Nachholbedarf bei digitaler Verwaltung
Berlin: (hib/EB) Deutschland hat im Bereich der digitalen Dienstleistungen und Transparenz der Verwaltung großen Nachholbedarf. Das war die einhellige Meinung der Sachverständigen in einem Öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Digitale Agenda. Sie empfahlen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft stärker einzubeziehen und Experimentierräume zu schaffen. Die Experten sprachen sich zudem in der Mehrheit für das sogenannte Once-Only-Prinzip aus, nach dem Behörden die einmal hinterlegten Nutzerdaten von Bürgern untereinander austauschen und für verschiedene Dienstleistungen verwenden können.
„Es ist fünf vor zwölf oder noch später“, sagte der Vorsitzende des Nationalen Normenkontrollrates, Johannes Ludewig, und verwies auf die Platzierungen Deutschlands in internationalen Rankings. Das Onlinezugangsgesetz aus dem Jahr 2016 habe den rechtlichen Rahmen für die Digitalisierung der Verwaltung verbessert. Entscheidend sei nun, dass Bund und Länder im IT-Planungsrat vertrauensvoll zusammenarbeiten und ein ausreichendes Budget bereitstellen.
Die Verwaltungsmodernisierung in Deutschlands sei in den vergangenen Jahren rückläufig, betonte Ines Mergel (Universität Konstanz). Zudem würden nur 19 Prozent der Online-Angebote von den Bürgern genutzt. Anstelle von Gesetzen sollten künftig freiwillige E-Government-Prinzipien, wie etwa das Once-Only-Prinzip, den Digitalisierungsprozess leiten. Erfolgversprechend sei eine Digitalisierungsagentur, die außerhalb der bürokratischen Strukturen Ideen entwickelt und diese kurzfristig in die öffentliche Verwaltung einbringen können, sagte sie mit Verweis auf die USA, Dänemark und Estland.
Es gebe erfolgreiche E-Government-Ansätze in Ländern und Kommunen, nicht aber flächendeckend, sagte Matthias Kammer (Direktor des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet). Eine Voraussetzung für die gelingende Verwaltungsdigitalisierung seien politische Entscheidungsträger, die den Prozess steuern und verantworten. Während die Digitalisierung alle Lebensbereiche durchdringe, arbeite der Staat als geschlossenes System und nehme zu selten die Nutzerperspektive ein, kritisierte er.
Es geht um eine politische Frage, nicht um eine technische„, argumentierte Walter Palmetshofer (OpenKnowledge Foundation Deutschland e.V.). Der moderne Staat funktioniere als digitale Plattform und zeichne sich durch Transparenz, Anwenderfreundlichkeit sowie Datenschutz aus. Um öffentliche Daten nutzen zu können und eine offene Verwaltungskultur zu etablieren, solle der Gesetzgeber ein einheitliches Transparenzgesetz schaffen, forderte er.
Das Vertrauen der Bürger könne nur durch höchste Transparenz in der Datenverwendung gewonnen werde, sagte auch Mario Martini von der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer. Der geplante Portalverbund von Bund, Ländern und Kommunen müsse durch eine stabile Verwaltungseinheit und Standards gestützt werden. Im Hinblick auf das sogenannte Once-Only-Prinzip betonte er, dass die Datenhoheit bei den Bürgern verbleiben müsse.
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