Gemeinsam in Richtung digitales Europa
Drei deutsch-französische Arbeitstreffen innerhalb von acht Monaten – kein anderes europäisches Land pflegt bislang einen derart intensiven Kontakt zum Ausschuss Digitale Agenda (ADA) wie Frankreich. So waren auch die dritten Konsultationen zwischen dem Bundestagsausschuss und einer französischen Delegation Mitte Oktober 2014 in Berlin wieder ein wichtiger Schritt in der bilateralen Zusammenarbeit im Bereich Digitales. Dieses Mal hatte die Staatssekretärin für Digitales beim Minister für Wirtschaft, Industrie und Digitales der französischen Regierung, Axelle Lemaire, die Ausschussmitglieder in die Botschaft am Pariser Platz eingeladen.
Von besonderem Interesse war für die Staatssekretärin zu erfahren, welchen Stellenwert die gerade veröffentlichte Digitale Agenda der Bundesregierung im politischen Raum einnimmt. Dazu führte der Vorsitzende des Ausschusses Digitale Agenda, Jens Koeppen (CDU/CSU), aus, dass sein Gremium das Dokument in sehr umfassendem Maße berate und detailliert mit Experten sowie Regierungsvertretern darüber debattiere. Deutschland habe im digitalen Bereich viel aufzuholen, so der Vorsitzende weiter. Dabei gehe es allerdings nicht in erster Linie um Regulierungen, sondern um die zielgerichtete Schaffung von Rahmenbedingungen, die Innovationen zulassen. Die Politik müsse daran arbeiten, den Menschen die Vorteile der Digitalisierung nahe zu bringen, sie aber auch für bestehende Risiken sensibilisieren.
Über die netzpolitischen Themen hinaus interessierte sich die französische Staatssekretärin auch ganz konkret für den Ausschuss Digitale Agenda, dem ersten ständigen parlamentarischen Gremium dieser Art weltweit. Der Ausschuss sei ein in der Regel mitberatendes Gremium, sagte Gerold Reichenbach (SPD), stellvertretender Vorsitzender des ADA. Die Mitglieder behandelten viele netzpolitische Themen in Selbstbefassung und führten öffentliche Expertengespräche durch. Sie wirkten aber auch in ihren Fraktionen, zum Beispiel in den Arbeitsgruppen, aktiv an der Umsetzung der Digitalen Agenda der Bundesregierung mit, die der Ausschuss zudem federführend bearbeite. Außerdem werde in Kürze auch die Öffentlichkeit aufgefordert sein, sich über eine Onlineplattform an den Debatten des Ausschusses zu beteiligen.
Auch wollte Axelle Lemaire wissen, ob dem Ausschuss Digitale Agenda auf Seiten der deutschen Regierung ein entsprechendes Ministerium inhaltlich gegenüberstehe. Darauf antworteten die Abgeordneten, dass es mit dem Bundesinnenministerium, dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Bundesverkehrsministerium drei Häuser gebe, die sich die Federführung im Bereich der Digitalen Agenda teilen. Es hätte in den Koalitionsverhandlungen die Diskussion um ein neues Ministerium oder einen Staatssekretär für Digitales gegeben. Eine solch federführende, hauptverantwortliche Stelle sei bislang aber nicht geschaffen worden. Vielleicht käme es in der nächsten Legislaturperiode dazu, die im Moment noch aufgeteilten Zuständigkeiten entsprechend zu bündeln, waren sich die Abgeordneten einig.
Lemaire berichtete, dass sich Frankreich hier die gleichen Fragen stelle. Ihr Handlungsbereich umfasse das gesamte Gebiet Digitales. Die einzelnen Ausschüsse des französischen Parlamentes würden sich jeweils unabhängig voneinander zu den sie betreffenden Themen äußern und positionieren. Die Staatssekretärin erläuterte, dass sie stets versuche, die Kollegen in den Ausschüssen in die Entscheidungen zur Digitalisierung mit einzubeziehen. Dies sei nicht immer einfach, aber der Bereich Digitales stelle nun einmal ein Querschnittsthema dar, das viele Dimensionen habe, die auch in andere Politikfelder hineinreichten. So gebe es in Frankreich beispielsweise eine durchaus positive Entwicklung hinsichtlich der Verwaltungsmodernisierung durch die Nutzung digitaler Möglichkeiten. Lemaire nannte hier die Kampagne „Sag es nur einmal“. Diese ziele darauf, dass französische Unternehmen künftig ihre Daten nur noch an eine Stelle melden müssten, die dann die Aufgabe hätte, diese elektronisch weiter zu verarbeiten. Hier sei ein großer Schritt in Richtung Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau gelungen.
Die französische Staatssekretärin regte an, die Digitalisierung in Europa gemeinsam anzugehen. Dies betreffe vor allem die Bereiche Big Data, Cloud Computing und Datenschutz. Hier sei im Moment die Situation leider so, dass Akteure, insbesondere aus der Wirtschaft, immer wieder auf doch sehr unterschiedliche nationale Regelungen träfen. In diesem Zusammenhang könne Europa seine hohen Datenschutzstandards durchaus auch als Wettbewerbs- und Standortvorteil nutzen. Thomas Jarzombek (CDU/CSU), Mitglied im Ausschuss Digitale Agenda, regte hier ein gemeinsames deutsch-französisches Regelwerk zu Themen wie Big Data oder Cloud Computing an. Auch wäre eine entsprechende Kooperation im Bereich der E-Mail-Sicherheit oder eine kontinuierliche Anhebung der IT-Sicherheitsstandards auf deutscher und französischer Ebene denkbar.
Axelle Lemaire signalisierte großes Interesse, die deutsch-französische Zusammenarbeit im Bereich Digitales weiter zu intensivieren. Und auch der Ausschussvorsitzende Jens Koeppen sprach sich für eine Fortsetzung der Konsultationen aus. Das dritte Treffen zwischen der deutschen und der französischen Seite zeigte, dass dies eigentlich schon längst gelebte politische Wirklichkeit ist.