Tourismuswirtschaft droht Brexit-Delle
Berlin: (hib/WID) Im Fall eines ungeregelten Brexits muss sich das deutsche Reiseverkehrsgewerbe nach Erwartungen der Bundesregierung zumindest vorübergehend auf Geschäftseinbußen gefasst machen. Dies ergibt sich aus einem Bericht des Wirtschaftsministeriums, der am Mittwoch im Tourismusausschuss vorgestellt wurde. So rechne die für das Auslandsmarketing zuständige Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) mit einem Rückgang der Buchungen aus Großbritannien um 15 bis 20 Prozent, sollte das Land ohne Abkommen aus der Europäischen Union ausscheiden.
Genauer lasse sich das allerdings nicht „ermessen“, sagte die Vertreterin des Ministeriums, Armgard Wippler. Immerhin erwarte die DZT im Fall eines „weichen“ Brexits für 2019 nach wie vor einen moderaten Zuwachs der Besucherzahlen aus dem Vereinigten Königreich um ein bis drei Prozent. Das Hauptproblem für eine Branche, die in so hohem Maße wie der Tourismussektor auf Planungssicherheit angewiesen sei, sei die Ungewissheit über die noch immer ungeklärten Modalitäten des britischen EU-Austritts. Dadurch könnten Urlauber verschreckt werden, was rückläufige Buchungen zur Folge hätte.
Allerdings sieht die Branche selbst nach dem Eindruck der Bundesregierung allen denkbaren Szenarien relativ gelassen entgegen. Klagen über brexitbedingte Probleme seien bisher nicht laut geworden. Schon vor Monaten habe das Wirtschaftsministerium eine Hotline eingerichtet, wo Unternehmen, aber auch Privatpersonen ihre Fragen und Sorgen im Zusammenhang mit dem britischen EU-Austritt loswerden können. Der „Ansturm“ auf diese Telefonberatung sei allerdings „nicht allzu groß“. Mit Blick auf das traditionelle britische Reiseverhalten müssten ohnehin EU-Länder wie Spanien, Portugal, Malta und Zypern „viel nervöser“ sein als Deutschland, das weniger abhängig vom britischen Markt, dafür durch eine „Vielfalt von Quellmärkten“ gut aufgestellt„ sei.
Nichtsdestoweniger sei auch Großbritannien für das deutsche Reise- und Gastgewerbe ein wichtiger Markt, der im vorigen Jahr mit 5,6 Millionen Übernachtungen und zwischen 2009 und 2017 mit einem Zuwachs um 52 Prozent zu Buche geschlagen sei. Nach Möglichkeit sei gegen übermäßige Verwerfungen auch Vorsorge getroffen. So sei mittlerweile sichergestellt, dass der Reiseverkehr in beide Richtungen für eine Frist von 90 Tagen pro Halbjahr in jedem Fall visafrei bleibe und sich an bestehenden Landerechten europäischer und britischer Fluggesellschaften weiterhin nichts ändere.
Selbstverständlich tue die DZT ihr Möglichstes, um britische Urlauber darüber aufzuklären, dass sie auch weiterhin unbesorgt nach Europa reisen könnten. Aus Frankreich und Spanien seien sogar Überlegungen bekannt, mit gesonderten Werbekampagnen auf das britische Publikum einzuwirken. Diese Pläne lägen freilich wegen der noch immer herrschenden Unsicherheit derzeit auf Eis. Man wolle “abwarten, bis sich der Staub gelegt„ habe.