurde mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. und bei Abwesenheit der Fraktion der AfD angenommen.