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Ausschüsse

Physische, psychische oder sexualisierte Gewalt gegen Sportlerinnen und Sportler

Zeit: Mittwoch, 5. Mai 2021, 14 bis 16.30 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal E 400

Für die Schaffung eines unabhängigen Zentrums „Safe Sport“ setzt sich der Verein Athleten Deutschland ein. Während einer öffentlichen Anhörung der Sportausschusses am Mittwoch, 5. Mai 2021, unter Leitung von Dagmar Freitag (SPD) zum Thema „Physische, psychische oder sexualisierte Gewalt gegen Sportlerinnen und Sportler“ sagte Maximilian Klein, Beauftragter für Internationale Sportpolitik und Organizing bei Athleten Deutschland, die Athleten bräuchten eine zentrale unabhängige Anlaufstelle.

Von Gewalt betroffene Sportler würden die internen Ansprechpersonen der Verbände nicht als vertrauenswürdig ansehen, da sie als „Institution der Täter“ wahrgenommen würden. Betroffene hätten Angst, dass ihnen nicht geglaubt und nicht geholfen wird, und dass die Hinweise nicht anonym bleiben, sagte Klein. Es seien in der Vergangenheit verbandsintern vielfach Hinweise auf Missbrauch gegeben worden, denen aber nicht gefolgt worden sei.

„Verantwortung für die Prävention bei den Verbänden belassen“

Unterstützung erhielt der Athletenvertreter von Prof. Dr. Bettina Rulofs, Koordinatorin der Studie Safe Sport zur sexualisierten Gewalt im Spitzensport. Der Studie zufolge hat ein Drittel aller befragten Kadersportlerinnen und Kadersportler hat schon einmal eine Form von sexualisierter Gewalt im Sport erlebt. Rulofs sprach sich dafür aus, die Verantwortung für die Prävention, bei der in den vergangenen Jahren viele Schritte erfolgt seien, bei den Verbänden zu belassen.

Benötigt werde aber ein Monitoring der Präventionsmaßnahmen. „Wir wissen gar nicht, ob die Präventionsmaßnahmen der Verbände Wirkung zeigen“, sagte sie. Im Bereich der Intervention brauche es aber unabhängige Stellen. Betroffene hätten kein Vertrauen in die Ansprechpersonen der Verbände, bestätigte sie den Befund Kleins.

„Brauchen Erkenntnisse aus dem Breiten-, Kinder- und Jugendsport“

Für bestimmte Aufgaben könne die Einrichtung einer unabhängigen Stelle sinnvoll und hilfreich sein, bestätigte auch Petra Tzschoppe, Vizepräsidentin Frauen und Gleichstellung beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Ein bundesweites, unabhängiges Zentrum für unterschiedliche Aufgaben in Prävention, Intervention und Aufarbeitung sei aber nicht der Königsweg, befand sie. Es brauche auch innerhalb der Sportstrukturen Ansprechpersonen. Die pauschale Aussage, hier fehle es an Vertrauen, könne sie nicht nachvollziehen. Dazu brauche es eine genauere Datenbasis, sagte Tzschoppe.

Fehlende Daten bemängelte auch Christina Gassner, Geschäftsführerin der Deutschen Sportjugend im DOSB. Die Safe-Sport-Studie, für die sie dankbar sei, beschränke sich auf den Spitzensport. „Wir brauchen Erkenntnisse aus dem Bereich des Breiten- sowie des Kinder- und Jugendsports“, sagte sie. Zu begrüßen sei daher die entsprechende Initiative des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen. Aber auch auf Bundesebene müssten derartige Forschungsvorhaben stärker unterstützt werden als in der Vergangenheit.

„Externe fachliche Begleitung enorm wichtig“

In den Studien seien Menschen mit Behinderungen nicht in den Blick genommen worden, sagte Katja Kliewer, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS). Verbandsintern habe man Nachforschungen betrieben, sagte Kliewer. Dabei seien keine Fälle bekannt geworden, „was natürlich nicht bedeutet, dass es bei uns im Verband kein Thema ist“. Unterstützung wünsche sie sich auch für die Sensibilisierung und Fortbildung zu dem Thema auf der Vereinsebene, sagte Kliewer.

Den 90.000 Sportvereinen, die alle Schutzkonzepte entwickeln müssten, stünden bundesweit etwa 360 Fachberatungsstellen gegenüber, sagte Katrin Schwedes, Projektleiterin bei der Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend. Die Kapazitäten für die Schutzkonzeptentwicklung reichten also hinten und vorne nicht aus. Eine externe fachliche Begleitung sei aber enorm wichtig, betonte sie. Ohne eine solche fachliche Begleitung könnten von den Vereinen selbst gemachte Konzepte sogar zu schlechteren Ergebnisse als vorher führen.

„Es braucht eine objektive Aufklärung und Berichterstattung“

Jede Art des Missbrauchs von Schutzbefohlenen sei inakzeptabel, verlange Aufklärung und Konsequenzen für die Ausübenden sowie jede mögliche Unterstützung der Betroffenen, machte Gert Zender, Präsident des Berufsverbandes der Trainerinnen und Trainer im deutschen Sport deutlich. Vorverurteilungen seien gleichwohl abzulehnen. Es brauche in jedem Fall eine objektive Aufklärung und Berichterstattung.

Zender begrüßte die Idee, ein unabhängiges Zentrum für „Safe Sport“ zu etablieren. Betroffene, zu denen auch zu Unrecht beschuldigte Trainerinnen und Trainer gehören könnten, sollten hier eine vom Sport unabhängige Anlaufstelle finden, der sie vertrauen können, die neutral ist und Hinweisen unvoreingenommen nachgeht.

Positive Trainingsatmosphäre statt Drohgebärden

Reinhard Ketterer, Vizepräsident und zuständiges Mitglied im Präsidium für den Bereich Safe-Sport bei der Deutschen Eislauf-Union (DEU), hält eine Trainingsatmosphäre mit einer positiven Verstärkung zielführender als Drohgebärden. Das werde den Trainern der DEU auch so vermittelt, betonte er. „Es setzt sich auch langsam durch“, schätzte Ketterer ein.

Wenn, so der DEU-Vertreter weiter, ein Sportler ihm drei Wochen vor dem Wettkampf täglich sage, er könne sein Programm heute nicht laufen, würde er das akzeptieren. „Ich würde ihm aber ganz sachlich mitteilen, dass damit die Wahrscheinlichkeit auf ein gutes Wettkampfprogramm abnimmt.“ Das sei keine Drohung, sondern eine Tatsache, sagte Ketterer. (hau/05.05.2021)